Alexander Zverev:"Jeden Tag 20 bis 30 Minuten zu spät"

Telcel ATP Mexican Open 2018 - Day 5

Wie immer emotional: Alexander Zverev.

(Foto: Getty Images)

Von Gerald Kleffmann

Die letzten Momente waren keine Freude mehr für Alexander Zverev. Sein Knie, früh mit einem Tape unterhalb der Kniescheibe stabilisiert, hatte sich nicht gebessert. Weder im ersten Satz, noch im zweiten. Die linke Patellasehne war es, die ihn schmerzte. Nach rund 90 Minuten war dieses Halbfinale, sein erstes in diesem Jahr, entschieden: 4:6, 2:6 verlor Zverev gegen Juan Martín del Potro.

Der Argentinier, 29, der wegen mehrerer Operationen am Handgelenk fast seine Karriere beendet hätte, verbessert sich mit dem 21. Titel auf den achten Weltranglistenplatz. Eine Erfolgsgeschichte für sich. "Es war ein ganz besonderes Turnier für mich", sagte del Potro nach dem Sieg beim 500er-Turnier der ATP-Tour in Acapulco. "Ich habe drei Top-10-Spieler geschlagen, das ist sehr wichtig für mich."

"Respektlos gegenüber jedem in meinem Team"

Auch Zverev durfte eigentlich zufrieden sein. "Ich bin sehr glücklich mit meinem Spiel. Ich fange wieder an, sehr gut zu spielen. Das ist alles, was für mich zählt", hatte er vor dem Semifinale noch resümiert. Eine Woche hat er nach diesem Match am Samstag, um sich auszukurieren. In Indian Wells folgt ein Event der Masters-Serie, die 1000er-Turniere (der Sieger erhält 1000 Punkte) sind nach den vier Grand Slams die wichtigsten Veranstaltungen.

Wenn der 20-Jährige in Kalifornien auftaucht, wird womöglich nicht nur seine Form und Fitness wieder im Fokus stehen. Zverev hatte sich in Acapulco erstmals zur Trennung von seinem Trainer Juan Carlos Ferrero geäußert und kein schmeichelhaftes Bild von dem Spanier gezeichnet. Nach den Australian Open im Januar, als Zverev in der dritten Runde ausgeschieden war, wären beide aneinandergeraten. "Es gab einen Moment, in dem er sehr respektlos gegenüber jedem in meinem Team war", sagte Zverev in Acapulco, "deshalb musste ich diese Beziehung beenden."

Worin diese Respektlosigkeit bestand, sagte er nicht. Die Irritation in der Tennisfachwelt war umso größer, als Ferrero, French-Open-Sieger 2003 und Inhaber einer renommierten Akademie in Alicante, einen tadellosen Ruf genießt. Seit der Trennung hatte sich Ferrero nicht dazu geäußert, am Sonntag hat er sich wohl genötigt gesehen, seine Version des Bruchs darzustellen. In dieser kommt Zverev seinerseits nicht gut weg, und dabei argumentierte Ferrero keineswegs persönlich getroffen oder beleidigt.

"Ich habe ihm vom ersten Tag an gesagt, dass es nicht in Ordnung ist, jeden Tag 20 oder 30 Minuten zu spät zum Training zu kommen und dass ihm ein wenig mehr Disziplin hilft, auch technisch besser zu werden", teilte Ferrero der spanischen Sporttageszeitung Marca mit. "In den ersten Monaten war er disziplinierter und respektvoller, aber mit steigendem Selbstvertrauen hat er die vereinbarten Regeln nicht mehr beachtet."

Auch Kerber bestätigt, dass Zverev häufig zu spät kommt

Ferrero äußerte sich indes grundsätzlich positiv über die vergangenen sieben Monate gemeinsamer Arbeit: "Mir bleibt die Erfahrung, ihm zu seinen ersten beiden Masters-Erfolgen verholfen zu haben: In Rom habe ich ihn per Telefon beraten, in Montreal dann persönlich." Bemerkenswert auch sein Schlussstatement: "Ich danke ihm dafür, dass er bis vor kurzem in der Presse erzählt hat, dass ich ein großer Arbeiter sei. Das ist das, was man mir beigebracht hat: Arbeit, Disziplin, Demut und Respekt gegenüber anderen." Dem Vorwurf der Respektlosigkeit begegnete Ferrero also mit größtmöglichem Respekt.

Eine Pointe am Rande: Im Internet tauchte jetzt, anlässlich dieses Streits, ein Zitat der Deutschen Angelique Kerber auf, die mit Zverev über Silvester am Hopman Cup in Perth teilgenommen hatte. Die zweimalige Grand-Slam-Siegerin empfahl damals dem deutlich jüngeren Partner als Neujahrsvorsatz, es doch damit zu versuchen, "pünktlich zu sein. Er kommt immer mindestens 15 Minuten zu spät".

Sportlich betrachtet dürfte die Trennung von Ferrero für Zverev weniger problematisch sein. Zeit seines Lebens hatte er nur einen Trainer, seinen Vater Alexander, einen früheren Davis-Cup-Spieler aus der ehemaligen Sowjetunion. In Indian Wells ist dieser natürlich an der Seite seines Sohnes. Denn auch dem regelmäßig aufkommenden Gerücht, dass Deutschlands erfolgreichster Profi ihn anleiten würde, widersprach Zverev entschieden: "Ich werde nicht mit Boris Becker arbeiten. Das ist ein großes Missverständnis. Er ist der Head of Men's Tennis des deutschen Verbandes. Er wird also bei einigen Turnieren sein, er ist immer willkommen auf meinem Platz. Und er ist mehr als willkommen, meine Matches zu sehen. So ist diese Beziehung zwischen uns."

Das immerhin wäre geklärt.

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