Aufregung beim 1860 München:Warten auf das Machtwort des Investors

Hamada Iraki ist nicht länger Statthalter von Hasan Ismaik - und bei Zweitligist 1860 München herrscht Aufruhr. Wer vertritt künftig die Interessen des Investors bei den "Löwen"? Und sind gar die Millionen-Zusagen in Gefahr? Spekuliert wird, ob Ismaik einen seiner Brüder einsetzt.

Gerald Kleffmann und Markus Schäflein

Streit bei 1860 Muenchen um das Engagement des Investors

Da lachten sie: Investor Hasan Ismaik (links), Hamada Iraki und Robert Schäfer bei einem Besuch in der Arena im Frühjahr 2011.

(Foto: Sebastian Widmann/dapd)

Am Mittwochmorgen kam Robert Schäfer aus seinem Büro nach unten an den Trainingsplatz zu den Fans und den Journalisten, um zu beschwichtigen. Das fiel ihm nicht schwer, der Geschäftsführer des Fußball-Zweitligisten 1860 München hat mittlerweile eine gewisse Übung im Beschwichtigen. Er hat ja schon einiges durchgemacht bei diesem Klub, bei dem die einzige Konstante die Inkonstanz ist.

Zuletzt musste sich Schäfer ordnungsgemäß hinter Reiner Maurer stellen, ehe 1860 den Trainer dann doch entließ; und nun galt es, die hohen Wellen im Umfeld nach dem Rücktritt des Investorenvertreters Hamada Iraki von seinen Ämtern in Beirat und Aufsichtsrat zu glätten. "Die Fans brauchen keine Angst haben", sprach Schäfer also, "ich kann sie beruhigen."

Weil der jordanische Investor Hasan Ismaik, der bis 2015 jährlich mindestens drei Millionen Euro frisches Geld zugesagt hat, persönlich fast nie in München weilt, war Iraki als sein Statthalter der wichtigste Mann im Hintergrund der Sechziger. "Mich gibt es nicht ohne Hamada. Was er tut, ist das, was ich denke", hat Ismaik einmal gesagt. Im Tagesgeschäft lief nichts ohne Iraki, auch wenn er öffentlich kaum auftauchte. Dass er nun in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aus seinen Ämtern verschwand wie der Ehemann, der nur mal kurz Zigaretten holt, lässt die Anhänger das Schlimmste befürchten. Bis hin zu Mutmaßungen, der Investor habe die Lust an seinem Münchner Spielzeug verloren.

"Mir ist klar, dass jetzt viel spekuliert wird", sagte Schäfer. "Aber es wird hier nichts zusammenbrechen. Das Geld wird nicht abgezogen, es gibt gültige Verträge mit Hasan Ismaik." Derartige Versprechungen schriftlich absegnen zu lassen, darf man in der Tat selbst einem Chaosklub wie dem TSV 1860 zutrauen. Sich auf Verträge berufen zu müssen, passt allerdings nicht zu der Art und Weise, wie die Löwen das Verhältnis zu dem Jordanier stets beschrieben. Er solle bitteschön nicht Investor genannt werden, sondern Partner oder besser noch Freund, hatte es stets geheißen.

Besonders freundschaftlich wirkt es nicht, wenn ein entscheidender Mann so kurzfristig und ohne Vorwarnung verschwindet. Auch Schäfer war "sehr überrascht" von Irakis plötzlichem Abschied und gab zu, dass er keine Ahnung von einer Nachfolgeregelung hat. "Ismaik muss jetzt festlegen, wen er als Iraki-Nachfolger einsetzt - und das liegt ganz allein an ihm", sagte Schäfer. Mit einer Stellungnahme des Investors rechnete er offenbar nicht: "Er muss dazu keine Stellung beziehen - er muss das regeln und dann ist es gut."

Kommt Ismaiks Bruder?

Spekuliert wird darüber, ob Ismaik einen seiner Brüder einsetzt, die als Banker und Investoren in Europa leben. Am Freitag waren ein Bruder und ein Cousin von ihm bei der Partie gegen Köln in der Arena. Kandidaten für eine Nachfolge Irakis, der sich derzeit in Abu Dhabi befindet und dort Ismaik getroffen haben soll, dürften rar sein - schließlich sollten sie nicht nur in München residieren und Deutsch sprechen, sondern auch das uneingeschränkte Vertrauen Ismaiks genießen. Zudem dürfte der Investor deutlich wichtigere Baustellen zu bearbeiten haben.

Seinen neuen Job etwa: Wie Iraki, der bei der Schweizer Großbank UBS anheuert und seinen Rückzug aus den Ämtern mit neuen beruflichen Herausforderungen begründete, hat auch Ismaik einen neuen Posten angetreten. Er ist seit zwei Monaten Managing Director bei dem riesigen arabischen Baukonzern Arabtec, der am Bau des Dubai Tower beteiligt war und den Zuschlag erhielt für den Gazprom Tower in St. Petersburg, der Europas höchstes Gebäude werden soll.

Im Löwenstüberl, Europas niedrigster Vereinsgaststätte, sorgte ein großer Name für Diskussionen, der für den TSV 1860 auf den ersten Blick ähnlich surreal überdimensioniert zu sein scheint: Aber der Trainer Sven-Göran Eriksson war beim Spiel der Löwen gegen Köln auf Einladung Irakis tatsächlich anwesend. Der frühere englische Nationalcoach soll ein Faible für München haben und als neuer 1860-Trainer angeboten worden sein. Ismaik soll sich beim Investor von Manchester City, mit dem er befreundet ist, nach Eriksson erkundigt haben und danach Feuer und Flamme für diese Lösung gewesen sein.

1860-Präsident Dieter Schneider reagierte bereits am Montag, am Tag vor Irakis Rückzug und beim ersten Training des weniger prominenten neuen Übungsleiters Alexander Schmidt, eigentümlich genervt auf die Frage nach Erikssons Anwesenheit - obwohl Schneider Fragen gewöhnlich gerne und ausführlich beantwortet. Und in der Agentur des Beraters Athole Still, der Eriksson betreut, wurde die freundliche Mitarbeiterin am Telefon beim Thema TSV 1860 Munich plötzlich sehr unfreundlich und verweigerte weiteres Durchstellen: "Kein Kommentar, es gibt nichts dazu zu sagen."

Als Schäfer sich schon warmbeschwichtigt hatte, bestritt er noch jeden Zusammenhang zwischen Irakis Rückzug und der Trainerfrage: "Wir haben die Trainerlösung am Samstag alle zusammen getroffen, da war Hamada Iraki auch dabei." Es war Irakis letzter Termin an der Grünwalder Straße vor seinem Rückzug.

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