Arminia Bielefeld im Pokal-Halbfinale:Torwart lebendig begraben

Arminia Bielefeld v Borussia Moenchengladbach - DFB Cup

Bis der Zaun wackelt: Florian Dick (links) und seine Teamkollegen

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Bielefeld kann es kaum fassen, dass der Drittligist es tatsächlich ins Halbfinale des DFB-Pokals geschafft hat.
  • Nur Trainer Norbert Meier freut sich nicht. Ihm ist etwas anderes wichtiger als das Finale in Berlin.
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Von Lisa Sonnabend

Die Spieler von Arminia Bielefeld kletterten auf den Zaun, sie klebten wie Äffchen daran und hüpften. Das Gitter wackelte und schwankte, fiel aber nicht um. Auf der Tribüne schwenkten die Zuschauer schwarz-weiß-blaue Fahnen, sie lagen sich in den Armen und sangen: "Gegen Arminia kann man mal verlieren." Dann grölten sie: "Europapokal, Europapokal!"

In einem dramatischen Elfmeterschießen hat der Drittligist Arminia Bielefeld am Mittwochabend Borussia Mönchengladbach, den Dritten der Bundesliga-Tabelle, besiegt und das Halbfinale im DFB-Pokal erreicht. Dem kleinen Verein aus Ostwestfalen fehlen nun nur noch zwei Siege, um im Berliner Olympiastadion den Titel zu holen - und sich damit tatsächlich einen Startplatz in der Europa League zu sichern.

Als Stürmer Fabian Klos wieder vom Zaun heruntergeklettert war, sagte er in ein Fernseh-Mikrofon: "Das zu realisieren, wird dauern." Torhüter Alexander Schwolow begriff die Situation schneller als der Kapitän: "Es ist unfassbar", sagte er. Auch Sportchef Samir Arabi hatte glänzende Augen, er wusste, dass gerade etwas Historisches passiert war. "Wir sind überglücklich. Wann zieht man schon mal als Drittligist ins Pokal-Halbfinale ein?"

In der langen Geschichte des DFB-Pokals ist das nicht oft vorgekommen. Die Arminia ist erst der siebte Drittligist, der es unter die besten vier Vereine schafft. Seit der Einführung der eingleisigen dritten Liga 2008 war das zuvor noch keiner Mannschaft gelungen.

Routiniert wie ein Welttorhüter

Arminia Bielefeld v Borussia Moenchengladbach - DFB Cup

Gesicht des Märchens: Torwart Alexander Schwolow (in Grün)

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Nach den Siegen gegen Hertha BSC und Werder Bremen agierte Bielefeld nun auch gegen Gladbach mutig und frech. Die Spieler wagten einen Angriff nach dem anderen und gingen nach 25 Minuten durch einen Schlenzer von Manuel Junglas in Führung. Nur sechs Minuten später glich Max Kruse per Elfmeter aus, doch der Drittligist dachte gar nicht daran, sich geschlagen zu geben. Die Spieler kämpften, sie liefen weiter, obwohl sie schon müde waren. Gladbach spielte zu zaghaft, das entscheidende Tor wollte dem Bundesligisten einfach nicht gelingen. Nicht nach 90 Minuten und auch nicht nach 120 Minuten. Im Elfmeterschießen war es dann der kleine Verein aus Ostwestfalen, der abgebrühter auftrat. Als es 5:4 stand, wehrte Torwart Schwolow einen Schuss von Gladbachs Ibrahima Traoré so routiniert ab, als wäre er Welttorhüter.

Der 22-Jährige verharrte einen Moment, als begreife er nicht, was er gerade geleistet hat. Dann lief er auf seine Mitspieler zu, der Mund aufgerissen, die Arme weit ausgebreitet. Die Teamkollegen sprangen auf ihn, bis Schwolow unter ihnen verschwunden war. Das Bielefelder Märchen hat nun ein Gesicht. Nach dem dramatischen Abstieg in der vergangenen Saison ist Bielefeld zurück auf der großen Fußball-Bühne.

Auch das Halbfinale am 29. April trägt der Verein daheim auf der Alm aus. Gegen den VfL Wolfsburg werden die 26 137 Zuschauer wieder im ausverkauften Stadion jeden Einwurf bejubeln, die Mannschaft besingen und nach vorne treiben. Ob noch einmal eine Überraschung gelingt? Bielefeld wäre erst der vierte Drittligist, der es bis ins Finale im Berliner Olympiastadion schafft.

Trainer Norbert Meier allerdings will davon nichts wissen. Er feierte am Mittwochabend nicht ausgelassen wie die Fans und seine Spieler. Der 56-Jährige kletterte nicht auf den Zaun, er lächelte kaum. Der Grund: Sein Team führt die Tabelle der dritten Liga an - und Meier findet: Die Rückkehr in die 2. Bundesliga wäre viel bedeutsamer für den Verein als eine Saison als Drittligist in der Europa League. Der Trainer sagte nach dem Sieg: "Ich gehe jetzt nach Hause und gucke mir die Aufzeichnung von Dynamo Dresden an." Das ist der Gegner am Samstag. Dann ist wieder dritte Liga, wieder Alltag.

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