Alessandro Zanardi im Interview:"Durch den Unfall habe ich eine ganz neue Welt entdeckt"

Alessandro Zanardi

Schnell mit dem Handbike: Alessandro Zanardi (Archivbild).

(Foto: dpa)

Früher fuhr er in der Formel 1, jetzt startet Alessandro Zanardi als Handbiker bei den Paralympics. Für Traumata sei dort kein Platz, sagt der Italiener.

Von René Hofmann

Vier Jahre nach seinen beiden Goldmedaillen von London möchte der Handbiker Alessandro Zanardi bei den Paralympischen Spielen in Rio de Janeiro erneut auf das Podest fahren. Doch der frühere Formel-1-Pilot gibt sich im Interview mit der Süddeutschen Zeitung zurückhaltend und spricht von einer stärker gewordenen Konkurrenz.

"In London habe ich viele überrascht. Als ich mit dem Sport anfing, gab es sehr viele unterschiedliche Techniken. Die habe ich mir alle angeschaut, einige Überlegungen gemacht und viel getüftelt", erklärt Zanardi, der bereits früh auf eine Kombination aus Arm und Oberkörper setzte, um so möglichst viel Kraft auf die voranbringende Kurbel zu übertragen: "In der Zwischenzeit aber haben sich die anderen viel abgeschaut."

Zanardi besitzt dabei in Rio aber den Vorteil, dass er sich selber nicht allzu viel Druck macht und seine Maxime lautet "das Beste aus seinen Möglichkeiten zu machen". Das war nicht immer so, erzählt Zanardi: "Früher ging es für mich darum, der Beste zu sein, der Beste überhaupt."

Im Jahr 2001 verunglückte Zanardi

Dass sich seine eigene Erwartungshaltung so drastisch geändert hat, liegt an einem Unfall auf dem Lausitzring im September 2001. Bis dahin war Zanardi insbesondere als Rennfahrer bekannt, der zweimal die US-amerikanische CART-Serie gewonnen hatte und unter anderem 1999 an der Seite von Ralf Schumacher für das Williams Team in der Formel 1 fuhr. An jenem 15. September 2001 war der Italiener, inzwischen in der Champ-Car-Serie unterwegs, bereits auf dem Weg Richtung Sieg, als er ins Schleudern geriet. Der Kanadier Alex Tagliani konnte nicht mehr ausweichen und traf Zanardis Auto mit hoher Geschwindigkeit im rechten Winkel. Zanardi verlor dabei beide Beine und beinahe auch sein Leben, erst durch mehrere Wiederbelebungen konnte er gerettet werden.

Nach seiner Genesung begann für Zanardi ein anderes Leben und mit dem Handbike bastelte er gleichzeitig an einer neuen Karriere. "Ich fühle mich freier, weil ich gelernt habe, dass es so etwas wie Schicksal gibt, und ich bin sogar dankbar, weil ich durch den Unfall eine ganz neue Welt entdeckt habe", erzählt Zanardi, für den seine bewegende Geschichte in Rio aber keine Rolle spielt. "Jeder, der an den Paralympischen Spielen teilnimmt, hat die psychologischen Folgen dessen, was er erlitten hat, hinter sich gelassen. Um es zu den Paralympics zu schaffen, braucht man nicht nur Talent. Man braucht auch einen starken Willen und muss hart trainieren. Das schafft nur, wer den Kopf frei hat."

Wem das in Rio am besten gelingt, wird sich in den kommenden Tagen zeigen. Für Zanardi wird es unter anderem auch am 15. September ernst, also an dem Tag, an dem sich sein tragischer Unfall zum 15. Mal jährt.

Was Zanardi von der Diskussion über Sportler mit Einschränkungen bei den Olympischen Spielen hält, wie der Kampf gegen Doping seiner Meinung nach aussehen müsste und welches Verhältnis er heute zu Alex Tagliani hat, lesen Sie im kompletten Interview mit SZ Plus:

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