Alfred Finnbogason vom FC Augsburg:"Pizarro ist ein Vorbild für mich"

FC Augsburg v Sport-Club Freiburg - Bundesliga

"Es ist in ein paar Monaten viel mehr passiert als in meiner ganzen Zeit vorher in Augsburg." - Auch Alfred Finnbogason wundert sich über die Spielzeit 2018/19.

(Foto: Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Der Augsburger Stürmer spricht über die Lehren aus der schwachen Saison, die Arbeit mit dem kurzzeitigen Co-Trainer Jens Lehmann und seine Zukunft.

Interview von Sebastian Fischer

Als der FC Augsburg die Bundesligasaison am Samstag mit einem 1:8 beim VfL Wolfsburg beendete, war Alfred Finnbogason schon in Island, wo er seine Verletzung auskuriert. Finnbogason, 30, spielt seit 2016 für den FCA und erzielte in 67 Bundesliga-Einsätzen 32 Tore. Die vergangene Spielzeit verlief auch für ihn nicht glorreich, obwohl er in 18 Spielen zehn Tore schoss.

SZ: Herr Finnbogason, Sie haben mal erzählt, dass Sie in jedem Sommer mit fünf Freunden aus der isländischen Nationalmannschaft etwas unternehmen, mit Gylfi Sigurdsson vom FC Everton, Rurik Gislason vom SV Sandhausen, Johann Gudmundsson vom FC Burnley, Aron Gunnarsson von Cardiff City und Sverrir Ingason von Paok Thessaloniki. Sind Sie auch in diesem Jahr gemeinsam unterwegs?

Alfred Finnbogason: Leider nicht. Die Jungs haben im Juni zwei Spiele, gegen Albanien und die Türkei. Und ich musste auch meine ganzen Urlaubspläne wegschmeißen. Eigentlich wollte ich mit meiner Familie nach Italien. Aber so ist es eben als Fußballer.

Stattdessen absolvieren Sie nach einem Sehnenanriss nach dem 29. Spieltag und einer anschließenden Operation in Augsburg nun eine Reha.

Ja. Es musste sofort operiert werden, ich hatte keine Wahl. Jetzt bin ich jeden Tag beim Physiotherapeuten von der isländischen Nationalmannschaft. Und es ist ein guter Zeitpunkt, um mal wieder zu Hause zu sein, abends mit meiner Familie zu essen, ich war in den letzten Jahren so selten da. Ich laufe zum Schutz noch in einem speziellen Schuh. Damit kann ich leider nicht mal golfen, das mache ich sonst immer im Sommer, aber die Golf-Saison ist für mich auch vorbei. Ende Mai fliege ich wieder nach Deutschland. Ab Juni kann ich hoffentlich wieder normal laufen, im Juli wieder trainieren.

Die vergangene Saison endete mit dem Klassenverbleib. Aber es war Ihre dritte beim FC Augsburg, die Sie wegen einer Verletzung fast zur Hälfte verpassten. Überwiegt die Enttäuschung?

Natürlich ist das enttäuschend, es tut weh. Und dass es nicht das erste Mal war, macht es noch enttäuschender. Letzte Saison war es ähnlich: Der FCA und ich haben eine super Hinrunde gespielt - und ich habe mich im dritten Spiel in der Rückrunde schwer an der Wade verletzt. Dann war ich zweieinhalb Monate raus.

Schambeinentzündung, Patellasehnenreizung, Wadenverletzungen. Haben Sie eine Erklärung für diese Serie?

Bevor ich zum FC Augsburg kam, hatte ich eigentlich kaum eine Verletzung. Deswegen wundert es mich, ich mache mir oft einen Kopf, warum es in den vergangenen Jahren so ist. Vielleicht ist es die Mehrbelastung nach der EM 2016 und der WM 2018 mit kurzen Pausen im Sommer? Das ist kein optimaler Rhythmus, wenn man es vorher nicht gewohnt war. Aber ich glaube, es gibt nicht den einen Grund allein. Es ist, wie es ist. Ich suche weiter nach Lösungen - und arbeite wieder hart am Comeback.

Wie gehen Sie mit Rückschlägen um?

Jetzt bin ich erfahrener, jetzt weiß ich, was auf mich zukommt. Das einzige, was einem bleibt, ist zu versuchen, nie negativ zu denken, sondern immer das Positive zu sehen: Es ist die zweite Saison hintereinander, in der ich zweistellig getroffen habe, das ist etwas sehr, sehr Positives. Bei der WM dabei zu sein, war ein Highlight in meiner Karriere, die Erinnerungen motivieren mich. Und ich glaube, ich bin immer stärker von Verletzungen zurückgekommen. Das ist auch diesmal mein Ziel.

Im ersten Spiel nach Ihrer Verletzung zu Saisonbeginn schossen Sie drei Tore gegen Freiburg. Danach gewann der FCA von 13 Spielen nur eins, es wurde wohl die unruhigste Bundesliga-Spielzeit, die es in Augsburg je gab.

Man könnte ein Buch schreiben über diese Saison, so viel ist passiert auf dem Spielfeld und außerhalb. Es war eine komische Situation. Es ist in ein paar Monaten viel mehr passiert als in meiner ganzen Zeit vorher in Augsburg. Wir sind ein ruhiger Verein, wir schmeißen den Trainer eigentlich nicht raus. Aber diesmal war das anders. Und wir haben Glück, dass die Teams hinter uns nicht besser waren. Augsburg hat noch nie so wenige Punkte gehabt in der Bundesliga. Es war nicht unsere beste Saison, das muss man klar sagen.

