Analyse des DFB-Kaders:Planspiele auf höggschdem Niveau

Bundestrainer Joachim Löw wünscht sich für sein Team Konkurrenzkampf auf oberstem Level und auf allen Positionen - mit diesem Vorhaben ist er weiter denn je, aber noch nicht am Ende. Nach dem überzeugenden Sieg gegen Brasilien verrät ein Rundgang durch den DFB-Kader: Es gibt immer noch die ein oder andere interessante Baustelle. Und was wird eigentlich aus Oliver Neuville?

Von Christof Kneer

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Länderspiel Deutschland - Brasilien

Quelle: dpa

Bundestrainer Joachim Löw wünscht sich für sein Team Konkurrenzkampf auf oberstem Level und auf allen Positionen - mit diesem Vorhaben ist er weiter denn je, aber noch nicht am Ende. Nach dem überzeugenden Sieg gegen Brasilien verrät ein Rundgang durch den DFB-Kader: Es gibt immer noch die ein oder andere interessante Baustelle. Und was wird eigentlich aus Oliver Neuville?

Man hat am Mittwochabend tatsächlich mal an Berti Vogts denken müssen, den Nationaltrainer Aserbaidschans. Vogts hat ja zahlreiche zeitgenössische Standards geprägt, etwa jenen, wonach der Tabellenführer jederzeit den Spitzenreiter schlagen könne. Legendär wurde auch sein Plan, die Siegermentalität auch mental rüberzubringen, aber am griffigsten ist bis heute sein Bonmot von der Breite, die an der Spitze dichter geworden ist.

An diese immergrüne Weisheit musste man denken, als Joachim Löw nach dem 3:2 gegen Brasilien sagte, es sei immer sein Ziel gewesen, "dass der Kader in der Breite an Qualität gewinnt". Nach diesem "Test auf Spitzenniveau" (Löw) fehlt nicht mehr viel zur Vollendung seines Planes. Die Breite in der Spitze seines Kaders ist schon wieder dichter geworden - aber nicht überall. Ein Kader-Rundgang zum Beginn der EM-Saison.

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Analyse des DFB-Kaders:Tor

Deutschland - Brasilien

Quelle: dapd

Solange Jens Lehmann seine Karriere nicht wieder beginnt, dürfte Manuel Neuer von keinem Rivalen ernsthaft herausgefordert werden. Zwar versuchen die Boulevardblätter tapfer, Tim Wiese zu einer Kampfansage zu überreden, die so imposant ist wie seine Tattoos - am Ende geraten die Kampfansagen dann aber doch nur so imposant wie Kampfansagen von Berti Vogts. Zuletzt hatte es Wiese aber immerhin zur Nummer zwei vor dem Leverkusener René Adler geschafft, den seine bemitleidenswerte Neigung zu Verletzungen aller Art nun weiter zurückgeworfen hat.

So wird Löw vor den Partien gegen Österreich und Belgien im September entscheiden müssen, ob er (wie bei Doppelspieltagen üblich) einen dritten Torhüter hinzuzieht - und wer das sein könnte. SZ-Prognose: Jens Lehmann wird's nicht. Auch von Ü30-Keepern wie Roman Weidenfeller wird sich die DFB-Elf ihren Altersschnitt nicht zerstören lassen, weshalb Löw sich aus dem Kandidatentrio Zieler/Trapp/Baumann einen herauspicken wird. Tendenz: Zieler.

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Analyse des DFB-Kaders:Rechter Verteidiger

Länderspiel Deutschland - Brasilien

Quelle: dpa

Solange Philipp Lahm auf seiner selbst diagnostizierten Lieblingsposition spielte, war der Kader hinten rechts wenigstens halbwegs spitz. Durchs Lahms Flankenwechsel ist der Kader an dieser Stelle plötzlich weder breit noch spitz noch dicht. Fürs Brasilien-Spiel fand Löw keinen Spezialisten - Rechtsverteidiger spielte am Ende Christian Träsch, der gerade den VfB Stuttgart verlassen hat, weil er dort nicht Rechtsverteidiger spielen wollte.

Zwar gilt Träsch als Spieler, der eine Siegermentalität auch mental rüberbringen kann, aber fußballerisch kann er weder den Spitzenreiter noch den Tabellenführer schlagen. Eine seriöse Not-, aber keine einleuchtende Dauerlösung - ebenso wenig wie die gebürtigen Innenverteidiger Jerome Boateng und Benedikt Höwedes. Der beste Rechtsverteidiger in der DFB-Geschichte bleibt einstweilen: Berti Vogts.

