Yusuf Kabadayi ist vergangene Woche 18 geworden, und wer pünktlich zu seiner Volljährigkeit vom FC Bayern München einen langfristigen Vertrag geschenkt bekommt, der könnte eine große Zukunft vor sich haben. "Ich bin sehr gespannt auf seinen weiteren Weg bei uns, traue ihm grundsätzlich sehr viel zu", sagt Holger Seitz, der Sportliche Leiter am Campus, dem Nachwuchs-Leistungszentrum des Rekordmeisters. Wobei, eigentlich hört sich das aktuelle Aufgabenprofil für den Angreifer noch gar nicht so schlimm an: Der junge Mittelstürmer soll einen anderen jungen Mittelstürmer ersetzen, der im März 19 wird und die Bayern in Richtung Roter Stern Belgrad verlassen hat, sein Name ist Nemanja Motika. Allerdings sind dessen Fußstapfen alles andere als klein, nicht zufällig wurden für ihn 2,5 Millionen Euro Ablöse berappt: Motika hatte mit seinen 15 Toren in der Regionalliga Bayern großen Anteil daran, dass der Drittliga-Absteiger um den direkten Wiederaufstieg mitspielt.
Zuletzt hätte man fast glauben können: Den Bayern ist es gar nicht so wichtig, mit der U23 möglichst bald wieder im Profifußball vertreten zu sein - denn Motikas Weggang war nur ein Beispiel für den Aderlass in der Winterpause. Der Innenverteidiger Bright Arrey-Mbi wurde für anderthalb Jahre an den 1. FC Köln ausgeliehen, der Flügelspieler Oliver Batista Meier wechselte zum Zweitligisten Dynamo Dresden. Allesamt ehemalige Leistungsträger, die Ende Februar nicht mit zum FC Pipinsried fahren werden, wenn die Regionalliga-Saison wieder aufgenommen werden soll. Am Campus finden sie, dass sich allen drei Spielern aber nun mal eine großartige Chance aufgetan habe. Die Verantwortlichen im Nachwuchs stecken in einer Erfolgs-Zwickmühle: "Wir wollen aufsteigen, das ist nach wie vor die Zielsetzung. Wir wollen allerdings auch nicht die Talente in ihrer individuellen Entwicklung bremsen", erklärt Seitz. Und sich später auch nicht anhören müssen, von diesem Credo abgerückt zu sein.
Doch Seitz ist zuversichtlich. "Wir haben alle zusammen im Vorfeld überlegt: Können wir die Weggänge auffangen, und wir waren der Meinung: wir können." Von Kabadayi halten sie schon seit Längerem ziemlich viel, er ist seit der U8 bei den Bayern, seine Vertragsverlängerung wurde für Campus-Verhältnisse recht stark gehypt über die sozialen Medien. Für Mbi, der ebenso wie Motika im März 19 wird, rückt Justin Janitzek in den U-23-Kader. Und Janitzek wurde wie Kabadayi gerade 18, am 10. Februar. "Hochbegabt" sei der aktuelle Kapitän der U19, der vergangenes Wochenende schon ein Pflichtspiel bestritt (die Mannschaft verlor beim Karlsruher SC 1:2). Ob er gleich den Sprung in die Startelf schaffe, kann Seitz nicht sagen, das werde die Leistung in den kommenden Wochen entscheiden.
Dass ein anderes Team als Bayreuth oder Bayern II am Ende oben steht, kann sich Holger Seitz "beim besten Willen nicht vorstellen"
Für den fast 21-jährigen Methusalem Oliver Batista Meier, dessen Weggang sich schon länger abgezeichnet hatte, wurde im Januar hingegen ein neuer Spieler verpflichtet: Auch dem Südkoreaner Hyun-ju Lee, 19, trauen sie eine Menge zu. Seitz vergleicht ihn schon jetzt mit Woo-yeong Jeong, den die Bayern im Sommer 2018 verpflichteten, und der sich mittlerweile beim Bundesligisten SC Freiburg durchgesetzt hat. Lee sei ein super Typ, schwärmt Seitz: "Er versucht jetzt schon alles auf Deutsch zu regeln. Er ist top motiviert, brutal flink, schnell auf den Füßen. Es wird spannend sein zu sehen, wie schnell er es schafft, sich einzuleben." Wenn das mit dem Einleben schnell klappt, dürfte sich der Qualitätsabfall der Mannschaft tatsächlich in Grenzen halten.
Überwintert haben die jungen Bayern auf Rang zwei in der Tabelle, die SpVgg Bayreuth hat vier Punkte Vorsprung und ein Spiel weniger absolviert. Man kann das, was Seitz über die restlichen Spiele sagt, als eine Art zaghafte Attacke werten: "Ich schätze Bayreuth sehr stark ein. Aber ich gehe davon aus, dass wir gut in die Spur finden. Wenn Bayreuth schwächeln sollte, müssen wir da sein und das ausnutzen." Dass sich noch eine andere Mannschaft in den Aufstiegskampf einschaltet, davon geht der Sportliche Leiter nicht aus. Denn das würde bedeuten, dass beide Spitzenteams schwächeln, und das könne er sich "beim besten Willen nicht vorstellen".