Tennis:Petkovic plant Job als Sportmoderatorin

Tennis: Bereitet sich schon auf die Karriere nach dem Tennis vor: Andrea Petkovic.

Bereitet sich schon auf die Karriere nach dem Tennis vor: Andrea Petkovic.

(Foto: AFP)
  • Bei diesen French Open ist Andrea Petkovic die einzige Deutsche in Runde drei.
  • Neben dem Tennis kümmert sie sich um weitere Standbeine.
  • Der SZ bestätigt die 31-Jährige, dass sie eventuell schon dieses Jahr ins Fernsehen als Sportmoderatorin einsteigt.

Von Gerald Kleffmann, Paris

Andrea Petkovic gab im Verlauf dieser French Open bislang zwei Pressekonferenzen, fürs Erste lässt sich festhalten, zu welchen Themen sie noch nicht befragt wurde: Urlaubspläne, Anlagetipps und wie sie Robert Habeck findet. Ansonsten wurde Petkovic um sehr viel gebeten, etwa darum, "Philosophisches" über Sandplätze zu sagen, die Größten ihres Sports zu benennen, zu schildern, wie sie Entscheidungen treffe, welchen Einfluss ein Besuch in Woodstock auf ihre literarischen Ergüsse hatte, ob Serena Williams ein Symbol für soziale Bewegungen sei und, auch dies, warum sie sich einen Knoten ins Tennishemd gemacht habe. "Ich trainiere nicht sechs Stunden am Tag und sehe blendend aus für mein Alter", sagte sie da ohne Zögern, "um dann bei einem Grand Slam wie ein Kasten auszusehen."

Petkovic, nun also auch schon 31 Jahre alt, ist immer noch unverwechselbar, ein Original auf der Tour, was gerade in Roland Garros die internationalen Reporter bestens wissen. 2014 stand die Darmstädterin dort im Halbfinale, damals parlierte sie viel über Sartre. Kam auch gut an. Ein besonders harter Kern an Petko-Jüngern, zu denen auch ein Reporter der New York Times gehört, pilgert verlässlich zu absolut jeder ihrer Interviewrunden. Ganz Amerika müsste demnach mit Artikeln zu Petkovic geflutet werden. "Die fragen mich immer, die fragen mich immer", sagte Petkovic einmal in einem Moment der Ermattung. Schon beantwortete sie die Fragen der deutschen Reporter. Die hängen auch ständig an ihr dran.

Die nach wie vor durchtrainierte Athletin ist eben seit 13 Jahren eine der prägenden deutschen Tennis-Spielerinnen. Der eine große Titel oder die eine Superleistung, mit der man sie ewig in Verbindung bringen würde wie Angelique Kerber mit ihren drei Grand-Slam-Siegen oder Sabine Lisicki mit dem Wimbledon-Finale, fehlen ihr zwar. Aber das macht nichts. Sie ist ein Gesamtkunstwerk als Persönlichkeit. Das ist ihr Vermächtnis. Wobei die aktuelle Weltranglisten-68. auch auf dem Platz ihr Können gelegentlich noch aufblitzen lässt.

Petkovic hat ihre Mitte gefunden

In Paris ist sie die einzige Deutsche in Runde drei, zuerst hatte sie die Amerikanerin Alison Riske 2:6, 6:3, 7:5 besiegt, dann Su-Wei Hsieh aus Taipeh 4:6, 6:3, 8:6. "Ich habe in den ersten Matches unter großem Druck gezeigt, als ich fünfmal mit dem Rücken gegen die Wand stand, dass ich noch ein paar Schlenkerchen in mir habe", sagte Petkovic. Mit dieser Analyse wäre zu einer zweiten Grand-Slam-Runde alles gesagt. Aber weil bei Petkovic stets tieferschürfende Narrative zu entdecken sind, machen sich alle auf die Suche danach.

