Arminia Bielefeld:"Für eure Familie! Für eure Kinder!"

Carsten Rump

Neuerdings berühmtester Bielefelder: Co-Trainer Carsten Rump.

(Foto: dpa)
  • Arminia Bielefeld droht der Abstieg in der 2. Fußball-Bundesliga - da hält der Co-Trainer eine emotionale Motivationsrede.
  • Sein Team gewinnt prompt 6:0 gegen die favorisierte Mannschaft aus Braunschweig.

Die Stimme von Carsten Rump wird lauter und lauter. Sie bebt und zittert. Energisch schlägt der Co-Trainer von Arminia Bielefeld mit der Faust auf den Trikotkoffer, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. "Ihr müsst mir jetzt ein Versprechen leisten, dass ihr für eure Familie alles gebt", ruft, nein brüllt Rump: "Für eure Familie! Für eure Kinder werdet ihr jetzt da draußen ackern, vom Anfang bis zum Ende! Und wir werden das Spiel gewinnen!" Die Spieler schreien "Jaaaa", trommeln mit der Hand auf den Trikotkoffer, gehen raus - und schreiben ein weiteres Stück verrückte Arminia-Geschichte.

Hier geht es zum Video.

Nein, eine Nummer kleiner geht es bei Arminia irgendwie nicht. "Es ist wirklich verrückt. Das liegt wohl wirklich alles in der DNA dieses Vereins", sagt Sportchef Samir Arabi der dpa. Dass diese, wie vom früheren Geschäftsführer Marcus Uhlig einmal formuliert, "Blut, Schweiß und Tränen" umfasse, "große Tragödien und große Spektakel" könne er "nur bestätigen".

6:0 gegen Braunschweig - unglaublich

Nach Rumps aufrüttelnder Ansprache, die als Video offenbar durch eine Spielerfrau an die Öffentlichkeit gelang, gab es auf der altehrwürdigen Alm wieder ein denkwürdiges, aufreibendes Spiel. Diesmal mit positivem Ausgang: Mit dem Rücken zur Wand im Abstiegskampf schlug die Arminia den Aufstiegs-Aspiranten Eintracht Braunschweig am vorletzten Spieltag mit 6:0 und hat den Klassenverbleib plötzlich wieder in der eigenen Hand.

Schon nach Rumps Ansprache habe er sofort gemerkt, "dass die Spieler emotionalisiert sind", berichtet Arabi nach dem höchsten Sieg seit 31 Jahren. Schwierig wird nun die Balance zwischen der Euphorie und der Fokussierung auf das noch nicht erreichte Ziel. Arabi bremst aber nicht. "Die Mannschaft soll das Selbstvertrauen mitnehmen und in Dresden mutig spielen", sagt er.

Zumal sie in Bielefeld Dramen am letzten Spieltag wahrlich gewohnt sind. In den vergangenen 22 Jahren wechselte die Arminia 13 mal die Klasse, stieg siebenmal auf und sechsmal ab. Und bis auf die vergangene Saison ging es am letzten Spieltag eigentlich immer um was. Meistens um nicht weniger als die Existenz. Denn die Arminia steht auch finanziell mit dem Rücken zur Wand, hat weiter 20 Millionen Euro Verbindlichkeiten. Ob sie in der 2. Liga bleibt oder in die 3. absteigt, ist für Geschäftsführer Finanzen, Gerrit Meinke, deshalb "eine existenzielle Frage".

So oder so: Dass die Arminia in den 80er-Jahren als eine der grausten Mäuse des deutschen Fußballs galt, mag man heute kaum glauben. Zumal auch die Umstände der Auf- und Abstiege meist dramatisch waren. Allen voran 2015, als die Ostwestfalen in einem Relegations-Rückspiel mit unglaublicher Dramaturgie gegen Darmstadt abstiegen. "In der Relegation geht es immer um die Nerven. Das sind unschöne Spiele", sagt Arabi: "Ich bräuchte das Ganze nicht nochmal. Zumal ich wohl am Tag des Relegations-Spiels zum zweiten Mal Vater werde. Aber wenn wir 16. werden sollten, nehmen wir es als Zusatzchance an, die wir nutzen wollen."

Ob Rump oder sein erfolgreicher Chef Jeff Saibene dann wieder zum Motivator werden? "Das Trainer-Team lässt sich jede Woche etwas einfallen, um das Team zu emotionalisieren. Auch in Dresden wird ihnen das Richtige einfallen", sagt Arabi: "Aber die Basis bleibt die Arbeit unter der Woche."

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