Augsburg - Mainz 2:1:Der Richter und sein Hänger

FC Augsburg v 1. FSV Mainz 05 - Bundesliga

Lach doch mal: Nach seinem Tor wird Marco Richter (mitte) von seinen Augsburger Teamkollegen Fredrik Jensen (links) und Florian Niederlechner beglückwünscht.

(Foto: Alexander Hassenstein/Getty)

Augsburg schlägt Mainz, weil Marco Richter nach spektakulär vergebenen Chancen doch noch trifft - und weil der FCA einen Elfmeter zugesprochen bekommt, der Mainz' Trainer Beierlorzer verstört.

Von Sebastian Fischer, Augsburg

Marco Richter wurde von seinen Mitspielern geschüttelt, er wurde sogar zur Aufmunterung geohrfeigt, aber das änderte nichts an seinem Vorhaben: Der Stürmer des FC Augsburg wollte sich nicht freuen, obwohl er gerade ein Tor geschossen hatte. Es war der Treffer zum zwischenzeitlichen 1:1 gegen den FSV Mainz 05 kurz vor der Halbzeitpause, eigentlich also ein schöner Anlass. Nur hatte der frühere U21-Nationalspieler, dreimaliger Torschütze bei der EM im Sommer, zu diesem Zeitpunkt am Samstagnachmittag bereits zwei Großchancen ausgelassen. Und die waren später sogar ein Thema, obwohl Augsburg mit 2:1 gewonnen hatte.

"Ein Feuerwerk" nannte Augsburgs Kapitän Daniel Baier das Spiel seiner Mannschaft in der ersten Halbzeit. "Richtig geil gezockt", fand Stürmer Florian Niederlechner, der das Spiel mit einem umstrittenen Foulelfmeter in der zweiten Halbzeit entschied. Dass über den Elfmeter überhaupt diskutiert wurde, lag auch an Richters vergebenen Chancen.

Schon in den ersten zehn Minuten hatte Augsburg einmal den Pfosten getroffen und viermal aus nächster Tornähe Chancen vergeben - zwei davon Richter. Zunächst kam er nach drei Minuten mit einer Grätsche vor dem leeren Tor zu spät. Als dann Ruben Vargas den Ball im Pressing gewann und drei Augsburger auf Torwart Robin Zentner zuliefen, schoss Richter nach Vargas' Querpass aus zehn Metern am halbleeren Tor vorbei. Und er verfehlte auch nach rund einer halben Stunde noch mal aus bester Position das Tor. "Ich weiß selber nicht, was in den Situationen mit mir los war", sagte Richter. "Normalerweise mache ich die blind."

Wieder einmal hadert Trainer Beierlorzer mit dem Video-Assistenten

Die andere Interpretation der Großchancen war erstaunliche Augsburger Überlegenheit: Der FCA griff die Mainzer mit teils vier Spielern in der ersten Pressing-Linie früh an, nutzte Lücken in der gegnerischen Defensive mit viel Tempo und Läufen in die Tiefe aus. Allerdings traf zwischenzeitlich der Mainzer Levin Öztunali zur Führung, und die Gäste stellten in der Pause von einer Fünfer- auf eine Viererkette um, sodass das Spiel in der zweiten Halbzeit ausgeglichener wurde. Es war eigentlich auch keine wirklich gefährliche Situation, als der Augsburger Vargas in der 63. Minute in den Strafraum lief und nach einem Zweikampf mit Pierre Kunde fiel. Schiedsrichter Markus Schmidt pfiff zunächst Freistoß, verlegte das von ihm als Foul interpretierte Duell nach Rücksprache mit dem Video-Assistenten dann auf innerhalb des Strafraums. Und Achim Beierlorzer konnte es kaum fassen.

Der Mainzer Trainer, der vor ein paar Wochen noch Trainer in Köln war und dort schon oft unzufrieden mit dem Videobeweis gewesen war, hielt später in der Pressekonferenz eine Art Plädoyer für Veränderungen. "Dieser Videoschiedsrichter, den müssen wir doch verbessern", sagte er. Er fragte: "Warum geht der Schiedsrichter nicht raus?" Zum Bildschirm, um sich die Szene noch mal selbst anzuschauen. Dann nämlich, hätte er den Elfmeter nicht geben dürfen, jedenfalls "wenn er ein Fußballer ist". Die Niederlage sei aufgrund der Elfmeterentscheidung "bitter". Doch verdient nannte er sie auch. Alles andere wäre auch wirklich eine sehr mutige Interpretation gewesen.

Der FC Augsburg, schwach in die Saison gestartet, hat nun von vier Spielen in Serie gegen direkte Konkurrenz im Abstiegskampf drei gewonnen, und der Erfolg über zuvor zweimal in Serie siegreiche Mainzer war ein besonders wichtiger, was schließlich auch Richter zufriedenstellte. Er wurde gefragt, ob er Frank Mill kenne, der 1986 im Trikot von Borussia Dortmund legendär den Pfosten des leeren Münchner Tores traf. Es war natürlich ein übertriebener Vergleich. Aber Richter, Jahrgang 1997, der von seinen Kollegen für seine Moral gelobt wurde, der bis zum Schluss gekämpft hatte, machte dieser Vergleich wenig aus: Mill? Den kenne er nicht.

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