Arnold Palmer gestorben:Der King saß einfach da

Athletischer Sportler, Publikumsliebling, Vermarktungskünstler: Durch Arnold Palmer wurde Golf erst massentauglich, er war der Wegbereiter des Profitums im Sport - nun starb er mit 87 Jahren.

Von Gerald Kleffmann

Als sich am Morgen dieses 26. September 2016 die traurige Nachricht im Internet rasend schnell verbreitete, war Erstaunliches zu beobachten. Die Namen derjenigen, die kondolierten, wurden prominenter und prominenter. Normale Profis trauerten, frühere Größen stimmten ein, dann meldeten sich Wegbegleiter zu Wort, Gary Player und Jack Nicklaus, der mit 18 Majortiteln bis heute unerreicht ist. Er meinte: "Er war der König unseres Sports und wird es immer sein." Als die früheren US-Präsidenten George Bush und Bill Clinton sowie ihr Nachfolger Barack Obama ihr Beileid aussprachen, war die Dimension dieses Abschiedes ganz oben angekommen.

Der King. Die Legende. Die Ikone. Arnold Palmer trug erlesene Titel, und das zu Recht. Es gibt nur wenige Athleten, die größer wurden als ihr Sport. Bobby Jones. Nicklaus. Tiger Woods. Der, der das speziellste Charisma aber hatte, der zum ersten TV-Star im Golf aufstieg, der die Kraft des Marketings erkannte, den die Menschen anhimmelten und der den Golfsport für die Massen erst richtig interessant machte, war dieser segelohrige Palmer aus Latrobe in Pennsylvania.

In einem der unzähligen Nachrufe schilderte CNN, wie Palmer einst mit vom Vater geschnitzten Golfschlägern erstmals kleine weiße Bälle schlug. So simpel fing er an. Heute, nach seinem Ableben im Alter von 87 Jahren, ist die Golfbranche ein Hightech-Millionen-Dollar-Big-Business. Diese Brücke schlug Palmer. "Er war der Mann, der im Grunde das Konzept erfand, dass sich Sport in den Medien repräsentieren muss", betonte sein Biograf James Dodson, "und er machte ein Vermögen damit." Allerdings. In den Fünfzigerjahren tat sich Palmer mit Mark McCormack zusammen, dem Gründer der später weltgrößten Vermarktungsagentur IMG, der das Potenzial seines allerersten Mandanten erkannte. Palmer, Sohn eines Greenkeepers, spielte nicht Golf wie ein distinguierter Snob, er war nicht unansehnlich, eher smart wie Sean Connery als James Bond, sein verschmitztes Grinsen wirkte auch geheimnisvoll. 62 Titel gewann Palmer, darunter viermal das Masters in Augusta, zweimal die British Open, einmal die US Open. Sein größter Erfolg aber war "Arnies Army", so hießen die Fans, die anfingen, ihm hinterherzureisen und ihn anzufeuern. Irgendwann waren es Millionen, die ihn liebten, und sei es von der Couch aus. Fernseher und später Videorekorder eroberten die Wohnzimmer. Palmer war es, der mit seiner Persönlichkeit genau in dieses Medium passte. Wie Muhammad Ali, mit dessen TV-Präsenz er es aufnehmen konnte. Zu Palmers Blütezeit ging man davon aus, dass 70 Prozent der Fernsehzuschauer, die ihm zusahen, noch nie einen Golfschläger gehalten hatten. Heute undenkbar. Einmal erschien Palmers Bild in einer Anzeige für Gartenmöbel, wie in Harry Valériens Klassiker "Golf. Faszination eines Weltsports" geschrieben steht. Palmer saß nur da. Sein Name wurde nicht erwähnt, er hatte keinen Schläger in der Hand, es gab keinen Werbespruch. Dass er da saß, reichte als Botschaft. Ganz Amerika kannte ihn ja.

Wie Palmer, der All American Boy, die Leute fesselte, beschrieb der renommierte Journalist Charles Price in einem Beitrag für Valérien (beide sind leider auch schon verstorben) bestens: "Palmer hatte die Schultern eines Rennruderers und die Taille eine Chorknaben. Wenn er zum Abschlag ging, sah es aus, als steige er in einen Boxring. Dann drehte er sich um und blickte über die Zuschauer hinweg, als wolle er fragen: Seid ihr alle da? Wenn Palmer seinen Ball ansprach, schien es in der Luft vor Spannung zu knistern. Mit dem Driver in der Hand traute man ihm zu, selbst in Becken voller Haie zu springen." Humor hatte er übrigens auch. Sein bester Tipp, um sein Ergebnis auf der Scorekarte um fünf Schläge zu verbessern? Man solle einen Radiergummi benützen.

Palmer war wie James Dean, rau, wild, mit der Aura des schwer zu bändigenden, aber eben auch clever, nachdenklich und fürsorglich. Sein Status, sein Können machte ihn früh reich, er war 1967 der Erste, der sich eine Million Dollar erspielte, er war der Erste, der sich ein eigenes Flugzeug gönnte und, selbst am Steuer sitzend, zu Turnieren flog. So richtig reich wurde er, als er ein Imperium aufbaute, indem er Golfplätze entwarf, Golfklubs kaufte, die Entwicklung des Golf Channel anschob, Turniere veranstaltete wie das immer noch stattfindende Arnold Palmer Invitational auf der PGA Tour. Zeit seines erfolgreichen Lebens sammelte er aber auch Millionen für seine und andere Stiftungen ein, spendete viel. Seine Familie, seine sechs Enkel waren ihm das Heiligste. Dass er körperlich abbaute, war beim Masters zuletzt ersichtlich. Erstmals seit 2006 trat er nicht als "Honorary Starter" auf und verzichtete auf die Ehre des symbolträchtigen ersten Abschlags, den er stets mit Nicklaus und Player durchführte.

Zum Abschied konnte man Palmer würdigen, wie es Woods aussprach: "Deine Menschenliebe und Bescheidenheit sind Teil Deiner Legende." Oder wie Fred Couples, der treffend feststellte: "Es ist ganz einfach: Er war der coolste Typ jemals."

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