Erstmals äußert sich Mark Pieth nun zu den Hintergründen dieser Personalentscheidungen. Insbesondere an Garcias Unabhängigkeit waren zuletzt Zweifel laut geworden, da der Eindruck entstand, er spare Fifa-Chef Blatter von seinen Ermittlungen aus. "Garcia war nicht auf unserer Liste", berichtet nun Pieth. Vielmehr sei der Jurist aus New York auf Betreiben von Ronald Noble, dem Generalsekretär der Polizeibehörde Interpol, für das Amt vorgeschlagen worden.
Das ist deshalb problematisch, weil Interpol enge Beziehungen zur Fifa und zu Blatter unterhält. Vor allem sagt Pieth aber: "Ich war sehr verärgert, weil mir der politische Weg, wie mir mein Favorit genommen wurde, nicht gepasst hat." Ursprünglich habe er für die Rolle des Chefermittlers den Argentinier Luiz Moreno Ocampo im Auge gehabt, den langjährigen Chefankläger am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Der argentinische Fifa-Vizepräsident Julio Grondona habe dies jedoch mit Hilfe von Argentiniens Staatspräsidentin Christina Kirchner verhindert.
Die Begründung, die Pieth für diesen Vorgang anführt, ist brisant: "Wenn Sie die Leute im Fifa-Vorstand anschauen, waren viele verbandelt mit ehemaligen Diktatoren. Und die große Leistung von Ocampo war, bevor er nach Den Haag kam, dass er die Diktatoren von Argentinien, die den Falklandkrieg losgetreten hatten, vor Gericht brachte. Sein Hintergrund ist der Kampf gegen faschistische Diktatoren." Damit hätten offenbar mehrere Fifa-Vorständler ein Problem.
Zwei weitere Kandidaten seien ebenfalls aus einem sonderbaren Grund abgelehnt worden: weil sie Frauen waren. "Sue Akers von Scotland Yard war Nummer zwei. Aber da haben die älteren Herren in der Fifa gesagt: Bei einer Frau sollen wir beichten, dass wir etwas Böses getan haben? Nein! Da verlangt ihr zu viel!" Über die Art und Weise, wie am Ende Michael Garcia ins Amt des Chefermittlers rutschte, ist Mark Pieth bis heute verärgert: "Vor allem lehne ich die Gründe ab. Die politischen Gründe bei Ocampo - und ich lehne auch den Sexismus ab, der die Frauen verhindert hat. Aber im Exekutiv-Komitee sind sie eben alle zwanzig Jahre zurück. Und jetzt gilt es, sie in die Gegenwart zu holen."
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