Angebliche Manipulation bei der Basketball-WM:"Wir stehen für sauberes Spiel"

Basketball World Cup 2014

Der Weltverband ermittelt: Haben die Basketballer um Dante Exum (li.) absichtlich gegen Angola (Edson Ndoniema, Yanik Moreira/re.) verloren?

(Foto: Cristobal Garcia/dpa)

Lieber nicht gegen die USA: Australiens Basketball-Nationalteam soll gegen Angola absichtlich verloren haben, um an leichtere Gegner zu kommen. Jetzt ermittelt der Weltverband - und die Australier fühlen sich in ihrer Sportlerehre gekränkt.

Von Jonas Beckenkamp

Wer Basketball verstehen will, kommt um amerikanische Begriffe nicht herum. Dunking, Rebound, Steal - die Wörter sind auch in deutschen Schulturnhallen bekannt. Jetzt schwappt eine neue Vokabel in die Szenerie, die wohl einer Erklärung bedarf: "Tanking". Ursprünglich bedeutet es "Schiffbruch erleiden" oder "baden gehen", im Basketball wurde daraus eine besondere Art des Untergangs: die absichtliche Niederlage.

Um bei der jährlichen Auswahl der besten College-Spieler ganz vorne zu sein, soll es schon NBA-Teams gegeben haben, die eine ganze Saison von vorneherein abschenkten. Weil die schlechtesten Mannschaften im folgenden Jahr als erste wählen dürfen, kann es sich lohnen, mal so richtig oft zu verlieren - um sich dann mit den besten Talenten von der Uni zu verstärken. Belegen lässt sich das schwer, aber wer in den USA schon einmal eine bedeutungslose Partie zweier Pleitetruppen gesehen hat, der weiß, worum es geht. Schöner Sport ist anders. Eher neu ist nun, dass das "Tanking" im Zusammenhang mit einer Nationalmannschaft im Gespräch ist.

Australiens Verband wehrt sich

Bei der WM in Spanien agierte die Auswahl Australiens am Donnerstag im letzten Vorrundenspiel gegen Angola arg auffällig im Larifari-Modus. Aus einer 13-Punkte-Führung zur Halbzeit wurde eine 83:91-Niederlage - und schon stand der Vorwurf im Raum, die sogenannten Boomers hätten mit Absicht auf ihre besten Kräfte verzichtet, um durch eine Niederlage in der K.o.-Runde vorerst den NBA-Größen aus den USA zu entkommen.

Falls das wirklich der Plan der Australier war, ging er zunächst auf. Als Tabellendritter trafen sie im Achtelfinale auf die Türkei, das Vergnügen mit den USA hatte Mexiko. Das Problem der Australier: Sie verloren dann 64:65 gegen die Türken und sind jetzt auf dem Heimweg, begleitet von einer Untersuchung seitens des Weltverbandes, der dem angeblichen "Tanking" nachgeht.

Sloweniens NBA-Profi Goran Dragic hatte gleich nach Australiens Pleite gegen Angola via Twitter Vorwürfe erhoben. "Für Absprachen ist kein Raum im Basketball", schrieb er und forderte, die Fiba solle sich der Sache annehmen. Dass Dragics Team am Dienstagabend im Viertelfinale gegen die USA antreten musste (anstelle Australiens) und mit 76:119 verlor, mag die Aufmerksamkeit des Slowenen geschärft haben.

"Es liegt der Verdacht nahe, dass Australien das Spiel verloren hat, um Titelverteidiger USA bis zum Halbfinale aus dem Weg zu gehen", teilte die Fiba mit: "Das Verhalten auf dem Feld hat für Enttäuschung bei Fans und Offiziellen gesorgt." Der nationale Verband Basketball Australia wurde zu einer Stellungnahme aufgefordert. Schwere Vorwürfe an eine Nation, die sich extrem über ihren Sportsgeist definiert.

Einladungen zum Dunkingfest

Trainer Andrei Lemanis, der gegen Angola in Aron Baynes und Joe Ingles seine stärksten Leute geschont hatte, betonte schon direkt nach der Partie: "Als Australier kämpfen wir immer richtig. Es wird immer Spekulationen geben, ich kann nicht kontrollieren, was Leute denken."

Diese Haltung unterstreicht sein Verband auch auf SZ-Anfrage in einer Erklärung. Darin heißt es: "Basketball Australia weist jegliche Anschuldigungen einer absichtlichen Niederlage zurück. Die ,Boomers' gingen in die Partie, um zu gewinnen. Gegenteilige Behauptungen sind spekulativ und beleidigend für unsere Mannschaft."

Für das Fehlen der wichtigsten Spieler liefern die Australier eine Begründung, gegen die eine Bestrafung schwer durchzusetzen ist. Baynes und Ingles seien angeschlagen, andere wie Chris Andersen und Matthew Dellavedova schlicht erschöpft gewesen und hätten deshalb nur wenige Minuten aufs Parkett gekonnt. Die Rochaden im Kader basierten auf "eindeutigen" Ratschlägen der medizinischen Abteilung, schließlich sei der Turniermodus mit fünf Partien in sechs Tagen sehr strapaziös.

Und ganz grundsätzlich könnten Australier so etwas wie bewusst verlieren gar nicht, so die Selbsteinschätzung des Verbandes: "Die ,Boomers' sind für ihre Hartnäckigkeit und ihren Siegeshunger bekannt. Wir stehen für sauberes Spiel und integeres Auftreten." Mit der Fiba wolle man kooperieren, auch wenn die Vorwürfe falsch seien. Dass die Australier so reagieren, war zu erwarten - es lässt sich eben kaum beweisen, dass sie willentlich am Korb vorbei warfen oder die Angolaner zum Dunkingfest einluden.

Somit ist der Weltverband am Zug, die Sache entweder zu den Akten zu legen oder detailliertere Untersuchungen einzuleiten. Auf Anfrage bestätigte die Fiba lediglich, dass der Strafenkatalog von Geldbußen bis zu Sperren verschiedene Sanktionen vorsieht. Das letzte Wort habe Verbandsboss Patrick Baumann, eine Entscheidung stehe noch aus. Wer Basketball verstehen will, kommt um das Reglement eben nicht herum.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: