Jeff Bezos will NFL-Franchise kaufen:Sie mag Football wirklich

Jeff Bezos will NFL-Franchise kaufen: Starkes Interesse am Football: Online-Unternehmer Jeff Bezos.

Starkes Interesse am Football: Online-Unternehmer Jeff Bezos.

(Foto: Eric Baradat/AFP)

Die Washington Commanders stehen zum Verkauf, auch wegen der Skandale des aktuellen Eigentümers. Jeff Bezos scheint Interesse zu haben, den Football-Klub gemeinsam mit Musik-Mogul Jay-Z zu übernehmen.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Es war Lauren Sanchez dann doch ein großes Bedürfnis, zwei Mal sogar, den Leuten mitzuteilen, wie sehr sie diese Sportart liebe.

"Ich mag Football - ich will das nur gesagt haben, damit es jeder weiß", sagte die Partnerin von Jeff Bezos kürzlich bei einem Interview mit dem TV-Sender CNN. Der Milliardär hatte gesagt, dass er die Gerüchte sehr wohl kenne, denen zufolge er eine NFL-Franchise kaufen wolle. Er könne aber nicht viel dazu sagen - außer, dass er im US-Bundesstaat Texas aufgewachsen sei und als Kind Football gespielt habe. Eine Verbindung sei also gegeben, und er habe für den Streamingdienst Prime Video ja die Donnerstagsspiele der US-Footballliga als Alleinstellungsmerkmal gekauft, für eine Milliarde Dollar pro Saison bis 2032. Man müsse nun abwarten und sehen, sagte Bezos; da ergänzte Sanchez: "Noch mal: Ich mag Football wirklich." Beide lachen.

Im Football geht es nicht um Bewertung - sondern um Angebot und Nachfrage

Man muss kein Experte für Zwischenmenschliches sein, um zu verstehen: Die Frage ist nicht, ob Jeff Bezos eine Football-Franchise kaufen wird, sondern nur noch: welche und wann. Und: für wie viele Milliarden Dollar.

Die am nächsten liegende Lösung, weil sich auch der Firmensitz von Amazon dort befindet: Seattle Seahawks. Deren Eigentümer, Microsoft-Mitgründer Paul Allen, ist 2018 verstorben; er hat in seinem Testament festgelegt, dass die Franchise verkauft werden solle - derzeit wird sie über einen Treuhand-Fonds von seiner Schwester Jody verwaltet. Kürzlich sagte Indianapolis-Colts-Besitzer Jim Irsay: "2024 dürfte es zum Verkauf kommen, und ich glaube, dass alles unter acht Milliarden Dollar ein Schnäppchen wäre."

Diese Aussage ist interessant, weil sie ein paar Dinge über die NFL offenlegt: Die Footballliga ist kein Verband, sondern ein Zusammenschluss der Eigentümer, und die bestimmen letztlich darüber, wer in diesen erlesenen Kreis aufgenommen wird - derzeit sind es nur 32 Teams, trotz aller Expansionspläne nach Europa dürfte es bis Ende des aktuellen Tarifvertrags im Jahr 2030 keine neue Franchise geben. Das Angebot ist also limitiert, und natürlich wollen die aktuellen Besitzer, dass ihre Teams so wertvoll wie möglich sind. Sie wehren sich ein bisschen gegen die ihrer Meinung nach zu geringen Bewertungen wie die von Forbes. Dieses hatte etwa die Denver Broncos vergangenen Herbst mit 3,75 Milliarden Dollar bewertet - im Juni kaufte eine Investorengruppe die Broncos, angeführt von Walmart-Erbe Rob Walton, für 4,65 Milliarden Dollar. 900 Millionen mehr also.

Dem aktuellen Eigentümer wird unter anderem mehrmalige sexuelle Belästigung vorgeworfen

Es geht dann eben bei solchen Deals nicht um Forbes-Zahlen, sondern um Angebot und Nachfrage, und genau deshalb will Bezos derzeit nichts sagen - jede Aussage, die nach Interesse klingt, treibt den Preis nach oben. Er ist aber auch deshalb so verschwiegen, weil es da ja noch eine andere Lösung gibt, und auch die hat sehr viel mit Angebot und Nachfrage zu tun: Das Team in Washington, das erst seit dieser Saison Commanders heißt, steht ebenfalls zum Verkauf.

