ATP Finals in London:Lukrativer Jahresabschluss für den Tennis-Adel

Zum Ende der Saison treffen in der englischen Hauptstadt die weltbesten Tennisspieler aufeinander. Roger Federer kämpft um einen Rekord und Novak Djokovic gegen seine lädierte Schulter - am Ende könnte ein deutscher Doppelspezialist Geschichte schreiben. Zehn Dinge, die Sie über die ATP Finals in London wissen sollten.

Matthias Kohlmaier

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O2 Arena, London

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Zum Abschluss der Saison treffen in der englischen Hauptstadt die weltbesten Tennisspieler aufeinander. Roger Federer kämpft um einen Rekord und Novak Djokovic gegen seine lädierte Schulter - am Ende könnte ein deutscher Doppelspezialist Geschichte schreiben. Zehn Dinge, die Sie über die ATP Finals in London wissen sollten.

Von Matthias Kohlmaier

Die Londoner O2 Arena ist ab Sonntag wieder Austragungsort der ATP World Tour Finals. In der Einzelkonkurrenz wird insgesamt ein Preisgeld von über 2,6 Millionen Euro ausgezahlt, allein der Sieger bekommt - falls er das Turnier ohne Niederlage übersteht - stolze 1,2 Millionen überwiesen. London wird auch 2012 Gastgeber des Saisonfinals der Tennisspieler sein, danach läuft der Vertrag mit Sponsor Barclays aus. Und es folgt möglicherweise der siebte Umzug an einen neuen Veranstaltungsort in den letzten 13 Jahren.

Enttäuschend für die Tennis-Fans hierzulande: Die ATP Finals werden auch in diesem Jahr nicht frei empfangbar im deutschen TV übertragen.

BNP Paribas 2011 Masters Tennis Tournament

Quelle: dpa

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Viele Kritiker legten Roger Federer in diesem Jahr bereits den baldigen Ruhestand nahe, nach den beiden Siegen in Basel und Paris sind sie verstummt. Der Schweizer hat in der laufenden Saison bewiesen, dass er nicht nur ein guter Tennisspieler ist, sondern dass sich auch sein Dasein als junger Familienvater hervorragend mit Leistungssport auf höchstem Niveau verbinden lässt.

Federer blieb cool, als es sportlich nicht besonders gut lief ("Ich habe daran geglaubt, dass das Jahr noch nicht vorbei ist") und ließ sich auch nicht aus der Fassung bringen, als eine seiner Zwillingstöchter vor dem Finale von Paris mitten in der Nacht ins elterliche Bett schlüpfte ("Ich fange doch um vier Uhr morgens keinen Streit mit meiner Frau an").

Durch die Verletzungssorgen von Novak Djokovic und Rafael Nadal ist der 30-Jährige plötzlich Topfavorit auf den Titel in London. Mit einem Triumph wäre er mit insgesamt sechs Siegen alleiniger Rekordhalter in der Finals-Historie - und hätte Pete Sampras und Ivan Lendl auch in dieser Statistik überholt.

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Er ist definitiv der Spieler der Saison! Novak Djokovic holte 2011 zehn Turniersiege, gewann unter anderem die Australian Open, Wimbledon und die US Open. Seine Matchbilanz steht bei unglaublichen 69:4, wobei er nur bei einer der vier Niederlagen (Halbfinale der French Open gegen Roger Federer) im Vollbesitz seiner Kräfte war. Bei den anderen drei Begegnungen gab er entweder auf oder konnte gar nicht erst antreten.

Er müsste in London der haushohe Favorit sein, aber Djokovics Körper scheint für die Anstrengungen der vergangenen Monate jetzt seinen Tribut zu fordern. Der Serbe gab erst im Davis Cup auf, schenkte das Halbfinale von Basel verletzungsbedingt ab und trat schließling in Paris nicht zum Viertelfinale gegen Jo-Wilfried Tsonga an. "Meine Saison war lang und ermüdend, jetzt lechzt mein Körper nach Erholung", ließ er danach auf seiner Homepage verlauten.

