Angelique Kerber:Sogar von einer Cricket-Spielerin geschlagen

Angelique Kerber: Angelique Kerber erlebte 2017 ihr Annus horribilis.

Angelique Kerber erlebte 2017 ihr Annus horribilis.

(Foto: AFP)
  • "Ich bin froh, dass das Jahr zu Ende ist", sagt Angelique Kerber nach ihrer letzten Partie bei der sogenannten B-WM.
  • Von der Spitze der Weltrangliste rutschte sie in wenigen Monaten bis auf Position 19 ab.
  • Was ihr fehlte, war das Vertrauen in ihr Können. Entscheidend wird sein, ob sie das 2018 wiederfindet.

Von Barbara Klimke

Was für einen Unterschied ein Jahr macht: Anfang Januar trat Angelique Kerber in Brisbane gegen die Australierin Ashleigh Barty an, eine Tennisspielerin, damals die Nummer 271 der Welt, die sich nebenbei auch auf dem Cricket-Feld einen Namen machte. Kerber selbst war die Branchenkönigin in ihrem Sport, US-Open-Siegerin, Nummer eins des Turniers, Nummer eins der Tennis-Weltrangliste, und entsprechend hoheitsvoll fertigte sie die Gegnerin ab. Wenn auch in drei Sätzen.

In dieser Woche nun stand Kerber bei der WTA Elite Trophy in Zhuhai in China erneut der jungen Ashleigh Barty gegenüber und diesmal unterlag sie glatt, 3:6, 4:6. Es war ihr zweites und letztes verlorenes Gruppenspiel bei diesem Turnier, für Kerber auch das letzte der Saison. "Ich bin froh, dass das Jahr zu Ende ist", sagte sie, als sie das Raquet in die Tasche packte. Doch dieses Match ist symptomatisch für ihr Krisenjahr: Zuletzt wurde Angelique Kerber, 29, also sogar von einer Cricket-Spielerin geschlagen.

Das ist keine freundliche Analyse, aber Kerber hat 2017, wie immer man es betrachtet, tatsächlich Außergewöhnliches vollbracht: Sie reiste rund um den Globus bei 22 Turnieren an und hat nicht eines davon gewonnen; nur einmal, im April in Monterrey in Mexiko, erreichte sie ein Finale. Sie spielte 51 Matches und ging 22 Mal geschlagen vom Platz. Von der Spitze der Weltrangliste rutschte sie in wenigen Monaten bis auf Position 19 ab. Zuletzt, auch das spricht Bände, hat sie es in Zhuhai nur noch bis zur sogenannten B-WM geschafft.

Warum ihr das Selbstbewusstsein, der Mut und die Zuversicht abhanden kamen, die sie 2016 noch vor allen anderen ausgezeichnet hatten, als sie zwei Grand-Slam-Turniere gewann, hat sie bis zuletzt nicht schlüssig erklären können. Aber zumindest der Beginn des Kriselns lässt sich genau datieren. Denn schon bei den Australian Open in Melbourne, ein paar Tage nur nach dem Brisbaner Turnier, betrat sie mit hängenden Schultern den Platz. Sie war die Beste ihres Sports, sie trug die Krone im Tennisreich, aber mit Beginn der Saison erschien es, als leide sie unter einer erdrückenden Last. Als sie im Achtelfinale verlor, war dies das früheste Scheitern einer Titelverteidigerin seit zehn Jahren.

Vielleicht war es nur ein Schreckensjahr

Es war ein Muster, das sich wiederholen sollte. Bei den French Open in Paris überstand sie die erste Runde nicht, in Wimbledon scheiterte sie im Achtelfinale. Zu diesem Zeitpunkt führte sie noch immer das Ranking an - aber es wirkte bereits, als sei das Licht, das über ihrem Namen strahlte, nur noch der Schein eines längst verloschenen, Lichtjahre entfernten Sterns.

"Irgendetwas wird sich ändern müssen", sagte sie regelmäßig nach Niederlagen. Nur wusste sie nicht, was: Sie hatte ja keineswegs über Nacht den Aufschlag, Volley und Return verlernt. Ihre Schläge sind immer noch sehr hart und sehr präzise. Was ihr fehlte, war das Vertrauen in ihr Können. Vielleicht war es nur ein Schreckensjahr, das Angelique Kerber erlebte: ein Annus horribilis des Tennissports, das nach dem bekannten Muster verläuft: Niederlagen nähren Zweifel und führen in die nächste Niederlage, und es ist kein Weg ersichtlich, der aus der Spirale führt.

Angelique Kerber will nun ein paar Wochen Urlaub machen, wie sie beim Abschied aus China erklärte. "Ich werde versuchen, in nächster Zeit nicht so viel an Tennis zu denken und dann mit Vorfreude in die Vorbereitung auf 2018 starten", sagte sie. Davor aber stehen noch die Planungen für die kommende Saison und Besprechungen mit ihrem Team und ihren Trainern an. Möglicherweise wird sie versuchen, einen radikalen Neuanfang zu finden. Vielleicht vertraut sie aber auch darauf, dass sich die Krise auf einfache Weise erledigt - und spätestens Silvester ist dann das Seuchenjahr vorbei.

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