Athlet des Tages (4):Die schnellste weiße Frau der Welt

Als weiße Sprinterin ist Verena Sailer beinahe exotisch. Die Konkurrenz aus der Karibik ist übermächtig - trotzdem steht die Deutsche vor einer großen Karriere.

Thomas Hummel

Die Exoten geben so einer Leichtathletik-Weltmeisterschaft immer ein besonderes Flair. Gerade der Sprint ist ein globalisierter Wettkampf, 100 Meter geradeaus laufen kann man schließlich überall. Ob sich denn Verena Sailer aus Illertissen im Allgäu hier in Berlin als Exotin gefühlt habe? "Nein", sagte sie und zog ihre Brauen weit hinunter über die Augen. "Als Exotin würde ich mich nicht bezeichnen."

Athlet des Tages (4): Verena Sailer lief die 100 Meter in 11,24 Sekunden, erreichte damit Platz 11 und war sehr zufrieden. Ihr Trainer sieht sie "vor einer großen Karriere".

Verena Sailer lief die 100 Meter in 11,24 Sekunden, erreichte damit Platz 11 und war sehr zufrieden. Ihr Trainer sieht sie "vor einer großen Karriere".

(Foto: Foto: AP)

Verena Sailer (23) ist selbstredend nicht mit dem 100 Meter rennenden Feuerwehrmann aus Nauru zu vergleichen, oder mit der etwas übergewichtigen Kollegin aus Samoa, die kürzlich in ihrer Heimat noch barfuß gelaufen war. Dennoch war die sehr blonde Verena Sailer ein, naja, Farbtupfer in dieser Konkurrenz, spätestens im WM-Halbfinale.

Sie lief in ihrem Lauf zwischen den Frauen aus der Karibik und den USA als einzige Sprinterin mit weißer Hautfarbe, und weil sie mit 11,24 Sekunden als Elftplatzierte besser abschnitt als Eleni Artymata aus Zypern im anderen Halbfinale, darf sich Verena Sailer nun schnellste weiße Frau der Welt nennen. Außerdem beste Europäerin.

Außergewöhnliches Talent

"Das sind Attribute, die im Sprint was bedeuten", lobte Sailer ihre Leistung. Sie sei mit dem Lauf sehr zufrieden gewesen, "ich hätte nichts anders machen, nicht schneller laufen können". DLV-Trainer Rüdiger Harksen sieht seine Läuferin schon "vor einer großen Karriere". Sie verfüge über außergewöhnliches Talent, sei sehr robust, sehr belastbar im Training. Harksen lobte ihren Heimtrainer Valerij Bauer, der mit intelligenten Übungen und Innovationen arbeite. "Außerdem hat sie jetzt eine sehr motivierende Trainingsgruppe in Mannheim."

Die Bayerin war nach Olympia 2008 von der LAC Fürth/München nach Nordbaden umgezogen, weil Trainer Bauer bei der dortigen MTG ein Angebot angenommen hatte. "Und ohne meinen Trainer gehe ich nirgendwo hin", begründete sie. Seitdem verbesserte die 23-Jährige ihre Bestzeit um eine Zehntelsekunde auf 11,18 Sekunden. Zuletzt in Wattenscheid lief sie sogar 11,11 - da blies der Wind aber zu stark von hinten.

"In Richtung elf Sekunden"

Sailer sieht ihre Entwicklung noch nicht am Ende. "Ich habe noch nicht das Maximale aus mir herausgeholt", sagt sie, vor allem auf den letzten 30 Metern sei die dunkelhäutige Konkurrenz überlegen. Doch ist es realistisch, mit den für den Sprint genetisch bevorteilten Läuferinnen aus der Karibik mithalten zu können? "Ich glaube nicht, dass ich untalentierter bin, nur weil ich weiß bin", meint Sailer. Harksen traut ihr eine Zeit "in Richtung elf Sekunden zu". Schneller waren in Deutschland bislang nur Läuferinnen aus der ehemaligen DDR in den dopingbelasteten achtziger Jahren.

In der deutschen Staffel am Samstag wird Verena Sailer auf der letzten Bahn wohl wieder einigen schwarzen Läuferinnen hinterher rennen. Die vage Hoffnung auf eine Medaille beruht vor allem auf der Hoffnung, die Teams aus Jamaika, Bahamas, Trinidad oder den USA könnten den Stab verlieren. Sollte den deutschen Sprinterinnen dieses Malheur erspart bleiben, dürfen sie sich aber ziemlich sicher "schnellste weiße Staffel der Welt" nennen.

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