Auftakt der BBL-Finalserie:Zoff im Münchner Backofen

FC Bayern Muenchen v ALBA Berlin - Beko BBL Playoff Final Game 1

Der Münchner Deon Thompson (rechts) und Sven Schultze rangeln um den Ball

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Temperaturen wie in der Sauna, hitziger Sport und zwei erboste Trainer: Das erste BBL-Finale zwischen dem FC Bayern und Alba Berlin gerät zu einem Spektakel, das die Gräben zwischen beiden Klubs weiter vertieft - im Mittelpunkt stehen auch die Schiedsrichter.

Von Jonas Beckenkamp

Die Rudi-Sedlmayer-Halle im Münchner Westen entfaltete diesmal einen besonderen "Charme" - und das hatte ausnahmsweise nichts mit dem 70er-Jahre-Graubeton des Gemäuers zu tun. In die Heimstätte der Bayern-Basketballer hätten die 6027 Besucher zum Sonntagsausklang auch ihre Saunatücher mitbringen können, so brüllend heiß gestaltete sich der Aufenthalt in der Arena. Das Thermometer pendelte sich irgendwo um die 31,7 (laut Recherchen des TV-Senders Sport 1) ein. Für eine Sportveranstaltung hinter geschlossenen Türen grenzwertig.

Der erste, der hinterher seinen Kopf wieder abgekühlt hatte, war Münchens Regisseur Malcolm Delaney. "Es waren 100 Grad (Fahrenheit, etwa 38 Grad Celsius; Anm. d. Red.) in der Halle. Wie bei einer Neuauflage von Heat gegen Spurs", twitterte der Amerikaner in Anspielung auf das erste NBA-Finale vor einigen Tagen.

In der Hitze San Antonios waren LeBron James und seine Kollegen aus Miami aufgrund einer defekten Klimaanlage regelrecht verglüht. Von einem Durchlüftungssystem kann beim Turnhallen-Ambiente der Münchner Halle keine Rede sein - und so passten sich die Temperaturen schlichtweg den erhitzten Gemütern an.

Sport wurde nämlich trotz des Badewetters auch getrieben, ganz schön hart umkämpfter sogar. Dass die Bayern durch ein 88:81 (44:39) in der Endspielserie um die deutsche Meisterschaft nun 1:0 führen, war das Resultat einer intensiven Schlacht mit mehreren interessanten Schauplätzen. Da wäre zum einen der Spielverlauf, der zunächst die Gäste begünstige. Gleich 30 Punkte schenkten die Berliner ihrem Widersacher im ersten Viertel ein, was den Münchner Anhang zusätzlich ins Schwitzen brachte. Gleichzeitig mühten sich die Bayern gegen die Bulldoggen-Defensive des Gegners.

"Wir brauchten ein wenig Zeit, um uns auf die starke Verteidigung von Alba einzustellen. Wir haben aber im richtigen Moment die Initiative ergriffen und das Spiel ausgeglichen gestaltet", berichtete FCB-Coach Svetislav Pesic. Im zweiten Abschnitt drehte sich das Geschehen, weshalb Berlins Trainer Sasa Obradovic sich ordentlich aufregte. "Ich bin mit unserem Auftritt im zweiten Viertel überhaupt nicht zufrieden. Wir hätten aggressiver agieren müssen, aber wir haben uns zu sehr zurückgehalten."

Es war die entscheidende Phase der Partie, als den Albatrossen vorne kaum mehr etwas gelang und die Bayern ihre offensive Wucht ausspielten. Schon früh offenbarte sich, dass es an diesem Tag neben beiden Teams noch einen dritten Protagonisten geben würde: Schiedsrichter Boris Schmidt und sein Gespann. Die Spielleiter hatten einiges an Kniffligkeiten zu bewältigen - von einem fiesen Ellbogenhieb des Berliners Sven Schultze gegen Delaney bis hin zu zahlreichen Pfiffen, die im 50-50-Bereich lagen.

"Es war Wettbewerbsverzerrung"

Das alte Fußballercredo "Kann man pfeifen, muss man aber nicht" führte am Ende zu 50:22 Freiwürfen für die Heimmannschaft und entsprechend schlechter Laune bei den "Albatrossen". "Manche Dinge hätten die Referees besser einschätzen müssen. Sie haben nicht mit gleichem Maß gemessen", klagte Obradovic, "jeder sieht doch, dass Delaney oft schauspielert." Der grimmige Feldmarschall aus Belgrad benutzte den Begriff "flopping" und meinte damit die vielen Umfaller, Gesten und Körperwackler des besten Bundesliga-Akteurs. Gegen dessen Schnelligkeit griffen seine Kontrahenten oftmals zu Verteidigungs-Varianten am Rande des Erlaubten.

"Ich habe noch nie erlebt, dass ein Team gegen uns so viele Freiwürfe bekam", schimpfte Obradovic. Nassgeschwitzt und ständig zeternd musste er zuschauen, wie Delaney mit 16 Zählern erneut zum fleißigsten Punktesammler des FC Bayern avancierte. Dem Berliner Coach war anzumerken, dass ihn die Niederlage gegen seinen alten Weggefährten Pesic (unter ihm wurde Obradovic als Spieler einst Europameister) nachhaltig wurmte. Pesic wiederrum eröffnete noch einen letzten Nebenkriegsschauplatz dieses Duells: die Regularien der Finalserie.

Dass die Bayern erst am Donnerstagabend ihr fünftes Halbfinale gegen Oldenburg bestritten hatten, während die Berliner sich tagelang ausruhen konnten, verärgerte den 64-Jährigen sichtlich. "Die Partie war ein Kraftakt, vor allem nach der kurzen Regenerationsphase. Es war Wettbewerbsverzerrung, aber daran haben wir uns schon gewöhnt", erklärte der Bayern-Trainer. Im Münchner Lager klagen sie nach den vielen Spielen in der Euroleague schon seit langem über die fehlende Entlastung seitens der BBL. "Ich habe immer noch nicht verstanden, warum wir Sonntagnachmittag ran mussten und nicht erst am Montag", präzisierte Pesic.

Eine Änderung des Spielplans hatte die Liga abgelehnt - die fünf energiezehrenden Duelle gegen Oldenburg brockten sich die Bayern aber selbst ein. So blieben nach der Hitzeschlacht im Backofen Rudi-Sedlmayer-Halle einige Fragen offen. Aber man sieht sich ja bald wieder. Am Donnerstag gastieren die Münchner zu Spiel zwei in der hypermordernen Arena im Berliner Osten. Es soll dort sogar eine Klimaanlage geben.

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