Fußball-Bundesliga:Alm-Absturz

Fußball-Bundesliga: Trainer für knapp sieben Monate: der am Dienstag entlassene Daniel Scherning.

Trainer für knapp sieben Monate: der am Dienstag entlassene Daniel Scherning.

(Foto: Wolfgang Zink/Sportfoto Zink/Imago)

Drittletzter der zweiten Liga, die sportliche Führung entlassen, Schlüsselspieler verloren: Arminia Bielefeld ist nach wechselvoller Geschichte an einem Tiefpunkt angelangt - es droht der freie Fall in die Dritte Liga.

Von Ulrich Hartmann, Bielefeld

Über den germanischen Kriegshelden Arminius, der vor 2000 Jahren im Teutoburger Wald die Römer besiegte und dem Fußballverein Arminia Bielefeld sehr viel später seinen Namen lieh, ist eher weniger bekannt, dass er hinterhältig von eigenen Verwandten gemeuchelt wurde. Mit widersprüchlichen und zwiespältigen Erlebnissen plagt sich von jeher auch der zwischen Euphorie und Trübsal taumelnde Fußballklub. Seine Anhängerschaft pendelt zwischen Verherrlichung und Verzweiflung.

Binnen 15 Jahren hat die Arminia zuletzt eine Achterbahnfahrt quer durch sämtliche drei deutschen Profiligen hingelegt und in dieser Zeit 17 Trainer verschlissen. Die jüngste Suspendierung des Übungsleiters Daniel Scherning datiert vom Dienstagabend, allerdings kommt diesem Schritt eine besondere Bedeutung zu. Nachdem am Vortag nämlich bereits die Trennung vom bis dahin zwölf Jahre amtierenden Sportvorstand Samir Arabi beschlossen worden war, steht Arminia Bielefeld in dieser Woche nicht nur auf dem bedrohlichen drittletzten Platz der zweiten Liga, sondern auch ohne sportliche Führung da. Und am Samstag reist in Darmstadt 98 der Tabellenführer an.

Die Alm bebt also. Seit die ersten Arminia-Fußballer 1920 auf der Weide eines Kuhbauern kickten, wird das Bielefelder Stadion an selber Stelle liebevoll 'Alm' genannt. Analog dazu hat es in Presseberichten über seine wechselhafte Geschichte bereits unzählige Almauf- und abtriebe erlebt. Zurzeit muss allerdings fast von einem Almabsturz die Rede sein. Vergangenen Sommer aus der Bundesliga abgestiegen, droht der Arminia nämlich der freie Fall in die Dritte Liga.

Die zuletzt so kurzen Halbwertszeiten der Trainer sind Ausdruck der Misere

Für die übergeordnete mangelnde Konstanz haben die Gremien den Sportchef Arabi zur Rechenschaft gezogen sowie für den aktuellen drittletzten Platz den Trainer Scherning, der seinen Posten selbst erst am fünften Spieltag dieser Saison angetreten hatte. Das Maß voll erschien dem Aufsichtsrat am vergangenen Sonntag, als Bielefeld in Braunschweig zwar nach 21 Minuten bereits 3:0 führte, am Ende aber nur ein 3:3-Unentschieden heimbrachte.

Unter Führung des Aufsichtsratsvorsitzenden Hartmut Ostrowski werden jetzt Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt. Der ehemalige Bertelsmann-Chef ist Mitgesellschafter nicht nur der Bielefelder Fußball-Arena, sondern auch des im Bau befindlichen Arminia-Leistungszentrums. Für beiderlei Zwecke wäre ein Verbleib in der zweiten Liga von Vorteil.

Ausdruck dafür, dass sich Sportchef Arabi zunehmend verzettelt hatte, waren die zuletzt kurzen Halbwertszeiten der Bielefelder Trainer. Der Interims-Chef Marco Kostmann war vor einem Jahr nur zwei Monate im Amt, sein Nachfolger Uli Forte gar nur eineinhalb, und für den im August vom VfL Osnabrück geholten Daniel Scherning endet das Engagement nach knapp sieben Monaten. Derart unstete Führungsverhältnisse ergaben in Verbindung mit dem Bundesliga-Abstieg sowie dem Verlust relevanter Spielerpersönlichkeiten eine toxische Mischung. An ein viertes Rettungsmanöver ihres Jahrhundert-Trainers Ernst Middendorp brauchen sie in Bielefeld indes keinen Gedanken zu verschwenden. Er unterschrieb soeben beim Drittligisten SV Meppen im Emsland.

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