Aserbaidschan - Deutschland:Probleme beim Pflichtsieg

In einem zähen Spiel in Aserbaidschan gewinnt die deutsche Nationalmannschaft mit 2:0. Beide Treffer erzielen Spieler des FC Bayern.

Bei jenem Spiel, das die deutsche Nationalmannschaft am Mittwochabend bestritt, handelte es sich zweifellos um ein WM-Qualifikationsspiel, auch wenn Bundestrainer Joachim Löw vor der Partie ständig "von einem Spiel wie im DFB-Pokal" gesprochen hatte. Wer sich den Beginn der Begegnung zwischen Aserbaidschan und Deutschland betrachtete, der begriff schnell, was Löw gemeint hatte.

Aserbaidschan - Deutschland: Michael Ballack und die deutsche Nationalelf siegten gegen Aserbaidschan 2:0.

Michael Ballack und die deutsche Nationalelf siegten gegen Aserbaidschan 2:0.

(Foto: Foto: ddp)

Wie im DFB-Pokal spielte der Außenseiter zunächst tapfer nach vorne, während der Favorit sich schwer tat, die rechte Einstellung zu finden. Im echten DFB-Pokal besteht die Elf des Außenseiters in der Regel aus Fliesenlegern, Feuerwehrleuten und Versicherungsvertretern, in diesem WM-Qualifikationsspiel bestand sie aus Spielern von FK Karabach, Inter Baku und Chasar Lenkoran sowie aus Berti Vogts.

Und wie im echten DFB-Pokal, so dauerte es auch in diesem Spiel nicht lange, bis der Favorit dann doch in Führung lag: Schweinsteiger kam 18 Meter vor dem Tor an den Ball, keiner aus Karabach, Baku oder Lenkoran griff ihn an, und so sauste sein Schuss zum 1:0 (12.) in den Torwinkel. Es war der Auftakt zu einer Pflichtübung, die die Deutschen unfallfrei bewältigten - nicht mehr und nicht weniger. "In Organisation und Passspiel hatten wir Probleme, aber unseren Auftrag haben wir erfüllt", bilanzierte Löw. Torschütze Schweinsteiger assistierte: "Man hat schon gesehen, warum Aserbaidschan meistens nur knapp verliert." Fürs Erste kann sich die DFB-Elf in der Qualifikationsgruppe 4 an einem Vier-Punkte-Vorsprung auf Russland wärmen - ein trügerischer Vorsprung, weil die Russen ein Spiel weniger haben und die Deutschen noch in Moskau empfangen.

Am Ende entsprach die Partie ungefähr den Erwartungen, die sie geweckt hatte - diese Erwartungen waren nicht allzu groß gewesen. Zu so einem frühen Zeitpunkt, nach dem ersten Bundesliga-Spieltag, haben DFB-Profis noch nie ein WM- oder EM-Qualifikationsspiel bestritten, womit sich die ein oder andere Rhythmusstörung im Spiel erklären ließ; und die Elf von Berti Vogts war ohnehin mit einer wenig ermutigenden Statistik in dieses Spiel gestartet. Kein einziger Treffer war ihnen bisher in der WM-Qualifikation geglückt, was nicht auf einen feurigen Schlagabtausch hoffen ließ.

So hatte die Partie nach Schweinsteigers frühem Treffer bald ihre Struktur gefunden: Die Deutschen setzten sich in der Hälfte der Gastgeber fest und dominierten das Spiel, aber es war eine Dominanz, der Tempo und Spritzigkeit fehlten. Die Gastgeber wiederum stellten den Deutschen die Räume zu, und manchmal spielten sie mutig nach vorn; dem Mut fehlten als Beigaben aber Strategie und individuelle Klasse, weshalb die DFB-Elf - von den ersten zehn Minuten abgesehen - selten in Bedrängnis geriet. "Ich muss meiner Elf ein Kompliment machen, mehr geht nicht", sagte Berti Vogts.

