Kramer-Aus in Bielefeld:Die Konstante kippt

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Frank Kramer übernimmt in Gelsenkirchen. (Foto: Christof Stache/AFP)

Entgegen allen Treuebekundungen trennt sich Arminia Bielefeld vier Spieltage vor Schluss von Trainer Frank Kramer. Nun sollen ein Torwarttrainer und Ottmar Hitzfelds rechte Hand das Team zum Klassenerhalt führen.

Von Nelis Heidemann

Nun also doch: Arminia Bielefeld hat sich vier Spieltage vor Saisonende von Trainer Frank Kramer getrennt. Das bestätigte der Verein am Mittwochnachmittag. Der 49-Jährige war erst im März des vergangenen Jahres für die Rettungsmission Bundesliga verpflichtet worden, nun ist er es selbst, der auf der Zielgeraden des Abstiegskampfes gehen muss.

Nach nur einem Punkt und einem einzigen Treffer in den vergangenen sieben Spielen sind die Bielefelder auf Tabellenplatz 17 abgerutscht, der Rückstand auf die rettenden Plätze beträgt drei Punkte. Die Kehrtwende soll nun ein Duo einleiten: Torwarttrainer Marco Kostmann tritt in die erste Reihe und wird unterstützt von Michael Henke, der sich vor allem als Co-Trainer von Ottmar Hitzfeld bei Borussia Dortmund und beim FC Bayern einen Namen gemacht hat.

Die Trennung von Kramer kommt durchaus überraschend, schließlich hatten Sportchef Samir Arabi und der Vorstand stets betont, mit Kramer zur Not auch in die zweite Liga zu gehen. Nun ist Arabi schon seit Längerem dafür bekannt, bei seinen Entscheidungen nicht allzu viel auf die öffentliche Meinung zu geben, doch ein solch eklatanter Wortbruch ist auch für ihn neu. Erst am Montag hatte sich der Vorstand in einer Krisensitzung auf einen Verbleib des Trainers verständigt, nun vollzog Arabi - wohl auch auf Anraten der Mannschaft - doch die Trennung.

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Der Sportchef dürfte sich an die vergangene Saison erinnert gefühlt haben, als er nach 23 Spieltagen gegen den Willen der Fans den beliebten Aufstiegstrainer Uwe Neuhaus durch Kramer ersetzte. Unter dessen Leitung wollte sich die Arminia zu einem Ausbildungsverein entwickeln, der Talente anlocken, formen und für mehr Geld weiterverkaufen kann. Das ist in kurzer Zeit zum Beispiel mit dem Österreicher Patrick Wimmer vortrefflich gelungen, der vor der Saison für 700 000 Euro von Austria Wien kam und nun für das Zehnfache zum VfL Wolfsburg wechseln wird.

Doch der sportliche Erfolg blieb zuletzt auf der Strecke. Natürlich hätte es näherliegende Zeitpunkte gegeben, um den Trainer zu wechseln, als nach einem 0:3 gegen Bayern. Eher hätten sich da das 0:4 in Mainz, als die Arminia drei Elfmeter verschuldete, oder das 0:4 in Wolfsburg angeboten. Im Bayern-Spiel vom Wochenende ging die Tendenz sowohl kämpferisch als auch spielerisch wieder in die richtige Richtung - für die Rettung Kramers zu spät.

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So gibt die Arminia den Trumpf der Konstante aus der Hand. Im Abstiegskampf mit dem VfB Stuttgart und Hertha BSC entstand zuletzt der Eindruck, dass die Bielefelder gegenüber der finanzstärkeren Konkurrenz den Vorteil von Kontinuität und Ruhe im Umfeld ausspielen wollten. Während es in Stuttgart knirschte und vor allem in Berlin bisweilen drunter und drüber ging, blieben sie in Ostwestfalen ruhig und wussten, was sie konnten.

Dieser Glaube schien aber zuletzt auch der Mannschaft verlorengegangen zu sein, blutleere Vorstellungen verärgerten die Fans. Bei denen wiederum genießt Torwarttrainer Kostmann ein exzellentes Ansehen, er gilt als positiv verrückt und soll die Bielefelder nun als emotionaler Anführer zum Klassenverbleib leiten. Seit 2011 steht der 56-Jährige im Dienste der Arminia, mit einer Unterbrechung von zwei Jahren. Parallel zu Kostmanns Amtsantritt kam Torwart Stefan Ortega aus der eigenen Jugend heraus in den Bielefelder Profikader, der durch die Zusammenarbeit mit Kostmann inzwischen zu einem der besten Torhüter der Bundesliga geworden ist.

Gemeinsam mit Henke wird Kostmann sein Debüt am Samstag (15.30 Uhr) beim Auswärtsspiel beim 1. FC Köln geben, in der Woche darauf folgt das richtungsweisende Heimspiel gegen Hertha BSC.

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