Süddeutsche Zeitung

Amateurfußball:Quotient gewinnt

Direkte Auf- und Absteiger, keine Relegation: Nach diesem Prozedere, für das sich in einer Umfrage eine klare Mehrheit der bayerischen Fußballklubs ausgesprochen hat, beschließt der Verband den Saisonabbruch. Selbstverständlich gibt es Härtefälle.

Von Christoph Leischwitz

Das Votum war eindeutig, und das dürfte die Verantwortlichen beim Bayerischen Fußball-Verband (BFV) durchaus beruhigen: Eine klare Mehrheit der bayerischen Vereine hat sich in einer Umfrage für die Beibehaltung des ursprünglichen Plans ausgesprochen, wie im Falle des Saisonabbruchs zu verfahren sei. Der Plan besagte, dass es Auf- und Absteiger gibt, die Relegation aber ersatzlos gestrichen wird.

Mehr als 71 Prozent der teilnehmenden Klubs sprachen sich in den vergangenen Tagen für dieses Modell aus, knapp 29 Prozent hätten die Alternative bevorzugt, dass auf Abstiege verzichtet wird und Aufstiegsreleganten direkt aufsteigen. Die Wahlbeteiligung lag bei 80 Prozent. Am Dienstagabend hat der BFV-Vorstand das Ergebnis noch einmal diskutiert - und die Saison 2019-2021 dann so abgebrochen, wie es der klaren Mehrheitsmeinung entsprach. Heißt: Die inzwischen in Paragraph 93 verankerte Quotientenregel wird nun flächendeckend und für alle bayerischen Amateurspielklassen angewandt. Nicht mehr der abschließende Tabellenplatz entscheidet also über Auf- und Abstiege, sondern der Punkteschnitt nach den tatsächlich absolvierten Partien eines Teams.

Diese Quotientenregel bringt einige Härtefälle mit. So hat zum Beispiel der Tabellenletzte der Regionalliga Bayern, der VfR Garching, deutlich weniger Spiele ausgetragen als etwa der vor ihm rangierende TSV 1860 Rosenheim. "Das Ergebnis war ja so zu erwarten", sagt der Vorsitzende Uwe Cygan enttäuscht. Für die "breite Masse" der Vereine sei es egal, ob der Letzte absteigt oder nicht. Seit die Quotientenregelung besprochen wurde, hatte sich Garching immer wieder rechtliche Schritte vorbehalten und gesagt, zur Not werde man sich überlegen, auf den Regionalliga-Verbleib zu klagen. So früh nach der Entscheidung wollte sich Cygan nun aber nicht festlegen - man werde dazu noch Gespräche führen. Sein Verein habe ohnehin schon die ganze Zeit zweigleisig geplant. Sollte sich der VfR tatsächlich noch für einen juristischen Angriff auf die Quotientenregel entscheiden, kann sich der Verband nun zumindest auf die klaren Mehrheitsverhältnisse im bayerischen Fußball berufen.

Der FC Deisenhofen hatte schon Vorbereitungen für die Regionalliga-Lizenz getroffen. "Krone richten und weitermachen", sagt nun Manager Perneker

Zahlreiche weitere Absteiger dürften einzelnen Spielabsagen nachtrauern. Wie zum Beispiel der ASV Rimpar in der Landesliga Nordost: Als Tabellenletzter hat er ein Spiel weniger ausgetragen als ein Großteil der Konkurrenz - und mit drei Punkten mehr wäre er in der Tabelle um fünf Plätze gestiegen und hätte auch einen besseren Quotienten. Aber auch viele Spitzenteams sind nun düpiert: In der Landesliga Südost war Eintracht Karlsfeld Erster, in der Quotienten-Tabelle ist er nur Dritter. Hart trifft es auch den FC Deisenhofen. "Wir werden uns ein paar Tage richtig ärgern", sagt Manager Franz Perneker. Der Zweite der Bayernliga Süd hatte schon viele Maßnahmen für eine Regionalliga-Lizenz in die Wege geleitet, auch bauliche - im Erfolgsfall wäre sonst alles viel zu kurzfristig aufgelaufen. Doch Perneker sagt nun auch: "Krone richten und weitermachen." Es ist ein schwacher Trost, dass jetzt zumindest Planungssicherheit herrscht, doch Perneker hört sich tatsächlich so an, als ob das ein Trost wäre. Es gelte jetzt vor allem, nach vorne zu schauen. Wichtig sei, dass Kinder und Jugendliche bald wieder ein geregeltes Vereinsleben erführen und dass die kommende Saison für alle Mannschaften reibungslos verlaufe.

Ähnlich sieht man das auch beim Tabellenzweiten der Bayernliga Nord. "Die Enttäuschung ist groß, das ist klar", sagt der sportliche Leiter Roland Dachauer von der DJK Vilzing. Jetzt sei es besonders wichtig, dass der Verband sich nicht mehr nur "Leitplanken" von der Politik vorgeben lasse, sondern sich für einen Spielbetrieb einsetze, bei dem die Frage nach dem Mannschaftstraining und jene, ob Zuschauer zu den Spielen kommen dürften, unabhängig von regionalen Inzidenzwerten beurteilt werde. Sonst drohe eine weitere Saison mit vielen Unterbrechungen - und neuer Frust.

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