American Football: Brett Favre:Er will doch nur Rache

Einer der besten Spieler aller Zeiten feiert im Alter von 39 Jahren ein zweites Comeback. Brett Favres Rückkehr hat jedoch nichts mit Sport oder Geld zu tun - es geht um Genugtuung.

Jürgen Schmieder

Die Sportfans in Minneapolis haben lange gewartet. Die Stadt beheimatet in jeder der vier großen Sportarten Football, Basketball, Baseball und Eishockey einen Verein und ist dennoch seit der Meisterschaft des Baseball-Teams Twins im Jahr 1991 ohne Titelgewinn - das ist die längste Durststrecke aller amerikanischer Großstädte. Die Fans sehnen sich nach einem Sportler, der die Hoffnung auf ein Endspiel nährt oder sogar schon eines gewonnen hat. Wohl deshalb wurde die Ankunft eines grauhaarigen Mannes mit lädierter Schulter gefeiert, als könnte die Football-Mannschaft der Vikings bereits jetzt die Tickets zur Super Bowl im kommenden Februar buchen.

American Football: Brett Favre

Brett Favre im Trikot der Minnesota Vikings.

(Foto: Foto: rtr)

Der grauhaarige Mann mit lädierter Schulter ist Brett Favre, einer der besten Spielmacher aller Zeiten, er unterschrieb einen Vertrag, der ihm in den kommenden beiden Spielzeiten 25 Millionen Dollar garantiert - und das, obwohl Favre wie schon nach der vorletzten Saison Anfang des Jahres seine Karriere beendet hatte. "Ich bin nicht mehr der Allerbeste", sagte Favre bei der Vorstellung. "Mein Kopf sagt mir, dass ich es noch kann. Aber ich weiß nicht, ob mein Körper noch mitspielt."

Vor zwölf Jahren wurde er letztmals zum wertvollsten Spieler der Liga gewählt, ebenfalls vor zwölf Jahren holte er mit den Green Bay Packers den Titel. Immerhin: Das ist nicht so lange her wie die letzte Meisterschaft eines Vereins aus Minneapolis. Im Oktober wird Favre 40 Jahre alt, er ist langsam geworden, mühsam tapst er mittlerweile über das Spielfeld, im Mai musste er sich am Wurfarm operieren lassen. "Ich weiß, dass viele Dinge nicht mehr möglich sind, aber manche Sachen funktionieren noch", sagt Favre. Er könne keine langen Pässe mehr werfen oder gegnerischen Verteidigern leichtfüßig ausweichen, aber er könne ein Spiel lesen und eine Mannschaft führen.

Genau das fehlt den Vikings: ein Haudegen, der den jungen Kollegen zeigt, wie sie Spiele und Titel gewinnen können. Die anderen beiden Quarterbacks der Vikings, Sage Rosenfeld und Tarvaris Jackson, fielen bisher eher durch ihre Unbeständigkeit und Nervenschwäche auf. "Keine Frage, Brett Favre macht diese Mannschaft besser", sagt Teamkollege Vishante Shiancoe. Beim Vorbereitungsspiel gegen Kansas City (17:13) stand er zwar nur einige Minuten auf dem Feld und brachte nur einen von vier Pässen zum Mitspieler. Aber er sprach viel mit seinen Kollegen und umarmte sie gelegentlich. "Er ist der Chef", sagte Shiancoe.

Ums Geld geht es Favre nicht bei seinem zweiten Comeback, davon hat er genug verdient in seinen 18 Profijahren. Auch sportlich hat der Quarterback bereits alles erreicht: Er gewann 1997 die Super Bowl, wurde in drei Spielzeiten zum wertvollsten Spieler gewählt und hält zahlreiche bedeutende Rekorde. Vielmehr geht es Favre um Genugtuung.

Vor zwei Jahren schied er im Unfrieden von den Green Bay Packers - jenem Verein, für den er 16 Jahre lang spielte und den er aus der Mittelmäßigkeit zur Meisterschaft führte. Die Bedingungen der Packers für einen Vereinswechsel damals: Es durfte kein Team aus der eigenen Division und kein Gegner in der bevorstehenden regulären Saison sein. Favre ging zu den New York Jets und verkündete nach nur einer Spielzeit seinen Rücktritt. "Es ist Zeit, an etwas Neues zu denken", sagte er damals.

Nun kehrt er erneut zurück - ausgerechnet zu den Vikings. Die spielen in der gleichen Division wie die Packers, die beiden Vereine treffen am vierten und am achten Spieltag aufeinander. Und plötzlich wird klar: Favres erneute Rückkehr ist kein Comeback. Es ist die Vollendung der Rache gegen seinen alten Verein.

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