Atlético Madrid:Griezmann geht - und der Flurschaden ist groß

Club Atletico de Madrid v Real Valladolid CF - La Liga

Entfacht viel Wirbel: der Franzose Antoine Griezmann.

(Foto: Getty Images)
  • Antoine Griezmann verkündet, dass er Atlético Madrid verlassen will - wohin, das steht aber noch nicht fest.
  • Dem FC Barcelona hat er schon einmal sein Wort gegeben, es dann aber gebrochen.
  • Auch Paris Saint-Germain gilt als potenzieller neuer Klub.

Von Javier Cáceres

Ein paar Tage ist es her, da gewährte Diego Simeone, argentinischer Trainer von Atlético Madrid, dem TV-Sender Fox Sports ein ausführliches Interview. Längst kursierten da die Gerüchte um einen bevorstehenden Abschied von Atléticos französischem Weltmeister Antoine Griezmann, und Simeone wurde natürlich auch darauf angesprochen.

"Er ist der Kapitän unserer Mannschaft, ist im Kader superbeliebt. . . Die Wahrheit ist, ich bin nicht besorgt", antwortete Simeone. Am Dienstagabend zeigte sich, dass Simeone die Stirn besser in Falten gezogen hätte. Griezmann, 28, wurde bei Atléticos Klubchef Miguel Ángel Gil Marín vorstellig und erklärte in einem zweistündigen Gespräch, an dem auch Simeone sowie Sportdirektor Andrea Berta teilnahmen, dass er den Klub im Sommer zu verlassen gedenke.

Bei Barça fragt man sich: Ist auf Griezmanns Wort Verlass?

Er werde die vertraglich festgeschriebene Ablösesumme, die am 1. Juli von aktuell 200 Millionen Euro wieder auf 120 Millionen Euro sinkt, deponieren. Seinen künftigen Arbeitgeber (der die Zahlung der Ablöse selbstredend übernehmen wird) nannte Griezmann zwar nicht. Auch nicht, als er mit zerzottelten Haaren den Fans Atléticos per Video die unfrisierte Wahrheit mitteilte: "Ich habe mich entschlossen zu gehen, andere Dinge zu sehen, andere Herausforderungen anzunehmen." Doch vieles deutet darauf hin, dass er sich nach "fünf unglaublichen Jahren" bei Atlético, wie er unterstrich, dem FC Barcelona anschließen wird.

Ob alles wirklich so kommt, ist mit gewissen Unwägbarkeiten behaftet, von denen noch die Rede sein wird. Sicher ist: Im Lager von Atlético ist die Verärgerung beträchtlich. Und die Arme sind in Barcelona weniger ausgebreitet, wie man angesichts der Aussicht auf ein französisch-argentinisches Sturmduo aus Griezmann und Lionel Messi meinen könnte.

Das hängt mit den Geschehnissen des vergangenen Jahres zusammen, als Griezmann schon einmal mit Barça flirtete - und dann in einer Doku-Soap namens "La Decisión" doch erklärte, bei Atlético zu bleiben. "Die Entscheidung" barg Dynamit - und verursacht noch immer Detonationen. In Madrid und Barcelona.

Denn: In der katalanischen Hauptstadt kam Griezmanns mehrwöchiges Hin und Her gar nicht gut an. Beim letzten Besuch Atléticos im Camp Nou wurde Griezmann bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen, das Echo hallte auch am Mittwoch nach, als Barcelonas Sportblätter offen fragten, ob auf das Wort Griezmanns überhaupt Verlass wäre. Bei Atlético ist der Flurschaden anders gelagert - und noch größer.

Zur Erinnerung: Griezmann war 2018 auch deshalb bei Atlético geblieben, weil er die Champions League gewinnen wollte, was letztlich scheiterte, und weil er angeblich mehr als 20 Millionen Euro jährlich verdienen sollte - netto. Das führte dazu, dass eine Reihe von Profis beim Klub vorstellig wurden und eine Anhebung ihrer eigenen Bezüge forderten. Zum Beispiel: Abwehrspieler Lucas Hernández, der am Ende für 80 Millionen Euro zum FC Bayern wechselte. Der bisherige Abwehrchef Diego Godín wird künftig in Italien bei Inter Mailand arbeiten, Rechtsverteidiger und Fan-Ikone Juanfran hat ebenfalls seinen Abschied angekündigt, auch Stürmer Diego Costa und Linksverteidiger Filipe Luis gelten als abwanderungswillig.

Das Interesse an Rodrigo ist europaweit groß

Die Auflösungserscheinungen komplettiert der defensive Mittelfeldspieler Rodrigo, 22. Der frühere Bayern-Trainer Pep Guardiola will ihn unter allen Umständen zu Manchester City holen; Rodrigos festgeschriebene Ablösesumme liegt bei 70 Millionen Euro. Doch das Rennen um Rodrigo gilt als offen. Wie in Madrid aus gut unterrichteter Quelle zu hören ist, hat auch der FC Bayern sein Interesse hinterlegt. Und die Chancen des deutschen Meisters sind im Lichte der Meldungen über eine mögliche Champions-League-Sperre für City nicht geringer geworden. Dem frischgekürten englischen Meister werden Verstöße gegen die Financial-Fairplay-Regeln nachgesagt. Zudem gelten die Beziehungen zwischen dem FC Bayern und Atlético als exzellent.

Bleibt die Frage, wohin Griezmann geht. Zwar soll er anders als 2018 dem FC Barcelona mehr als nur sein Wort verpfändet haben. Aber: In Frankreich ist davon die Rede, dass sich Griezmanns Management erst vergangene Woche mit Vertretern von Paris St.-Germain traf, um einen Wechsel an die Seine auszuloten. Der spanische Radiosender Cope meldete am Mittwoch, auch der FC Bayern habe sich bei Griezmanns Schwester und Managerin erkundigt, ob ein Transfer denkbar wäre.

Was passiert mit Neymar und Real Madrid?

Aber: In München würde Griezmann das Gehaltsgefüge noch mehr durcheinanderbringen als in Barcelona. Bei PSG dürfte das Geld lockerer sitzen. Auch Atlético könnte ein Interesse haben, Griezmann an PSG zu veräußern. Mit PSG ließe sich vor dem Stichtag 1. Juli noch über den Preis verhandeln. Barça hingegen wird nicht mehr als die festgeschriebenen 120 Millionen Euro zahlen - von denen Atlético auch noch 24 Millionen Euro an Griezmanns Vorgängerklub Real Sociedad San Sebastián abtreten müsste. Als Griezmann 2014 nach Madrid wechselte, ließ sich Real Sociedad eine 20-prozentige Beteiligung an einem künftigen Transfer zusichern. PSG verfügt in Edinson Cavani und Ángel Di María über Stürmer, die Atlético gern holen würde.

Richtig tief dürfte PSG aber nur dann in die Tasche greifen können, wenn der brasilianische Stürmer Neymar verhökert wird - etwa an Real Madrid. Der teuerste Profi der Fußballgeschichte (2017 zahlte PSG 222 Millionen Euro an Barça) gilt als das Objekt der Begierde von Florentino Pérez, dem Präsidenten von Spaniens Rekordmeister. Und dessen Kasse ist gut gefüllt.

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