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Rafael Nadal (im Bild in der Umkleide von Roland Garros nach seinem Sieg bei den French Open 2011) hat mit seinen gerade 25 Jahren eigentlich schon alle wichtigen Titel beisammen. Sämtliche Grand-Slam-Turniere, den Davis Cup und Olympisches Gold (das hat er Roger Federer übrigens voraus). Ein Sieg bei den ATP Finals wollte dem Mallorquiner allerdings noch nicht gelingen. Bisher reichte es nur zu einer Finalteilnahme, im Endspiel von 2010 unterlag er Federer.

Wirklich gut sieht es für Nadal auch in diesem Jahr nicht aus. Seit längerem plagt er sich mit diversen Verletzungen herum, hat seit seiner Niederlage in Shanghai gegen den Bayreuther Florian Mayer kein Match mehr bestritten. Das war bereits Anfang Oktober. Kritiker merken schon seit geraumer Zeit an, das kraftraubende Spiel von Nadal könne niemand über die gesamte Karriere durchhalten.

Auf seiner Facebook-Seite gab sich Nadal indes sehr entspannt und berichtete immer wieder fröhlich von seiner "anstrengenden Vorbereitung" auf das Turnier in London.

TENNIS-FRA-ATP

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Der beste britische Tennisspieler seit Serve-and-Volley-Spezialist Tim Henman will in diesem Jahr die bittere Niederlage im Vorjahres-Halbfinale gegen Rafael Nadal vergessen machen. "Ich habe tolle Erinnerungen an letztes Jahr, hoffentlich kann ich dieses Mal noch weiter kommen", äußerte sich Andy Murray im Vorfeld des Turniers.

Wenn der 24-jährige Schotte allerdings für eine Sache bekannt ist, dann dafür, im entscheidenden Moment eben nicht sein ganzes Potential abrufen zu können. Dreimal stand Murray bereits in Endspielen von Grand-Slam-Events, dreimal verließ er den Platz als Verlierer.

Im Herbst der laufenden Saison hatte er allerdings einen beeindruckenden Lauf, als er nacheinander die Turniere von Bangkok, Tokio und Shanghai gewann. Besonders seinen Aufschlag hat Murray extrem verbessert: Früher noch eine Schwachstelle, ist das Service jetzt eine der größten Waffen im Repertoire des Schotten.

Jo-Wilfried Tsonga of France reacts after he won his semi-final match against John Isner of the U.S. in the Paris Masters tennis tournament

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Jo-Wilfried Tsonga (im Bild nach seinem Halbfinal-Sieg gegen John Isner in Paris) steht hier stellvertretend für seine Mitstreiter David Ferrer (ESP) und Tomas Berdych (CZE). Für alle drei Akteure gilt: Im Normalfall ist in London nach der Gruppenphase Schluss.

In der Vorrunde bekommt es Tsonga mit Rafael Nadal, Roger Federer und Mardy Fish zu tun. An Selbstvertrauen mangelt es dem Sohn einer französischen Mutter und eines kongolesischen Vaters keinesfalls: "Ich spiele gegen Rafa auf einem Belag, der mir sehr entgegenkommt und ich erwarte, gegen Mardy Fish zu gewinnen." Und weiter: "Ich bin nicht hier, um nur dabei zu sein!"

Tsonga ist ein Vertreter des Power-Tennis - wenn er Zeit hat, um sich ordentlich zum Ball zu stellen, kann er unglaublich Gas geben und für jeden Gegner gefährlich werden. Das musste Federer in diesem Jahr bereits in Wimbledon erfahren, als er sich Tsonga im Viertelfinale trotz 2:0-Satzführung geschlagen geben musste.