Die Gastgeber waren spielerisch doch zu mittellos, um die DFB-Abwehr dauerhaft zu fordern. So hatte der Bundestrainer auch den deckungstreuen Berliner Arne Friedrich für überflüssig erachtet und stattdessen den Stuttgarter Serdar Tasci als Innenverteidiger nominiert. Im Gegensatz zu Friedrich hält sich der technisch versierte Tasci gerne im Mittelfeld auf, gelegentlich traf man ihn sogar im gegnerischen Strafraum.

Auf der nächsten Seite: Wie Tasci seinen Auftrag erfüllte und wie die Mannschaft Löws Pausenauftrag umsetzte.

Die Hoffnung von Vogts

Am Ende hatte Löws listiger Plan aber auch einen kleinen Haken: Zwar kümmerte sich der junge Stuttgarter ordnungsgemäß um die Pflege der Spielkultur, zwar schuf er mit seinen Vorstößen ordnungsgemäß Überzahl im Mittelfeld - allerdings stand nun noch ein zusätzlicher Spieler im ohnehin knapp bemessenen Raum rund um den aserbaidschanischen Strafraum herum.

In Abwandlung eines berühmten Vogts-Bonmots könnte man anmerken, dass die Breite im Spiel immer dichter wurde; jedenfalls gelang es den Deutschen kaum, Torchancen herausspielten - und weil sie die wenigen, die sie hatten, nicht nutzten, blieb das ungleiche Spiel erstaunlich lange offen. Zweimal hielt Mario Gomez seinen Kopf in Trochowski-Flanken (29., 33.), einmal scheiterte Klose (45.).

In engen Spielen heißt es gern, man müsse unbedingt das erste Tor schießen; in Spielen wie gegen Aserbaidschan ist dagegen das zweite Tor wichtiger. Fällt es, kann der Favorit das Spiel in der Regel beruhigt nach Hause spielen; fällt es nicht, können selbst ungleiche Spiele noch dramatisch werden. So schickte Löw seinen Spieler mit einem klaren Auftrag in den zweiten Durchgang: Her mit dem zweiten Tor, und zwar schnell! Immerhin, die Spieler schienen ihn verstanden zu haben: Neun Minuten nach Wiederbeginn endete Gomez' Drehschuss noch an der Latte, den Abpraller köpfelte Klose ins Tor (54.).

Das war der Treffer, den die Deutschen gebraucht hatten - nun konnten sie ohne akute Blamagengefahr zusehen, wie die Gastgeber gelegentlich vor dem DFB-Tor aufkreuzten und sich in aussichtsreichen Situationen in Umstandskrämerei überboten. Ein paarmal spielten sich die Gastgeber so gewandt durchs Mittelfeld, dass Berti Vogts vielleicht doch hoffen darf, bald eine europaweit konkurrenzfähige Elf zu trainieren; was den Torabschluss betrifft, dürfte sich die Hoffnung aber doch eher in Verzweiflung verwandelt haben. Aserbaidschan bleibt in der WM-Qualifikation weiter torlos - und die Deutschen dürfen einstweilen hoffen, dass die Russen sich am letzten Spieltag in Aserbaidschan auch schwer tun werden.

Aserbaidschan: Walijew - Malikow, Junisoglu, Sadichow, Allachwerdijew - Abbasow, Tschertoganow, Schukurow, Mammadow, Nadirow (75. Achtjamow) - Dschawadow.

Deutschland: Enke (Hannover/31 Jahre/8 Länderspiele) - Lahm (FC Bayern/25/58), Mertesacker (Bremen/24/56), Tasci (Stuttgart/22/8), Schäfer (Wolfsburg/25/4) - Schweinsteiger (FC Bayern/25/68), Ballack (Chelsea/32/93), Hitzlsperger (Stuttgart/27/48), Trochowski (HSV/25/23), ab 77. Jansen (HSV/23/30) - Gomez (FC Bayern/24/26), ab 84. Özil (Bremen/20/2), Klose (FC Bayern/31/89), ab 75. Cacau (Stuttgart/28/3).

Schiedsrichter: Kelly (Irland) - Zuschauer: 25.000 Tore: 0:1 Schweinsteiger (12.), 0:2 Klose (54.) Gelb: Tschertoganow, Malikow, Schukurow, Allachwerdijew.

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