Angel Maria Villar Llona:Warum die Festnahme für die Fifa so heikel ist

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Festgenommen: Angel Maria Villar Llona (Archivbild) (Foto: Nacho Doce/Reuters)
  • Die Ermittlungen gegen große Fußballfunktionäre weiten sich aus.
  • Spaniens Polizei setzt den Fifa-Vizepräsidenten und nationalen Verbandschef Angel Maria Villar Llona fest.
  • Es geht um Korruption und Unterschlagung.

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner

Im Korruptionssumpf des globalen Fußballs droht dem nächsten bedeutenden Funktionär eine strafrechtliche Verurteilung. Am Dienstag setzte Spaniens Polizei Angel Maria Villar Llona fest, den langjährigen Chef des Nationalverbandes RFEF. Außerdem mussten sein Sohn Gorka, Schatzmeister Juan Padron sowie zwei weitere Funktionäre hinter Gitter. Laut Innenministerium geht es um Korruption und Unterschlagung. Unter anderem soll Villar Llona Spiele der spanischen Nationalelf arrangiert haben, an denen der Filius geschäftlich profitierte.

In den vergangenen zwei Jahren sind inzwischen zirka ein Dutzend Top-Funktionäre festgesetzt worden. Die Causa Villar Llona ist für die aktuelle Fifa-Führung heikel: Der Spanier gilt als besonders dicker Fisch im trüben Fifa-Gewässer. Zudem sind er und sein in Südamerika umtriebiger Sohn Unterstützer des seit 2016 amtierenden Fifa-Präsidenten Gianni Infantino. Dennoch tat der Weltverband in einer Stellungnahme so, als berühre ihn der Vorgang nicht: Dies sei eine "interne Angelegenheit" des spanischen Verbandes.

Einer der mächtigsten Funktionäre im Weltfußball

Dabei ist Villar Llona, 67, seit einem Vierteljahrhundert Vorstandsmitglied und aktuell Vizepräsident der Fifa und des Europa-Verbandes Uefa. Überdies leitete er lange die Justiz- und die Schiedsrichter-Kommission der Fifa. Nach der Suspendierung Michel Platinis führte er 2016 die Uefa für einige Monate.

In Spanien hatte sich längst eine Protestgruppe gegen den Ewig-Funktionär gebildet, der über drei Dekaden immer seine Wiederwahl durchsetzte. Strenge Gerüchte zu Villar Llona gab es seit Langem, doch der Ex-Profi und Jurist mit guten Netzwerken in Fußball, Politik und Sportpolitik war nie wirklich zu fassen.

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Ins familiäre Muster passt Gorka Villar. Der langjährige Generalsekretär des südamerikanischen Skandal-Verbandes Conmebol, den die US-Bundespolizei FBI gerade quasi kernsaniert hat, wird in Uruguay mit Haftbefehl gesucht. Es geht um Strafdelikte wie Erpressung, Aktenvernichtung und Unterschlagung. Mitte 2016 musste Villar junior als Conmebol-General zurücktreten. Das war unvermeidlich geworden, nachdem er unter insgesamt drei Präsidenten gearbeitet hatte, die heute allesamt in Gewahrsam der US-Justiz sind.

Die aktuellen Festnahmen und Durchsuchungen ("Operation Soule") fanden nicht nur in Häusern, Büros und Firmen der Villar Llonas statt, sondern auch in der RFEF-Verbandszentrale. Über die vergangenen drei Monate ist das Duo polizeilich abgehört worden, dabei sollen sich massive Hinweise auf Korruption ergeben haben.

Das Verdachtsschema ist bestens bekannt aus den Sportsümpfen: Demnach soll Villar diverse Regionalfürsten, etwa auf Teneriffa, mit RFEF-Geldern unterstützt haben, damit diese seine Wiederwahl absichern konnten. Zudem sollen über die Firma "Sports and Advisers" von Gorka Villar Millionen geflossen sein, die aus der Ausrichtung von Testspielen stammen - zuletzt der Partie gegen Südkorea am 1. Juni.

Gorka hält zwar keine Ämter in der RFEF, hat aber laut Guardia Civil "die totale Kontrolle über fast alles, was hin- und herbewegt wird im Verband". Nach SZ-Informationen soll es zudem um die Veruntreuung von Geldern gehen, die der spanische Staat unter anderem für Erdbebenopfer auf Haiti zur Verfügung gestellt hatte; angeblich 1,8 Millionen Euro. Das erinnert an Erkenntnisse der US-Behörden, die den gleichen Verdacht bei Fifa-Skandalfunktionär Jack Warner hegen. Zudem wird geprüft, wo öffentliche Zuwendungen in Höhe von 1,2 Millionen Euro geblieben sind, die durch Spaniens Sportausschuss an vier Bildungsprojekte in Afrika und Mittelamerika hätten gehen sollen.

Hinter Villars Festnahme stecken zwei Botschaften. Die eine ist, dass die internationalen Ermittlungen zum Fußballsumpf voranschreiten. Die zweite lautet: Es zahlt sich aus für die Behörden, immer wieder Verdächtige festzusetzen. Gerade die luxusverwöhnte Funktionärselite des Sports kommt offenkundig flott ins Plaudern, wenn ein Wechsel aus der Fünf-Sterne-Suite in den Karzer stattfindet.

So stecken nach SZ-Informationen hinter den jüngsten Festnahmen Erkenntnisse, die aus Vernehmungen inhaftierter Kombattanten gewonnen wurden - sowie ein abgestimmtes Vorgehen verschiedener Strafbehörden. Bereits im Frühjahr war das FBI in Spanien, Zweck der Reise: eine diskrete Informationssammlung rund um Villar Llona.

Der Funktionär soll auch Geschäftsbeziehungen zu dem im Mai inhaftierten Sandro Rosell unterhalten, von 2010 bis 2014 Präsident des FC Barcelona; etwa über ein Nachfolgekonstrukt der berüchtigten Korruptions-Agentur ISL. Die ISL hatte einst mindestens 142 Millionen Schweizer Franken Schmiergeld an Sportfunktionäre ausgereicht. In Barcelona residiert Rosells ISL España bis heute. Aber auch in Sachen Katar, das besonders enge Geschäftsbande mit dem FC Barcelona unterhielt, gilt Rosell als zentrale Figur. Auch in diesem Bereich soll nun nach Verbindungen zum Fifa-Mann Villar Llona gesucht werden, heißt es in Justizkreisen. Das Ethikkomitee der Fifa hatte Villar sogar zu 25 000 Franken Geldstrafe verurteilt, weil er b ei der Aufklärung der umstrittenen WM-Vergaben an Russland (2018)

und Katar (2022) nicht kooperiert hatte. Villar war damals Chef der Doppel-Bewerbung Spaniens und Portugals. Er soll mit Katar eine Verabredung getroffen haben, sich Stimmpakete zu teilen. Das bestreitet er. Indes skizzierte damals der Chef der englischen Bewerbungsrivalen, Lord David Triesman, noch einen anderen angeblich krummen Deal des Spaniers: Russland sollte demnach bei der Bestechung von Referees helfen, damit Spanien 2010 in Südafrika Weltmeister werde könne - und dafür ziehe Spanien seine Bewerbung zurück und leite die in seiner Region zugesagten Voten für 2018 auf Russland um. Die Justiz hat jede Menge Gesprächsbedarf mit Villar Llona. Vermutlich war dies noch lange nicht die letzte Verhaftung war im Korruptionssumpf des Weltfußballs.

© SZ vom 19.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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