American Football: Randy Moss:Die launischste aller Diven

Er stellt sich bei Interviews die Fragen selbst, lästert über das Essen in der Umkleidekabine und hält Fans schon mal den Hintern hin: Randy Moss pflegt sein Image als böser Bube der NFL.

Jürgen Schmieder

Am Dienstag erschien Randy Moss zu früh zum Training der Tennessee Titans. Ja, wirklich: Randy Moss! Zu früh! Diese Meldung war offenbar derart überraschend, dass die National Football League (NFL) auf ihrer Homepage daraus eine Schlagzeile machte. Der Wide Receiver kam zu seinem ersten Training bei seinem neuen Verein nicht nur pünktlich, sondern gar zu früh.

NEW ENGLAND PATRIOTS V NEW YORK GIANTS

Randy Moss: sein Talent wird nur von seinem Ego übertroffen.

(Foto: AFP)

Passempfänger gelten im American Football ohnehin als Diven, sie sind die filigranen Feinmotoriker unter all den Kolossen, die da auf dem Spielfeld stehen. Und dieses Image wissen die meisten von ihnen zu pflegen. Als Terrell Owens einmal einen Touchdown erzielte, da zückte er aus seinem Schuh einen Filzstift, signierte den Ball und übergab ihn einem Fan. Randy Moss sticht mit seiner Divenhaftigkeit selbst aus diesem erlesenen Kreis noch heraus. Seinem Trainer bei den New England Patriots, Bill Bellichick, erklärte er einmal: "Ich bin zu alt, um mittwochs und donnerstags zu trainieren. Aber ich bin jung genug, um sonntags spielen."

Zu Beginn der laufenden Saison war Moss noch bei den Patriots unter Vertrag. Nach dem zweiten Spieltag gab er zu Protokoll, dass er sich "nicht mehr gewollt fühle". Zwei Wochen später wurde er zu den Minnesota Vikings transferiert, jenem Verein, bei dem seine Karriere vor zwölf Jahren begonnen hatte. Er blieb gerade einmal vier Wochen in Minnesota und sorgte während dieser Zeit für mehr Skandale als andere Spieler während ihrer gesamten Karriere.

Erst verweigerte er Reportern die in der NFL obligaten Interviews. Als er deshalb 25.000 Dollar Strafe zahlen musste, gab er an: "Künftig stelle ich mir bei Interviews selbst die Fragen und beantworte sie. Fertig. Aus." Die erste Frage, die er sich selbst stellte, drehte sich darum, ob er sich in Minnesota wohl fühlen würde. Die Antwort: "In New England fühlte ich mich mehr geliebt."

Nach dem Spiel der Vikings bei den Patriots umarmte er fast jeden Spieler seiner früheren Mannschaft und gab danach an, wie sehr er seine alten Kumpels und den alten Trainer vermissen würde. Als er eine Woche später bei einer Teambesprechung in der Umkleidekabine das servierte Essen als "Drecksfraß" bezeichnete, dass er "nicht einmal meinem Hund vorsetzen" würde, sahen sich die Vikings genötigt, Moss zu entlassen.

Nun heuerte er bei den Tennessee Titans an, am Sonntag wird er sein erstes Spiel machen - und damit das dritte Trikot innerhalb weniger Wochen überstreifen. "Ich habe breite Schultern", sagte Moss nach seinem ersten Training - er hatte den Reportern wieder gestattet, ihm Fragen zu stellen. "Ich bin nicht hier, um Ärger zu machen."

Dass Moss trotz seiner Allüren immer wieder einen Verein findet, liegt daran, dass sein gewaltiges Ego nur durch sein unfassliches Talent übertroffen wird. "Er ist einer der besten Wide Receiver aller Zeiten", sagt sein neuer Trainer Jeff Fisher. "Aber er ist nun in einem Alter, in dem Talent allein nicht mehr reicht. Er wird hart arbeiten müssen." Moss hält zahlreiche Rekorde in der NFL - darunter auch einen, auf den die Titans am Sonntag vertrauen werden. Beim ersten Spiel für einen neuen Verein erzielte Moss jeweils mindestens einen Touchdown und schaffte durchschnittlich 122 Yards Raumgewinn. "Damit wäre ich zufrieden", sagt Fisher, der Moss für das Spiel bei den Miami Dolphins als Stammspieler eingeplant hat.

Noch wichtiger wäre Fisher, dem dienstältesten Trainer der NFL, allerdings der Gewinn der Super Bowl. Die Titans haben fünf der ersten acht Saisonspiele gewonnen und damit gute Chancen auf das Erreichen der Playoffs. "Randy Moss hat noch keinen Titel gewonnen, ich habe noch keinen Titel gewonnen", sagt Fisher. "Also haben wir etwas, wofür wir arbeiten." Und weswegen man auch mal zu früh zum Training erscheinen kann.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: