Amateurfußball:Anpfiff zur juristischen Nachspielzeit

Fußball, Regionalliga Bayern, TG München - VfR Garching Im Bild Joey BRENNER (VfR Garching, 24) reklamiert. Heimstetten

Die Beschwerde des VfR Garching, hier Torwart Joey Brenner, hat der Verband bereits zurückgewiesen.

(Foto: Markus Fischer/imago)

Eine Münchner Anwaltskanzlei vertritt mehrere Vereine, die sich gegen ihren Abstieg nach dem Saisonabbruch zur Wehr setzen wollen.

Von Christoph Leischwitz

Vor zwei Wochen erst ist die ohnehin schon auf zwei Spielzeiten gestreckte Fußballsaison der Amateure endgültig abgebrochen und für beendet erklärt worden. Inzwischen aber sieht es so aus, als wäre sie auch damit noch nicht wirklich vorbei - weil ihr eine juristische Nachspielzeit folgen könnte. In München hat eine Anwaltskanzlei die Beschwerden mehrerer Fußballvereine gesammelt und in deren Namen einen Antrag an den Bayerischen Fußball-Verband (BFV) gestellt. Darin geht es um den Protest gegen die nun gültigen Regelungen zu Auf- und Abstiegen, deren Grundlage die Verfasser offenbar für rechtswidrig halten.

Bei den beteiligten Vereinen handelt es sich allesamt um solche, deren Mannschaften nun absteigen müssten. Insgesamt sind es 18 Klubs aus unterschiedlichen Ligen und Regionen Bayerns, von der Bayernliga bis hinab zur A-Klasse, darunter beispielsweise der unterfränkische Landesligist ASV Rimpar oder der oberbayerische Kreisligist FC Grüne Heide Ismaning. Seit der Antragstellung seien allerdings weitere Interessenten hinzugekommen, heißt es.

Der Verband hatte vor seiner endgültigen Entscheidung eine neuerliche Umfrage unter allen Vereinen durchgeführt, in der auch ein Alternativmodell ganz ohne Absteiger zur Debatte stand, das allerdings nur wenige Befürworter fand. Diese Rückmeldungen ergäben zwar ein "Meinungsbild der zahlreichen Vereine, aber ob das rechtliche Verbindlichkeit hat, ist doch sehr fraglich", argumentieren nun die Anwälte David Menz und Maximilian Wegge von der Kanzlei Martens. "Letztendlich geht es um den Beschluss des Vorstands vom 18. Mai, wonach die Saison für die Amateurligen abgebrochen werden soll." Angewandt wird hierbei der Paragraph 93 der Spielordnung. Dieser war im August 2020 verabschiedet worden für den Fall, dass die im Sommer 2019 gestartete Saison wegen der Pandemie selbst im Frühjahr 2021 nicht mehr beendet werden könnte, was damals allerdings als eher unwahrscheinliches Szenario galt. Nun jedenfalls gilt die Regelung, dass es keine Relegation gibt, die direkten Auf- und Abstiegsplätze allerdings zu Auf- und Abstiegen führen, wobei aber nicht der jeweils letzte Tabellenstand über diese Platzierungen entscheidet, sondern eine Quotientenregel, die die Punkte jeder Mannschaft in Relation zur Zahl der jeweils ausgetragenen Spiele setzt.

Im Falle einer Ablehnung des Antrags beim Verband werden die Vereine vermutlich ein ordentliches Gericht anrufen

Die Kanzlei, die sich nun der Vereine annimmt, hatte vorab zu diesem Paragraphen auch schon ein Webinar veranstaltet. "Wir erwarten, dass sie unserem Antrag entsprechen. Wenn ja, wäre der BFV am Zug und müsste sich neu überlegen, was er mit der Saison macht", heißt es nun aus der Kanzlei. Gut möglich aber, dass die hauseigenen Verbandssportgerichte den Antrag ablehnen. Der Zusammenschluss an sich und die Tatsache, dass die Vereine auch ihre öffentlichen Stellungnahmen derzeit nur über die Kanzlei laufen lassen, lässt darauf schließen, dass es im Falle einer Ablehnung des Antrags weitergeht; dass dann also ein ordentliches Gericht angerufen wird. Zumindest in der Kanzlei hält man es für möglich, dass ein solcher Rechtsstreit bis zum Start der kommenden Saison beendet wäre. Aktuell geht der BFV davon aus, dass die Amateure planmäßig am dritten und vierten Juli-Wochenende starten können. Sollte der BFV dem Antrag wider Erwarten doch zustimmen, dürfte sich eine Lösung sogar noch länger hinziehen, beziehungsweise dann könnten erneute Klagen von anderer Seite zu erwarten sein. Denn das bunte Meinungsbild bei den Vereinen reicht weiterhin von einer Annullierung der Saison 2019/21 über eine Regelung mit Relegationsspielen bis hin zu einem komplett neuen Spielmodus, weil viele Ligen ohne Ab-, dafür aber mit mehreren Aufsteigern ja deutlich größer geworden wären.

Wenn gut 20 Absteiger gegen ihren Abstieg vorgehen wollen, klingt das nach nicht allzu vielen, angesichts der Tatsache, dass der Verband Anfang Mai 3695 Vereine zum weiteren Vorgehen befragt hatte; dabei hatten sich, bei einer Wahlbeteiligung von mehr als 80 Prozent, 71 Prozent für den Saisonabbruch mit Absteigern und ohne Relegationsspiele ausgesprochen. Allerdings scheinen jetzt noch mehr Vereine auf den Protestzug aufzuspringen. Über diese hinaus gibt es laut BFV auch "rund zwei Dutzend Beschwerden" von anderen Klubs, darunter zum Beispiel vom Regionalliga-Absteiger VfR Garching. Dessen Antrag ist aber in der vergangenen Woche bereits abgelehnt worden. Überdies gibt es Mannschaften, die nicht gegen den Abstieg, sondern gegen ihren verhinderten Aufstieg vorgehen wollen. Sie müssten gegebenenfalls andere juristische Argumente vorbringen. Klar ist: Es dürfte den BFV-Mitarbeitern während der Sommerpause nicht langweilig werden.

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