Torhüterin Almuth Schult:"Ich würde mich schon als Wegbereiterin sehen"

VfL Frauen Fototermin Wolfsburg, Deutschland 07.08.2020, FUßBALL - VfL Wolfsburg, Flyeralarm Frauen Bundesliga, Saison 2; Almuth Schult

Comeback nach rund eineinhalb Jahren: Torhüterin Almuth Schult stand nach der Geburt ihrer Zwillinge beim Testspiel des VfL Wolfsburg gegen Eintracht Frankfurt am 20. Januar erstmals wieder auf dem Platz.

(Foto: Darius Simka/regios24/imago)

Fußballerinnen haben es als junge Mütter nicht leicht. Almuth Schult, nach ihrer Zwillingsgeburt zurück auf dem Platz, will dabei helfen, dies zu ändern

Von Anna Dreher

In der ein oder anderen Trainingseinheit sind Almuth Schult schon auch mal Zweifel gekommen, ob das wirklich die richtige Entscheidung war, die sie da getroffen hatte. Und mit den Zweifeln kamen natürlich auch Gedanken auf, ob nicht doch noch eine andere Entscheidung möglich wäre. Aber Schult, die seit 2013 beim VfL Wolfsburg und seit 2015 als Nummer eins beim deutschen Nationalteam im Tor steht, ist ehrgeizig - und sie hatte sich nun mal dieses eine Ziel gesetzt. "Da kam dann das Fußballerherz durch. Ich spiele viel zu gerne Fußball, deswegen wollte ich es auf jeden Fall schaffen und ich bin froh, dass ich es geschafft habe", sagt sie also in einer virtuellen Presserunde am Mittwoch.

Dass sie es geschafft hat, steht seit ein paar Tagen fest: Die 29-Jährige, die am 22. April 2020 Zwillinge auf die Welt gebracht hat, gab beim 3:2 im Testspiel gegen Eintracht Frankfurt vergangene Woche ihr Comeback. Für Schult war es der erste Einsatz seit dem 29. Juni 2019, als sie mit der Nationalmannschaft im WM-Viertelfinale mit 1:2 gegen Schweden ausschied. Und obwohl danach eigentlich eine nicht allzu lange Pause für die Regeneration nach einer Schulter-Operation eingeplant war, wurden daraus rund eineinhalb Jahre Auszeit. "Es ist sehr schön, wieder ein Spiel gemacht zu haben. Ich habe darauf hingefiebert", sagt Schult. "Am liebsten hätte ich mein Ziel schon im alten Jahr erreicht, aber durch Corona ging es nicht. Die letzten Prozent werden jetzt mit der Routine kommen."

Der US-Verband organisiert eine Betreuung für die Kinder seiner Nationalspielerinnen

Fußballspielende Väter gibt es viele in den Profiklassen. In der Fußball-Bundesliga der Frauen aber ist Schult die derzeit einzig bekannte, die nach der Entbindung zurück auf den Platz gekommen ist. Entsprechend fehlt es noch an Strukturen, die im Verein und beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) erst entwickelt werden müssen. Vor allem für diejenigen, die nicht von einem so starken Rückhalt durch ihre Familie profitieren wie Schult. Orientierung bietet da zum Beispiel der US-Verband, der für die Mütter unter den Nationalspielerinnen eine Kinderbetreuung organisiert. Aus dem aktuellen Kader hat zuletzt Alex Morgan, Weltmeisterin von 2019, Nachwuchs auf die Welt gebracht. Bereits ein halbes Jahr nach der Geburt spielte sie im November 2020 für Tottenham Hotspur.

Für Schult hingegen gab es keine Vergleiche oder feste Ansprechpartner für Fragen, wie was wann ablaufen könnte. Sie ist nun diejenige, die hier mit dem VfL Beispiele geben kann - und davon möglichst viele sammeln möchte, um dann sinnvolle Veränderung anregen zu können. "Ich würde mich schon als Wegbereiterin sehen. Ich hoffe, dass dadurch auch andere diesen Weg gehen", sagt Schult. Es sei schade, talentierte Spielerinnen mit Familienplänen in jungen Jahren für den Sport zu verlieren. Bei den prägenden deutschen Nationalfußballerinnen Celia Sasic und Fatmire Alushi war das beispielsweise der Fall. Sie beendeten vor ein paar Jahren mit 27 und 29 ihre Karriere, auch, um sich der Familienplanung widmen zu können. "Es wäre schön", sagt Schult, "wenn außer mir noch andere Spielerinnen zeigen würden, dass es weitergehen kann."

Im Oktober 2020 ist Schult ins Mannschaftstraining der Wolfsburgerinnen zurückgekehrt und gehörte im Dezember beim Champions-League-Hinspiel gegen Spartak Subotica erstmals wieder zum Kader. Der erste Test für künftige Auswärtsspiele und Reisen mit Klub und DFB-Auswahl. "Die Kinder haben die Nacht dann alleine mit meinem Mann verbracht, das ist kein Problem. Sie sind das schon gewohnt, wir haben das von Anfang an versucht", sagt Schult. "Und für mich ist eine Auswärtsfahrt mal eine Nacht, in der ich durchschlafen kann - das hat alles seine Vor- und Nachteile."

Beim DFB jedenfalls hat Schult eine gute Ansprechpartnerin für all diese Themen. Denn auch Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg war Vorreiterin, als sie 1994 als erste Bundesliga- und Nationalspielerin ihre Tochter bekam - und unmittelbar danach erfolgreich auf den Platz zurückkehrte: 1995 wurde sie Europameisterin und Weltmeisterschaftszweite. Für Almuth Schult ist ja auch das ein großer Antrieb, weitere Titel zu gewinnen, mit dem Verein und der Nationalmannschaft. Aber: "Selbst wenn es so sein sollte, dass ich merke, ich möchte die Doppelbelastung nicht mehr, ist das ja auch eine Grundlage, um an besseren Bedingungen zu arbeiten", sagt sie. "Das wäre für mich keine Niederlage."

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