Süddeutsche Zeitung

Alpin-Start in Sölden:Rückkehr des alten Quälgeists

Knie gesund, aber wieder Rückenschmerzen: Felix Neureuther könnte den Auftakt zur Alpin-Saison verpassen.

Von sid

Felix Neureuther wird am Wochenende in Sölden sein, so viel steht fest. Er hat Verpflichtungen vor Ort, trainieren will er auch. Doch ob der beste deutsche Skirennläufer am Sonntag auch seiner Hauptbeschäftigung nachgehen kann, ist nach wie vor ungewiss. Er werde "alles daran setzen", beim Auftaktrennen der WM-Saison am Start zu stehen, sagt der 34-Jährige, doch "die Entscheidung, ob es Sinn macht, kann ich erst kurz vorher treffen".

Es liegt nicht am linken Knie, in dem Neureuther sich Ende November 2017 einen Kreuzbandriss zugezogen hatte - in einer Phase, in der er womöglich in der Form seines Lebens war und darüber hinaus nahezu beschwerdefrei. Sein Rücken, über Jahre der große Quälgeist, hatte endlich Ruhe gegeben. Nein, sagt Neureuther, "mit dem Knie ist alles in Ordnung". Nicht in Ordnung ist nun wieder: der Rücken. Der habe ihn "leider etwas ausgebremst".

Genau genommen lief der ganze Sommer für den Skirennläufer Neureuther nicht wunschgemäß. Die Heilung des Knies zog sich länger hin als erhofft, viele Trainingstage fielen aus, unter anderem wegen einer hartnäckigen Pollenallergie. Und nun also: der Rücken. Er werde "am Donnerstag oder Freitag über den Start entscheiden, wenn ein letzter Härtetest ansteht, wenn es noch mal ins Steile geht und längere Läufe gefahren werden", sagt er.

Tatsächlich will es Neureuther noch einmal wissen. Obwohl der Sommer kein Ende zu nehmen schien und er zwischenzeitlich auch ein Karriereende nicht ausschloss. Ja, es habe "oft Tage gegeben, an denen ich dachte: Macht das noch Sinn?". Zu Hause saßen Ehefrau Miriam und Töchterchen Matilda, er schuftete im Kraftraum und sah zu, wie andere Gewichte stemmten: "Und du kannst nicht, weil das Knie und dann der Rücken weh tun."

Frau und vor allem Tochter haben seine Perspektive verschoben. Neureuther sagt, er werde jetzt lockerer am Start stehen als früher, sich auch Rückschläge nicht mehr so zu Herzen nehmen, und wenn es der Tochter nicht gut gehe, betonte er nun in der Zeitung Die Welt, "bin ich der Letzte, der sagt: 'Ich fahre jetzt ein Rennen.' Da hätte ich auch den Kopf nicht frei, ich stünde am Start und wäre mit den Gedanken zu Hause." Der sportliche Ehrgeiz ist aber einstweilen ungebrochen. Nein, "müssen tu ich nicht mehr", sagt Neureuther, "aber ich will!" Er will dorthin, "wo ich war". Er war ja unter anderem drei Mal WM-Medaillengewinner im Slalom (2013 Silber, 2015 und 2017 Bronze), und der Glaube, dass er diese Erfolge wiederholen kann, ist ungebrochen: "Wenn das nicht so wäre, würde ich es nicht machen." Gleichwohl gibt er zu: Dieses Vorhaben sei "ambitioniert".

Damit es überhaupt gelingen kann, will Neureuther nichts überstürzen. Sölden, das heißt ja: ein Riesenslalom, höchste Belastung auf einem schwierigen Hang in dünner Höhenluft. Er weiß natürlich, dass ein Start keinen Sinn ergibt, wenn die Form nicht die beste ist. So richtig, betont Felix Neureuther deshalb, beginne die Saison für ihn erst im Dezember oder Januar. Und bis zur Ski-WM in Are hat er sogar noch bis Februar Zeit.

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Quelle:
SZ vom 25.10.2018
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