Andrés Iniesta:Abschied vom bleichen Zauberer

Andrés Iniesta: Das war's: Andrés Iniesta beendet seine Karriere in Spaniens Nationalelf.

Das war's: Andrés Iniesta beendet seine Karriere in Spaniens Nationalelf.

(Foto: AFP)

Von Martin Schneider, Moskau

Der letzten Ballkontakt von Andrés Iniesta war ein Tor für Spanien - aber niemand wird sich daran erinnern. Er, die Nummer sechs, ging als erster Schütze zum Elfmeterpunkt, er übernahm Verantwortung, er schickte Torhüter Igor Akinfejew in die falsche Ecke und schoss den Ball halbhoch nach rechts. Danach zoomte die Kamera an sein immer ein wenig bleiches Gesicht, Iniesta zeigte kaum eine Regung, kurz ballte er die Faust, dann ging er langsam zurück in den Mittelkreis und sah, wie dieses 131. Länderspiel sein letztes für Spanien werden sollte.

"Ein wundervoller Zauber ist verflogen. Manchmal ist das Ende nicht so, wie man es sich erträumt hat", sagte Iniesta nach dem Aus gegen Russland. Später ging er traurig aus dem Stadion, er wird nun seine Karriere in Japan beenden, bei Vissel Kobe, dem Klub von Lukas Podolski. Seit diesem Sonntag, dem 1. Juli 2018, ist Iniesta nicht mehr Spieler des FC Barcelona oder der spanischen Nationalmannschaft. Es ist das Ende einer großen Zeit.

Der zweite Spieler verlässt die Herzkammer

Iniesta war der Torschütze im WM-Finale von 2010, er machte Spanien zum Weltmeister. Obwohl er das wichtigste Tor geschossen hat, das man im Fußball schießen kann, wird man nicht nur an diesen Moment in Johannesburg denken, wenn man an Andrés Iniesta denkt. Man wird an seine Pässe denken, von denen er Tausende in seiner Karriere spielte, jeder Pass etwas genauer, etwas schärfer, etwas feiner, als es andere können. An seine Art, den Ball auf den Weg zu schicken, durch Abwehrreihen, die eng waren, aber nicht eng genug für seine Gedanken.

Mit dem bleichen Zauberer aus Fuentealbilla geht nach Xavi Hernandez die zweite Herzkammer des spanischen Fußballs, der von 2008 bis 2012 alle Titel gewann und den Ballbesitz zur Königsphilosophie erklärte.

Iniesta war der Prinz dieses Spiels, zusammen mit Xavi das Auge des Tornados. Spanien gewann Spiele, weil der Gegner irgendwann einfach nicht mehr an den Ball kam. Die Kugel kreiselte und kreiselte - und meistens war es Iniesta, der einen Pass zu einem Schwert verwandelte, die Abwehrreihe zerschnitt und das schöne Spiel auch zu einem siegreichen machte.

Das war der große Unterschied zu der spanischen Auswahl, die er an diesem Sommerabend in Moskau verließ. Er kam spät in dieses WM-Achtelfinale, er durfte nicht von Beginn an spielen, wurde erst in der 67. Minute eingewechselt, Trainer Fernando Hierro erklärte das mit taktischen Gründen. Iniesta versuchte seine Pässe an der russischen Abwehr, 47 davon spielte er noch einmal, insgesamt passte sich Spanien 1137 Mal den Ball zu, aber es waren keine Iniesta-Pässe, es waren Querpässe ohne Ziel und oft auch ohne Sinn. Iniesta verlässt eine spanische Nationalmannschaft, die schon zu lange nicht mehr so spielt, wie sie spielte, als er das Team zum WM-Titel passte und schoss.

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