Süddeutsche Zeitung

American Football:Mahomes ist die Zukunft

Lesezeit: 3 min

Sechs Spiele, fünf Siege: Die Kansas City Chiefs und ihr Quarterback Patrick Mahomes überraschen die NFL zum Ligastart. Die Experten vergleichen den jungen Rekordmann nun schon mit dem stärksten Spielmacher der Liga.

Von Fabian Dilger

Sport ist manchmal Glücksspiel, mit allen Möglichkeiten zwischen Verlust und Gewinn. Wie ein Zocker, der eine riskante Wette gerade gewonnen hat, so dürfte sich daher der Manager der Kansas City Chiefs, Brett Veach, derzeit fühlen. Veach hat seine Spieljetons vor der Saison auf den jungen Quarterback Patrick Mahomes, 23, gesetzt. Er vertraute darauf, dass Mahomes der neue langfristige Spielmacher bei den Chiefs werden würde.

Eigentlich sollte Mahomes ja noch ein wenig von seinem Vorgänger Alex Smith lernen. Doch Veach und die Chiefs entschieden: Mahomes ist die Zukunft, Alex Smith wird transferiert. Ein riskantes Spiel, eine Wette, die den Chiefs leicht auf die Füße hätte fallen können. Denn Alex Smith war ein guter Starter als Quarterback, ein Veteran, auf den man sich verlassen kann. Patrick Mahomes dagegen hatte gerade mal ein NFL-Spiel absolviert.

Kansas investierte viel Vertrauen in Mahomes

Mahomes hat jedoch in dieser Saison eingeschlagen wie einer seiner Raketen-Pässe. Reihenweise nimmt der junge Quarterback gegnerische Teams mit spektakulären Pässen auseinander, er produziert Punkte und holt sich Rekorde. "Die Chiefs haben gerade das coolste Ding, das man im Sport haben kann", heißt es im Lokalradio, "das Ding" ist Mahomes. Die ersten fünf Spiele der Saison gewannen die Chiefs mit unglaublicher Offensivpower, in den ersten drei Partien warf Mahomes 13 Touchdowns in die gegnerische Endzone, das ist nur einer der Rekorde, die die US-Medien mittlerweile alle hervorholen, wenn es um Mahomes geht, dessen Spitzname zu seiner Spielweise passt: "Showtime".

"Es gibt immer noch Platz für ganz viel Verbesserung", sagt Mahomes dazu. Das Unterstatement muss man nicht so ernst nehmen - das ist typisch amerikanischer Sportler-Sprech. Die Chiefs-Fans sind da schon enthusiastischer: "Patrick Mahomes gehört uns", sagen sie mit einem Besitzerstolz, als ob sie allesamt einen neuen, schnellen Porsche erworben hätten.

Schon von Beginn an investierte Kansas City einiges an Vertrauen in das Projekt Mahomes. Als die Chiefs Mahomes 2017 bei der jährlichen Talentziehung an zehnter Stelle auswählten, mussten sie dafür bezahlen: Um einige Plätze in der Ziehung nach oben zu klettern, gaben sie künftige Auswahlrechte auf. Die Chiefs waren überzeugt vom Talent des Texaners. "Er kann Dinge tun, die ich davor noch nie auf Video gesehen habe", gab Veach als Grund an.

Die körperlichen Voraussetzungen hatte Mahomes schon immer: 1,91 Meter groß ist er, das ist in der NFL wichtig, um über die Verteidiger werfen zu können. Er ist zudem flink, so dass er den Gegnern auch zu Fuß entwischen und Raum erlaufen kann. Ahnung vom Profi-Sport hat er auch, sein Vater war Baseballer. Und wahrscheinlich das Wichtigste: Er hat sich seinen Arm mit Kraft aufgepumpt, so kann er mehr als 60 Meter werfen.

Einige Experten sehen die Chiefs und Mahomes schon als Finalist im Super Bowl

Die Physis ist im American Football nützlich, für einen Quarterback ist das Spielverständnis noch wichtiger. Der Cheftrainer der Chiefs, Andy Reid, gilt als einer der besten Quarterback-Entwickler. Man sieht, dass er Mahomes schon einiges beigebracht hat. Mahomes liest die gegnerischen Verteidigungen bereits sehr gut, er kann Schwachpunkte erkennen und weiß, wann er den Ball loswerden muss. Reid gibt seinem Spielmacher aber noch mehr Hilfe an die Hand: Die Offensive der Chiefs ist zurzeit eine der am besten konzipierten in der NFL - und eine, die den Quarterback gut unterstützt. Verwirrung für die Gegner und einfache Entscheidungshilfen für den eigenen Quarterback, so lässt Reid spielen. Bevor der Spielzug losgeht, bewegen sich bei Kansas oftmals Spieler, außerdem werden Laufspielzüge angetäuscht, das macht es für die Gegner schwerer.

Einige Experten sehen die Chiefs und Mahomes nach einem Drittel der Saison schon als Finalist im Super Bowl, dem Endspiel der NFL. Dagegen spricht bisher vor allem ein Fakt: Die Defensive der Chiefs ist eine der schlechtesten der Liga. Bisher wurde das von der Offensive kompensiert. In wilden Spielen erzielten die Chiefs anfangs einfach mehr Punkte als der Gegner. Am sechsten Spieltag verloren die Chiefs dann ihr erstes Spiel. Gegen die New England Patriots und Tom Brady, die die Liga 15 Jahre lang dominiert haben, gab es ein 40 zu 43. Brady "Ich habe eine Menge Higlights gesehen. Er hat offensichtlich großartige Fähigkeiten", sagte Brady danach über Mahomes.

Manager Veach hat jetzt die Aufgabe, noch eine wettbewerbsfähige Defensive aufzustellen. Dabei hat er einen Vorteil, er hat mehr Geld als andere Teams zur Verfügung: Weil Mahomes erst seit kurzem Profi ist, hat er noch einen Einsteiger-Vertrag. Er verdient nicht so viel wie andere gute, ältere Quarterbacks. Deswegen kann Kansas City versuchen, freie Spieler mit hohen Gehältern anzulocken, um so die Defensive personell aufzumöbeln. Die New York Times verglich Mahomes übrigens schon mit dem 41-Jährigen Brady. "Im Moment hat Brady die Oberhand" titelte die Times. Der Nachsatz: "Stand jetzt."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4178320
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 21.10.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.