Süddeutsche Zeitung

Bundesliga:Die Statistik, in der Bielefeld Spitzenreiter ist

Der Aufsteiger hat mit dem Sieg gegen Hertha BSC seine Position im Abstiegskampf verbessert. Die Effektivität der Arminen zeigt sich an der erstaunlichen Tore-Punkte-Quote.

Von Ulrich Hartmann

Die Defensivmisere des Tabellenführers FC Bayern München mit seinen 24 Gegentoren in 15 Bundesliga-Spielen zieht in der öffentlichen Wahrnehmung einen Klub in Mitleidenschaft, der damit gar nichts zu tun hat: Arminia Bielefeld. "Schon genauso viele Gegentore wie Bielefeld", vergleichen manche Medien. Als wäre die Arminia der Maßstab für miserables Abwehrverhalten.

Das sehen sie in Ostwestfalen ganz anders. Ihre 24 Gegentore belasten das Vereinsgemüt kaum, weil sich die Zahl der Gegentreffer just bei den relevanten vier Siegen gegen Köln (1:0), Mainz (2:1), Schalke (1:0) und Hertha BSC Berlin (1:0) vorbildlich in Grenzen hielt. Mit dem jüngsten Minimalsieg gegen Hertha hat Bielefeld sogar den Sprung auf Platz 15 und damit aus der Abstiegszone geschafft. "Wir drehen deswegen jetzt nicht komplett durch", sagt der Trainer Uwe Neuhaus, der mit seiner oft ironisch-lakonischen Art die ostwestfälische Mentalität ganz gut abbildet.

Der Aufsteiger Bielefeld mag bis in den Mai gegen den Abstieg kämpfen müssen, aber jetzt gibt es da eine Statistik, in der er Spitzenreiter der ganzen Bundesliga ist: die Tore-Punkte-Quote. Erst zehn Treffer haben die Arminen in 15 Saisonspielen geschossen, aber damit schon 13 Punkte geholt. Das macht 1,3 Punkte pro Tor. Mehr Punkte als Tore haben in nachfolgender Reihe nur noch: RB Leipzig (1,2 Punkte pro Tor), der VfL Wolfsburg und der FC Augsburg (je 1,1). Bielefelds Effektivität ist mithin vorbildlich.

Doch wer den einen oder anderen Siegtreffer ihrer vier Erfolge rekapituliert, der erkennt in dieser vermeintlichen Effektivität auch ein bisschen Glück und Zufall. Den 1:0-Siegtreffer gegen Köln erzielte im September Joan Simun Edmundsson, weil er zwölf Minuten vor Schluss den Ball nicht richtig traf. Und den 1:0-Siegtreffer am Sonntag gegen Hertha verwandelte Reinhold Yabo, nachdem er sich unmittelbar zuvor mit einem diskutablen Bodycheck gegen den Berliner Peter Pekarik Platz verschafft hatte. Trotzdem lautet die Statistik nun 13 Punkte mit nur zehn Toren, und das irritiert Neuhaus kein bisschen. "Es wäre mir auch wurscht, wenn wir am Ende 38 Punkte mit 22 Toren holen würden", sagt er. Man sieht schon: In Ostwestfalen ist man diesbezüglich nicht allzu eitel.

Bielefelds Tugenden? "Teamgeist, Siegeswille und Ehrgeiz"

Zimperlich ist man aber auch nicht. Genau das hatten die Arminen ihren Berliner Kontrahenten voraus. "Ganz normale Zweikampfführung!", analysierte Yabo prägnant seine spielentscheidende Aktion und urteilte letztinstanzlich: "absolut im legalen Bereich". Einspruch gab es nach der Schlüsselszene auch nicht aus Berlin, die Hertha beklagte eher grundsätzlich, sich körperlich nicht hinreichend gewehrt zu haben. Auf perfektionierte Nahkampftechniken wollte Torschütze Yabo den Bielefelder Erfolg aber keineswegs reduziert wissen. "Wir haben bewiesen, dass wir Fußball spielen können", sagte er.

Dass sich von den anderen 55 Mannschaften in den drei deutschen Profiligen in dieser Saison keine einzige mit zehn Toren in den ersten 15 Saisonspielen begnügte, kann das Bielefelder Selbstbewusstsein nicht erschüttern. Aus erwähnten Gründen sind sie mit der bisherigen Saison keineswegs unzufrieden. "Teamgeist, Siegeswille und Ehrgeiz", nannte der Kapitän Fabian Klos nach dem Sieg über die Hertha als Schlüsselreize, und die müssen es auch künftig richten, weil der Klubetat relevante Zukäufe im Januar kaum hergibt. Bielefeld ist auf den Faktor Leidenschaft existenziell angewiesen und kommuniziert dies auch mit seinem an ostwestfälische Charakterzüge angelehnten Motto: "Stur, hartnäckig, kämpferisch."

Die Tabelle weist der Arminia den Weg, denn die bisherigen Siege gelangen gegen die unter ihnen platzierten Klubs aus Köln, Schalke und Mainz sowie gegen die gen Abstiegszone schlitternden Herthaner. Sollte die Arminia am kommenden Samstag auch noch in Hoffenheim gewinnen, dann hätte sie gegen alle Abstiegskonkurrenten gewonnen - mit einer Ausnahme: der 0:1-Niederlage Anfang Oktober in Bremen. Die Bielefelder haben verstanden, wie man sich im Tabellenkeller Respekt verschafft. Mit dem Tabellenführer Bayern München in einer Schublade zu stecken, macht ihnen da auch nichts mehr aus.

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