"Ich kann kein schlechtes Wort über Manuel Baum sagen"

Caiuby kam zu spät aus dem Urlaub in Brasilien und verpasste Mannschaftssitzungen, Martin Hinteregger kritisierte Trainer Manuel Baum und musste gehen. Was hat das mit dem Teamgeist gemacht?

Ich kann natürlich nicht zu viel verraten. Was in der Kabine passiert, das bleibt da, das ist wichtig. Aber natürlich gab es Unzufriedenheit mit der Situation. In einem Team muss immer das Gleiche für alle gelten. Die Themen haben wir intern gelöst.

Dann kam mitten in der Saison Jens Lehmann als Assistenztrainer.

Ich glaube, wenn man ein richtiger Trainer werden will, muss man möglichst direkt nach der Karriere anfangen. Wenn man zu lange aus dem Geschäft ist, verliert man ein wenig den Kontakt. Er war viele Jahre nicht aktiv. Und er kam aus England vom FC Arsenal, das kann man nicht vergleichen mit Augsburg. Aber er wollte vieles genauso machen wie bei Arsenal.

Nach wenig mehr als zwei Monaten wurde Lehmann gemeinsam mit Baum beurlaubt - und Martin Schmidt schaffte als neuer Trainer den Klassenverbleib. Wie beurteilen Sie den Trainerwechsel?

Manchmal kommt ein neuer Trainer mit neuen Impulsen, und dann funktionieren die Dinge. Das bedeutet nicht, dass vorher alles schlecht war. Die Anfangsphase von Martin Schmidt war gut, aber man darf nun auch nicht die gute Arbeit vergessen, die Manuel Baum geleistet hat. Ich kann kein schlechtes Wort über ihn sagen, er wird sehr viel mitnehmen und gelernt haben durch seine Erfahrung als Trainer beim FCA. Unter Martin Schmidt konnte ich bislang leider nur eine Woche trainieren, aber ich bin begeistert von seiner Art. Ich freue mich schon auf die nächste Saison, weil ich jetzt weiß, was für einen Fußball er spielen will. Man kann einen Trainer zwar erst richtig bewerten, wenn er eine Vorbereitung mit der Mannschaft absolviert hat. Aber er und sein Assistent haben einen sehr guten Eindruck gemacht. Die Spiele, die wichtig waren, gegen Frankfurt (3:1) und Stuttgart (6:0), haben wir auf hohem Niveau gespielt. Es ist unsere Aufgabe für die nächste Saison, dass wir das konstant hinbekommen.

Es gibt wie im Vorjahr Gerüchte über Ihren Abschied. Aber wenn Sie sich auf die Arbeit mit Martin Schmidt freuen, dann heißt das, dass Sie bleiben?

Ich habe noch ein Jahr Vertrag. Ich gehe davon aus, dass ich nächstes Jahr in Augsburg spiele.

Bei einer Vertragslaufzeit von einem Jahr ist der Verein für den Fall, dass Sie bleiben, wohl an einer Vertragsverlängerung interessiert. Sonst könnten Sie 2020 ja ablösefrei wechseln...

Das werden wir alles sehen, wenn ich in Augsburg bin. Gerade konzentriere ich mich erst mal darauf, wieder fit zu werden.

Sie haben in Spanien gespielt, in den Niederlanden, Belgien. Die englische Premier League, die in Island die populärste Liga ist, fehlt noch in der Reihe. Und Sie haben oft gesagt, dass Sie gerne noch mal im Europapokal spielen wollen.

Es ist kein Geheimnis, dass ich sehr ehrgeizig bin. Wenn der Ehrgeiz weg wäre, dann wäre viel weg von mir als Spieler. Ich möchte sehr gerne wieder international spielen. Aber wie gesagt, ich mache mir über einen Wechsel gerade keine Gedanken.

Sie schreiben in jedem Sommer Ihr Saisonziel auf einen Zettel. Was steht demnächst drauf?

Auf dem Zettel stand vor einem Jahr, dass ich endlich 30 Spiele in einer Saison für Augsburg machen will. Das wird auch vor der nächsten Saison draufstehen.

Machen Sie sich nach so vielen Verletzungen Sorgen über Ihre längerfristige Zukunft als Sportler?

Nein. Es wäre vielleicht etwas anderes, wenn immer die gleiche Verletzung aufbrechen würde, wenn ich immer Knieprobleme hätte zum Beispiel. Aber es waren viele verschiedene Verletzungen. Ich habe großes Vertrauen in meinen Körper. Ich glaube, es ist nur eine Phase in meiner Karriere. Ich bin überzeugt, dass ich in den nächsten Jahren auf einem hohen Niveau spielen werde. Und ich bin in meinem Spielstil nicht so von Explosivität und Schnelligkeit abhängig. Ich spiele eher wie Claudio Pizarro, der ist ein Vorbild für mich.

Sie wollen also wie der Stürmer von Werder Bremen spielen, bis Sie 40 sind?

Warum nicht? Gerade habe ich jedenfalls sehr viel Spaß am Fußball.

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