Alonso gewinnt GP von Malaysia:Stunk und Frust im Regenrennen

Nach zwei Grand Prix in dieser Saison ist klar: Die Dominanz eines Fahrers wird es dieses Jahr in der Formel 1 so schnell nicht geben. Fernando Alonso siegt in Sepang zwar verdient, aber glücklich - denn das beste Auto stellt Ferrari derzeit nicht. Sebastian Vettel kollidiert mit dem Inder Karthikeyan - und verhält sich danach ungewohnt respektlos.

René Hofmann, Sepang

Fernando Alonso kann toll jubeln. Der Spanier hat schon etliche ausgefallene Choreographien gezeigt, wenn er ein Formel-1-Rennen als Erster beendete. Mal stieg er auf sein Auto und tat so, als würde er mit einem Bogen einen Pfeil abschießen. Mal zeigte er den Gegnern die Hörner. Nach seinem Sieg beim Großen Preis von Malaysia an diesem Sonntag tat er das nicht. Nach der spanischen Nationalhymne und der obligatorischen Champagnerdusche schaltete er schnell wieder um in den Arbeitsmodus.

Formel 1 - GP Malaysia

Sebastian Vettel (vorne) holte in Sepang keine WM-Punkte - dafür fiel er mit Wut gegen einen Kollegen auf.

(Foto: dpa)

"Dieser Sieg ändert nichts an der Herangehensweise in den nächsten Wochen", sagte der Ferrari-Fahrer, "wir sind nicht dort, wo wir sein wollen. Auf uns wartet viel Arbeit." Der Kommentar überrascht. Schließlich steht der Weltmeister der Jahre 2005 und 2006 dort, wo alle 24 Piloten gerne stehen würden: an der Spitze der Fahrerwertung. Aber Alonso weiß: Nach dem zweiten Saisonrennen ist das bloß eine Momentaufnahme.

Entschieden wird die Wertung Ende November. Und um es dann dorthin zu schaffen, fehlt der Scuderia aus Maranello doch noch Einiges. Alonsos Sieg war verdient. Aber er war auch ein glücklicher, weil der 30-Jährige bloß von Startplatz acht aus losgezogen war. Weil ihm die wechselhaften Umstände entgegenkamen. Und weil Sergio Perez kurz vor dem Ziel ein Fehler unterlief. Der Mexikaner, der erst sein 19. Formel-1-Rennen bestritt, kam Alonso Runde für Runde näher. Perez ist ein Reifenkünstler. Kaum ein anderer bewegt sein Auto ähnlich sanft.

Und die Charakteristik des Rennwagens, den das Schweizer Sauber-Team in diesem Jahr für ihn gebaut hat, kommt dem noch entgegen. Als kurz nach dem Start ein heftiger Platzregen aufzog, wechselte Perez clever als Erster auf Regenreifen. Das brachte ihn vom neunten Startplatz weit nach vorne.

Nach einer 51-minütigen Unterbrechung und einem Neustart hinter dem Safety Car zeigte Perez in der schwülen Luft auf der lange feuchten Strecke sein besonderes Können: Als Zweiter jagte er Alonso, und er hätte ihn wohl auch noch bekommen, wenn er sieben Runden vor der karierten Flagge nicht einmal kurz von der Strecke abgekommen wäre.

"Ich wollte den Sieg, weil ich gesehen habe, dass er möglich war", erklärte Perez selbstbewusst, nachdem er als Zweiter gefeiert worden war. Der 22-Jährige gehört zur Driver Academy von Ferrari. Er ist ein heißer Nachfolge-Kandidat für Felipe Massa, dessen Ferrari-Vertrag ohnehin ausläuft. Der Brasilianer enttäuschte in Sepang erneut. Von Startplatz zwölf aus wurde er Fünfzehnter, womit er es auf die lange Liste der Verlierer des Nachmittages schaffte.