Die jüngste Brüterei in Petkovic hat ergeben: Sie hat ihre Mitte gefunden wie wohl noch nie. "Ich glaube weiter an mich", ordnete sie die Spätphase ihres Schaffens ein und erklärte: "Was mir auf jeden Fall ganz viel Entspannung gibt: Das Ende naht. Gar nicht, weil ich jetzt aufhören will. Mir macht es mehr Spaß als jemals zuvor. Aber ich habe nicht mehr diesen Druck." Früher fühlte sie weniger Stress, als sie noch weit oben stand in der Weltrangliste. Sie erreichte ja alle Hauptfelder großer Turniere. Ihr erstes Hoch hatte sie 2011, als sie erstmals in den Top Ten war. Als sie abrutschte, folgte das erste Tief. "Ich war wie von Rache getrieben", schilderte sie in Paris, "wie ein Kill Bill, uuuarrhh, ich zeig's allen, uuarrhh! Das war der einzige Zweck in meinem Leben."

"Ich werde auf jeden Fall noch dieses und nächstes Jahr spielen, wenn ich gesund bleibe"

Tatsächlich erreichte sie 2015 nochmals die Top Ten, wieder war sie Neunte. Und dann? Kam Leere. Weil sie ihr Ziel erreicht hatte. Ende 2015, geplagt auch von Verletzungen, dachte sie an Rücktritt. Heute weiß sie, dass das nicht ungewöhnlich ist: "Das kommt stärker im Tennis vor, weil wir viel allein und viel weg von zu Hause sind." Sie erkannte: "Es reicht nicht, nur einen einzigen Zweck zu haben. Man muss mehr finden. Wenn eine Säule wegbricht, muss man drei, vier andere haben."

Ein paar Säulen hat sie bekanntlich gefunden. "Dieses Jahr ist es so: Wenn es nicht klappt, dann höre ich auf und habe 10 000 andere Sachen, die ich mache. Wenn's klappt, umso besser." Petkovic, die hin und wieder Texte für Zeitungen und Magazine verfasst, schreibt gerade an ihrem ersten Buch, Ende 2020 erscheint es. Und sie steigt eventuell in diesem Jahr als Sportmoderatorin ins Fernsehen ein, so ist der Plan. Beim ZDF soll sie sonntags vor der Kamera stehen. "Es ist noch nichts unterschrieben, aber ich hatte schon ein Casting, und wir sind in Gesprächen und Verhandlungen", bestätigte Petkovic der SZ. Ursprünglich sollte sie 2018 loslegen, "es passte nur nicht in mein Schedule". Ihr neuer Job soll parallel zum Tennis laufen, wenn sie Zeit hat; sie würde nicht das Karriereende vorziehen. Das Casting verlief wenig überraschend petkoesk: "Ich sollte vom Prompter ablesen, aber das lief nicht so. Irgendwann haben wir gemerkt: Ich mache es freestyle. Das klappt besser." ZDF-Sportchef Thomas Fuhrmann teilte dazu der SZ mit: "Andrea Petkovic ist ein Talent vor der Kamera. Wir sind in guten Gesprächen. Entschieden ist noch nichts."

Petkovic würde sich sehr auf diese Aufgabe freuen, aber sie machte auch klar: "Ich werde auf jeden Fall noch dieses und nächstes Jahr spielen, wenn ich gesund bleibe." Außerdem fühlt sie sich bei Trainer Dusan Vemic angekommen, auch wenn der gerade fehlt, weil er Vater wurde; ein Trainerfreund, den Petkovic auch schätzt, vertritt ihn in Paris. Das Thema sei "gegessen", sagte Petkovic, sie will bis zum Schluss nicht mehr den Coach wechseln. Am meisten behage ihr, dass sie durch Vemic eines verstand: "Dass ich auch meine serbische Seite in mir pflegen muss, das Emotionale." In der ihr eigenen Art schilderte sie, sie lasse sich nun "von Serben draußen anschreien" und kriege "die Emotionalität ins Positive gedrückt".

Das soll ihr auch in Runde drei gegen die Weltranglistenachte Ashleigh Barty helfen: "Ich weiß, dass ich da taktisch einiges machen kann." Zu gerne würde sie noch in Paris bleiben. Und weitere Fragen würde Andrea Petkovic sicher auch gern beantworten.

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