Champions League:Alarmsignale bei Atlético

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Atletico Madrid trifft am 13. August in Lissabon im Viertelfinale der Champions League auf RB Leipzig - oder doch nicht wegen Corona? (Foto: dpa)

Vor dem Duell mit RB Leipzig sind zwei Spieler aus Madrid mit Corona infiziert - die Partie am Donnerstag soll trotzdem stattfinden.

Von Javier Cáceres, Lissabon

Die Zeiten, zu denen Atlético Madrid "El Pupas" genannt wurde, sie galten als vergangen. "Pupas" ist ein Fantasiewort, abgeleitet vom lautmalerischen Begriff "pupa", das Kinder lernen, wenn sie sich stoßen: "Aua!" Und es war in aller Munde, nachdem Georg Schwarzenbeck im Landesmeisterfinale von 1974 von Brüssel gegen Atlético Madrid traf. In der letzten Sekunde der Verlängerung. Aus einer Distanz, die in der Erinnerung der Fans von Atlético Jahr für Jahr immer länger wird. "Pupas", das heißt seither so viel wie: Irgendwas ist immer bei Atlético.

Dreizehn Mal hat der Nachbar Real Madrid die wichtigste Vereinstrophäe des europäischen Fußballs gewonnen, das schmerzt schon lange. Letztmals erreichte Atlético das Champions-League-Finale 2016, und verlor in Mailand tragisch nach Elfmeterschießen - gegen Real Madrid. Jetzt schien die Gelegenheit auf den Titel günstig wie nie. Die einzigen Teams, die in der 2011/12 begonnenen Amtszeit von Trainer Diego Simeone jemals in der Champions League gegen Atlético gewonnen haben, Juventus Turin und eben Real Madrid, sind ausgeschieden.

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Man hatte im Achtelfinale den FC Liverpool aus dem Wettbewerb geworfen, gegen alle Prognosen. Der Weg zum Champions-League-Titel wurde danach wegen Corona verkürzt: alle verbleibenden Runden werden in Lissabon bis zum Finale am 23. August ohne Rückspiel ausgetragen. Und dann war da noch die Auslosung, die besagte, dass man auf dem Weg ins Endspiel nur auf Teams treffen würde, die das Turnier noch nie gewonnen haben, am Donnerstag steht das Spiel gegen RB Leipzig an. Das Team von Trainer Julian Nagelsmann bereitet sich seit Samstag auf das Duell vor, man logiert in Estoril nahe Lissabon.

Seit Sonntagabend sieht alles wieder ganz anders aus. Zunächst war durchgesickert, dass zwei Personen aus dem Kreis derer bei Atlético, die nach Lissabon fahren sollten, positiv auf Corona getestet wurden. Am Montag erhärteten sich dann Spekulationen, dass es sich dabei um Spieler handelt. Zwar teilte Atlético offiziell mit, dass alle ab Sonntag vorgenommenen Tests - inklusive des Trainerteams - negativ verlaufen seien. Die vorigen Positivtests stammen aber tatsächlich von Offensivkraft Ángel Correa und Abwehrspieler Sime Vrsaljko, der zuletzt ohnehin verletzt ausfiel. Während Correa in Quarantäne bleibe, werde Vrsaljkos Fall als überwunden angesehen, da bei ihm schon vor Monaten Antikörper nachgewiesen wurden.

Die Mannschaft werde heute Abend das Training wieder aufnehmen und erst morgen nach Lissabon reisen, hieß es. Die gute Nachricht in all dem Trubel ist: Die beiden infizierten Spieler weisen keine Symptome auf. Weil sie aber trotzdem zuhause bleiben kann Atlético nur mit 21 Profis der ersten Mannschaft und vier Nachwuchsspielern nach Portugal übersiedeln. El Pupas? Nunja, vielleicht geht es gerade nochmal gut.

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Über all dem hing aber die Frage: Wie weit wäre es in einem solchen Fall bis zur Absage? Atléti hatte zunächst ordnungsgemäß die europäische Fußball-Union (UEFA) als Ausrichter und die Gesundheitsbehörden in der spanischen Heimat und in Portugal benachrichtigt. Klar war da schon, dass die Abläufe der Vorbereitung auf das Turnier massiv tangiert sind. So wurden etwa Trainingspläne verändert, ursprünglich wollte Atlético in der Sportstadt von Benfica Lissabon übernachten und dort am Dienstag erstmals trainieren. Das aber ist nur die Logistik, Madrid und Lissabon sind nicht weit entfernt. Ein gewisses Ausmaß an Psychose dürfte den Klub nun auch weiterhin begleiten. Auch wenn vor Wochen schon bei fast zehn Spielern Antikörpertest positiv gewesen sei sollen - können alle sicher sein, sich nicht doch anzustecken?

Einen positiven Corona-Test gab es vor dem Sonntag nur bei Renan Lodi, einem brasilianischen Verteidiger; er stammte von Mitte Mai. Aber die Angst vor einer Ausbreitung des Virus ist real und fußt dem Fall des spanischen Zweitligisten CD Fuenlabrada. Beim Madrider Vorortklub wurden vor dem letzten Spieltag zunächst ein paar Profis positiv getestet, am Ende lag die Zahl der infizierten Personen aus dem erweiterten Mannschaftskreis bei 28. Das ist ein Präzedenzfall, der alle Alarmglocken bei Atlético schrillen lässt. Und beim Ausrichter Uefa auch.

Die Dynamik der Lage sei unvorhersehbar, heißt es im Prolog des Sicherheits- und Hygieneprotokolls des europäischen Fußballverbandes. Doch das eine ist, derlei auf Papier zu schreiben, und das andere, einer neuen Situation gegenüberzustehen.

In den Regularien ist vorgesehen, dass Spiele bei positiven Corona-Fällen stattfinden - so lange die zuständigen Gesundheitsbehörden nicht in Quarantäne schicken. Eine Mannschaft dann antreten muss, wenn sie mindestens 13 Spieler und einen Torhüter aus dem A-Kader zusammenbekommt. Sollten es weniger sei oder kein Torhüter zur Verfügung stehen, könnte eine Partie verlegt werden. Dies ist aber laut Uefa bisher kein Thema. "Das Spiel soll wie geplant gespielt werden", ließ der Verband wissen. Weitere Kommentare werde es vom Kontinentalverband nicht geben, hieß es mit Verweis auf das Medizinische Protokoll der UEFA.

Wenn sich aber herausstellen sollte, dass eine Mannschaft nicht antreten kann - etwa durch eine Quarantäne-Anordnung der Behörden - und eine Verlegung nicht in Betracht kommt, würde das Spiel für die betroffene Mannschaft mit 3:0 als verloren gewertet werden. Doch soweit wollten sie bei Atlético am Montagvormittag noch nicht denken. Und Hoffnung daraus schöpfen, dass sich die Lage so entwickelt wie beim Europa-League-Teilnehmer FC Sevilla, wo ein Spieler vor der Abreise zum Endturnier nach Deutschland positiv getestet wurde - aber dann dem Spiel gegen AS Rom nichts entgegenstand.

© SZ vom 11.8.20 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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