Lewis Hamilton im McLaren: Erster am Start, Dritter im Ziel, weil bei zwei Boxenstopps etwas schief ging. Sein Teamkollege Jenson Button: Zweiter am Start, Vierzehnter im Ziel, weil er früh im Rennen mit dem Inder Narain Karthikeyan kollidierte, der es in der Qualifikation nur mit Mühe geschafft hatte, mit seinem Auto vom Hispania Racing Team überhaupt eine Rundenzeit hinzubekommen, mit der er für das Rennen startberechtigt war. Vierter Mark Webber für Red Bull, Fünfter Kimi Räikkönen im Lotus - das war irgendwie zu erwarten gewesen.

Nicht nur bunte Bilder

Dahinter aber bot das Klassement nicht nur ein buntes Bild, sondern auch ein überraschendes: 6. Bruno Senna (Williams), 7. Paul di Resta (Force India), 8. Jean-Eric Vergne (Toro Rosso), 9. Nico Hülkenberg (Force India). "In diesem Jahr gibt es keine solche Dominanz mehr wie in den vergangenen zwei Jahren", bilanzierte Alonso. Bis auf ihn waren alle Titelkandidaten enttäuscht. Und einer war sogar stinksauer: Sebastian Vettel. Der Titelverteidiger hätte Vierter werden können. In Runde 47 von 56 wurde er noch an der Position geführt, die zwölf WM-Punkte bringt. Dann aber kam es zu einer folgenschweren Begegnung.

Wie Button geriet Vettel mit Karthikeyan aneinander. Wie Button musste er anschließend an die Box, um einen Schaden reparieren zu lassen - sein linker Hinterreifen war zerfetzt. Anders als Button bei seinem Crash konnte Vettel allerdings keine Schuld bei sich finden. Überheblich wie ein Fahrlehrer nach der ersten Stunde eines wenig talentierten Fahrschülers - so äußerte er sich über Karthikeyan, als er als Elfter im Ziel war: "Ich denke, ich war schon vorbei. Aber es ist wie im echten Leben: Es gibt ein paar Gurken, die auf der Strecke herumfahren."

Außerdem nannte er Karthikeyan einen "Überrundeten, der einfach nur Platz machen soll" und "überfordert". Solche Töne waren nach den 82 Rennen, die Vettel zuvor bestritten hatte, selten zu hören gewesen. Dabei hatten er und seine Mannschaft schon das Ihre getan, dass es überhaupt zu der Situation gekommen war. Im vergangenen Jahr hatte Sebastian Vettel 15 Mal den besten Startplatz ergattert. So eine Serie wird es in dieser Saison ziemlich sicher nicht geben: Der Red Bull des Baujahres 2012 ist nicht so stark im Qualifikations-Spurt, wie es sein Vorgänger war.

Seit verboten wurde, die Auspuffgase gezielt auf einen Diffusor im Heck zu lenken, kommt auch Teamkollege Mark Webber wieder besser mit dem Fahrverhalten zurecht. Wie beim Saisonauftakt bezwang der Australier Vettel, als die Startaufstellung ermittelt wurde. Er rollte als Vierter an die Ampel, Vettel als Fünfter. Mittendrin statt voraus - das ist eine neue Erfahrung für die Équipe. Dass Vettels Funk zu Rennbeginn ausfiel und er sich mit seiner Crew über den nötigen Reifenwechsel nicht beraten konnte, half auch nicht.

Auf den letzten Kilometern war Sebastian Vettel von all dem so genervt, dass er einen Befehl aus der Box ignorierte. Das Team riet ihm, sein Auto abzustellen, um es zu schonen. Aber Vettel fand: "Es gehört sich einfach, das Rennen zu Ende zu fahren. Die zwei Runden mehr schießen den Bock auch nicht fett." Auf die ungewöhnlichen Renitenz folgte dann aber schnell wieder eine gewohnte und an diesem Tag häufiger gehörte Losung: "Wir müssen an uns arbeiten!"

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