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Analyse des DFB-Kaders:Linker Verteidiger

Germany v Brazil - International Friendly

Quelle: Bongarts/Getty Images

Nach Lahms Flankenwechsel wieder spitzer besetzt und zumindest etwas breiter als rechts. Dennis Aogo und Marcel Schmelzer wertet Löw als achtbare Back-ups. Fände er noch bessere, hätte er aber auch nichts dagegen. Marcell Jansen? Spielt ja nicht mal mehr beim HSV.

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Analyse des DFB-Kaders:Innenverteidigung

Deutschland - Brasilien

Quelle: dapd

Im Moment die spannendste Position im Kader, weil sie inzwischen durchaus breit, aber noch nicht richtig spitz ausgefüllt wird. Vorbei sind immerhin die Zeiten der aus der Not geborenen Duos Mertesacker/Metzelder bzw. Mertesacker/ Friedrich - ob sich erneut ein treues Paar findet oder Löw wechselnde Partner kombiniert, ist offen.

Holger Badstuber, Mats Hummels, Jerome Boateng und Benedikt Höwedes liegen fast gleichauf, jeder kann mit jedem, auch Mertesacker wird bald zurückerwartet. Der Trend geht zum Badstuber, weil Löw das Passspiel des Bayern schätzt. SZ-Prognose: Metzelder kommt nur zurück, wenn auch Jens Lehmann sein Comeback feiert.

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Analyse des DFB-Kaders:Defensives Mittelfeld

Deutschland - Brasilien

Quelle: dapd

Eine von Löws Luxuspositionen, auf der man den Tabellenführer und vielleicht sogar den Spitzenreiter schlagen kann. Löw ist weiterhin begeistert von der Entdeckung seines WM-Paares Schweinsteiger/Khedira, wobei Letzterer erst seinen Stammplatz bei Real Madrid verteidigen muss. "Einen Tick dahinter" sieht Löw Toni Kroos, Sven Bender und Simon Rolfes, neuerdings auch Ilkay Gündogan.

Noch ein paar Ticke (Ticks?) weiter hinten folgt Sebastian Rudy, der dann Chancen hat, wenn Löw endlich mal wieder einen Hoffenheimer berufen will. Viele Kombinationen und taktische Formationen sind möglich, nur eine nicht: die, in der Michael Ballack vorkommt. Er liegt nur noch einen Tick vor Torsten Frings und Carsten Ramelow.

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Analyse des DFB-Kaders:Offensives Mittelfeld

Germany's Schweinsteiger celebrates his goal during their friendly soccer match against Brazil in Stuttgart

Quelle: REUTERS

Löws absolute Luxusposition, auf der man jeden Tabellenführer und jeden Spitzenreiter schlagen kann. In der Dreierreihe hinter einem Solostürmer hat sich der Kader so beeindruckend entwickelt, dass Löw hier eine der breitesten Spitzen der Welt moderieren darf. Aktuell lautet das Stammtrio (noch) Müller-Özil-Podolski, aber Podolski wird inzwischen wöchentlich von neuen Herausforderern bedroht: Erst war André Schürrle drauf und dran, ihm den Stammplatz abzuknöpfen, jetzt kommt noch der famose Mario Götze hinzu. Schwer vorstellbar, dass Podolskis Wucht und Torgefahr auf Dauer reichen, um Rivalen dieser Kragenweite zu kontrollieren - zumal diese Spieler trotz ihrer Jugend schon imstande sind, eine Siegermentalität mental rüberzubringen.

Götze kann rechts wie links, Schürrle und Müller ebenfalls, Löw kann rochieren und rotieren lassen, und wenn er Lust hat, testet er Marco Reus, Kevin Großkreutz, Lewis Holtby oder Sidney Sam. Marko Marin und Piotr Trochowski? Kann Löw natürlich jederzeit zurückholen. Nur: Warum sollte er das tun?

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Analyse des DFB-Kaders:Angriff

Deutschland - Brasilien

Quelle: dapd

Mario Gomez oder Miroslav Klose, Miroslav Klose oder Mario Gomez - wegen des hohen Aufkommens an begabten Offensivspielern (vgl. Götze, Schürrle etc.) wird weiterhin nur Platz für eine Spitze sein, so dass niemand jemals wissen wird, ob Klose und Gomez gemeinsam harmonieren würden.

Und solange Oliver Neuville nicht wieder anfängt, bleibt Cacau der ideale Kaderauffüller, weshalb die Lage in der Sturmmitte einstweilen kurios bleibt: Sie ist spitz besetzt, aber nicht breit. Zumindest in Stuttgart, gegen Brasilien.

© SZ vom 11.08.2011/jbe
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