Man kann ein Buch füllen mit den Skandalen, die der aktuelle Eigentümer Dan Snyder angehäuft hat, deshalb nur im Schnelldurchlauf: Vorwürfe der sexuellen Belästigung, mehr als 40 einstige Angestellte haben sich mittlerweile gemeldet. Snyder soll ein feindliches Arbeitsklima geschaffen haben - inklusive Feindesliste. Vorwürfe von Rassismus, weil sich Snyder jahrelang dagegen gewehrt hatte, den Spitznamen des Vereins zu ändern. Er ist bislang mit Geldstrafen davongekommen, was für die NFL-Eigentümer oftmals noch nicht einmal ein blaues Auge ist. Bei den Sexismusvorwürfen belegte die NFL den Verein mit einer Zehn-Millionen-Dollar-Strafe; Snyder musste nur die Leitung des Tagesgeschäfts abgeben - an Ehefrau Tanya.

Fällige Kredite, veraltetes Stadion - die Commanders wünschen sich einen klaren Schnitt

Aber: Es gibt offenbar auch finanzielle Ungereimtheiten bei den Commanders, Kredite werden bald fällig, ein Deal für ein neues Stadion steht immer noch aus. Das aktuelle ist 25 Jahre alt und gehört zu den schäbigsten in den USA. Das sind Details, bei denen sie aktiv werden in der NFL. "Es geht immer um die Zahl unterm Strich. Es bewegt sich erst was, wenn der Wert der anderen Teams gefährdet ist - wegen des Stadions oder finanzieller Probleme", sagt Lisa Banks, Anwältin der mutmaßlichen Opfer von Snyder, die möglicherweise eine Klage gegen die Liga anstrengen wollen, weil die nicht ordentlich vorgegangen sei bei den Vorwürfen und Snyder womöglich sogar Namen für seine Feindesliste geliefert haben könnte.

Jeff Bezos will NFL-Franchise kaufen: Abgehoben: Commanders-Tight-End Logan Thomas (Mitte) wird von Giants-Linebacker Micah McFadden getackled. Die Partie am Montag endete 20:20.

Abgehoben: Commanders-Tight-End Logan Thomas (Mitte) wird von Giants-Linebacker Micah McFadden getackled. Die Partie am Montag endete 20:20.

(Foto: Vincent Carchietta/USA Today Network/Imago)

Die Snyders haben mittlerweile eine Bank damit beauftragt, sämtliche Optionen auszuloten. Es heißt, dass sie derzeit Investoren suchen, selbst aber Mehrheitseigner bleiben wollen. Nur: Wer würde das angesichts der Skandale tun - zumal wegen der finanziellen Fragen auch juristische Probleme entstehen könnten? Die meisten Eigentümer, so ist zu hören, wünschen sich einen klaren Schnitt, einen Komplettverkauf, und das führt zu Bezos. Der hat sich kürzlich mit Musik-Mogul Jay-Z in Los Angeles getroffen, das Thema beim Abendessen soll gewesen sein: Sollen wir die Commanders vielleicht gemeinsam übernehmen?

Die große Frage scheint deshalb zu sein: Für wie viel? Forbes hatte die Commanders im Sommer, zum Zeitpunkt des Verkaufs der Broncos, mit 5,6 Milliarden Dollar bewertet. Ja, Snyder muss wohl verkaufen, aber Bezos und Jay-Z wären nicht die einzigen Interessenten. Die Geschäftsleute Mat Ishbia und Byron Allen wollten schon die Broncos kaufen, ebenfalls im Gespräch: Clearlake-Capital-Gründer Behdad Eghbali und José Feliciano, die schon für Minderheitsanteile geboten hatten. Zudem Josh Harris, dem die Basketball-Franchise Philadelphia 76ers und der Eishockeyverein New Jersey Devils gehören.

Die Nachfrage ist also da, und es könnte durchaus sein, dass Lauren Sanchez mit ihrer offen zur Schau gestellten Liebe für Football den Preis auf mehr als acht Milliarden Dollar getrieben hat. Das aktuelle Vermögen von Jeff Bezos beträgt: 117,5 Milliarden Dollar. Und der Sitz von Amazons H2Q, der zweiten Firmenzentrale des Konzerns, befindet sich in: Washington.

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