Es scheiden sich die Geister an der Frage, ob eine alkoholschwangere Eskapade des früheren FC-Bayern-Profis Arturo Vidal, 37, noch Nachrichtenwert hat. Die jüngste aber war hinreichend erschütternd, um es in den chilenischen Medien zum Aufmacher der Hauptnachrichtensendungen sog. seriöser TV- und Radiostationen zu schaffen. Und so erwachte das lange Land am Montagvormittag mit der Breaking News, dass Vidal in der Nacht zum Montag vorläufig festgenommen worden war – nachdem er mit einer nicht näher definierten Anzahl an Mitspielern seines derzeitigen Klubs Colo Colo in der Hauptstadt Santiago einen Polizeieinsatz ausgelöst hatte. Gegen vier Uhr morgens. In einer nicht sonderlich noblen Gastwirtschaft namens Mia im Stadtteil Vitacura.
Den Angaben zufolge sei die Polizei wegen eines möglichen Sexualdelikts gerufen worden – von der Schwester einer 22 Jahre alten Frau, die gegen 23 Uhr in die Bar gekommen sein soll, in Begleitung von drei Freundinnen. Der Laden ist für gewöhnlich an Sonntagen geschlossen; er muss aber von zwei Mitspielern Vidals, Lucas Cepeda und Vicente Pizarro, für eine Geburtstagsfeier angemietet worden sein.
Was genau passierte, ist unklar. Wie die Polizei am Montag bestätigte, habe das mutmaßliche Opfer ihrer Schwester gesagt, dass sie sich nach dem Konsum der ersten „Piscola“ des Abends – einem Longdrink aus einem hochprozentigen Traubenmost-Destillat namens Pisco und Coca-Cola – wie unter Drogen gesetzt gefühlt habe: benebelt und willenlos. Der Schwester zufolge sei sie offenbar Opfer eines sexuellen Übergriffs geworden. Über die genaue Natur der möglichen Aggression wurde zunächst nichts bekannt.
Medienberichten zufolge hätten mehrere Personen versucht, die Wirtschaft durch ein Nebenhaus fluchtartig zu verlassen, als die Polizei eintraf. Offenbar ohne Erfolg. Die Carabineros hätten am Ort die Personalien einer Reihe von Colo-Colo-Spielern aufgenommen; ausgerechnet der berühmteste von allen, Arturo Vidal, sei als einziger auf eine Wache verbracht worden. „Im Rahmen der Ermittlungen“ und „zwecks weiterer Untersuchungen“ habe dort eine eingehende Identifizierung Vidals stattgefunden. Zu einer Verhaftung kam es nicht.
Die Affäre dürfte unabhängig von ihrem Ausgang den Traum Vidals von einer Rückkehr in Chiles Nationalmannschaft endgültig beerdigen. Seine Chancen galten allerdings als minimal, da er sich mit dem aktuellen Nationaltrainer Ricardo Gareca öffentlich überworfen hat. In den vergangenen Monaten hat Vidal allerdings schon ein paar Projekte für die Zeit nach dem Ende seiner aktiven Karriere initiiert. Unter anderem bereitet er den Verkauf eines Cabernet Sauvignons vor – mit Korken, auf dem seine Fetisch-Rückennummern eingebrannt sind, die „8“ und die „23“. Unklar ist, ob Vidal auf einen Verkauf der Flaschen zum stolzen Preis von 25 Euro hofft – oder darauf, dass ihm der Einzelhandel die Ladenhüter zurückschickt.