Mardy Fish of the U.S. serves to Argentina's Juan Monaco during the Paris Masters tennis tournament

Quelle: REUTERS

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Für Mardy Fish ist es im fortgeschrittenen Tennis-Alter von 29 Jahren die erste Teilnahme an einem Saisonfinale. Die Voraussetzungen könnten allerdings besser sein: In Paris musste Fish im Achtelfinale gegen Juan Monaco aufgrund einer Oberschenkelverletzung aufgeben. Er ließ aber noch am gleichen Tag wissen, dass er in jedem Fall in London antreten wolle.

Als absoluter Außenseiter geht der bekennende Stirnbandträger relativ entspannt in die ATP Finals: "Ich kann mir gar nicht vorstellen, so oft an diesem Turnier teilzunehmen, wie Roger es schon gewonnen hat. Ich habe absolut gar keinen Druck."

Es müsste schon viel zusammenkommen, sollte der Amerikaner in London das Halbfinale erreichen. Fish selbst spricht sich jedoch Mut zu und bemühte kürzlich eine alte DFB-Pokal-Weisheit: "Bei diesem Turnier kann jeder jeden schlagen."

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Die Verletzung von Novak Djokovic könnte im Zweifelsfall ausgerechnet einem Landsmann des Weltranglistenersten einen Platz im Teilnehmerfeld bescheren. Janko Tipsarevic - bekannt für die farblich auf sein Tennis-Outfit abgestimmten (Sonnen-)Brillen - belegt im aktuellen Ranking Platz neun und fährt als erster Ersatzmann nach London.

Die Chancen auf einen Einsatz stehen für den Serben gar nicht schlecht, da mit Djokovic und Fish gleich zwei Spieler angeschlagen in das Turnier gehen werden. Vor diesem Hintergrund darf sich sogar der zweite Ersatzmann Nicolas Almagro (ESP) Hoffnung auf das ein oder andere Match in der Londoner O2-Arena machen. Für Tipsarevic war es nach zwei Einzel-Titeln so oder so die bisher erfolgreichste Saison seiner Laufbahn.

Philipp Petzschner, Jürgen Melzer

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Mit Philipp Petzschner (rechts im Bild) geht 2011 auch wieder ein Deutscher in London an den Start - allerdings nicht im Einzel, sondern in der Doppelkonkurrenz. Mit seinem österreichischen Partner Jürgen Melzer (links im Bild) war Petzschner bereits im vergangenen Jahr beim Saisonfinale dabei, damals scheiterten die beiden jedoch in der Gruppenphase.

Die amtierenden US-Open-Sieger Petzschner/Melzer eröffnen das Turnier am Montagabend gegen die favorisierten Zwillingsbrüder Bob und Mike Bryan (USA), gegen die sie im vergangenen Jahr an gleicher Stelle verloren hatten. Petzschner könnte übrigens in London Geschichte schreiben: Noch nie hat sich ein Deutscher beim Saisonfinale die ATP-Krone im Doppel aufgesetzt.

Boris Becker und Michael Chang bei der ATP-WM 1995

Quelle: SZ

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Das waren noch Zeiten! Boris Becker (im Bild mit Endspielgegner Michael Chang) holte 1995 den letzten deutschen Sieg bei den ATP Finals, die damals noch ATP-Weltmeisterschaft hießen und in der Frankfurter Festhalle stattfanden. Becker stand 1996 - nach dem Umzug nach Hannover - ebenfalls im Finale, musste sich aber im Finale Pete Sampras in fünf Sätzen geschlagen geben. Becker sprach später vom "besten Match meines Lebens".

Seitdem ist die Tennisbegeisterung in Deutschland massiv zurückgegangen. Folgerichtig fand das Saisonfinale 1999 zum letzten Mal in Hannover statt, in den vergangenen zwölf Jahren änderte sich der Austragungsort beinahe jährlich. Und ein neuer Becker ist auch nicht in Sicht.

© sueddeutsche.de/lala
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