Fehlstart der Alba-Basketballer:Geröll auf dem Berliner Weg

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Berlins Martin Hermannsson ist diese Saison noch einer der Besseren seines Teams - aber der Isländer kann den Niedergang bei Alba derzeit genauso wenig stoppen wie Tim Schneider (li.). (Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

Drittletzter in der Bundesliga: Bei Alba Berlin bestätigen sich die Befürchtungen vor einem Fehlstart in die Saison. Es fällt manch drastisches Wort, der Manager sieht ein eindeutiges Problem.

Von Jonas Beckenkamp

Nein, Alba Berlin ist nicht Tabellenletzter, weder in der Basketball-Bundesliga (BBL) noch in der Euroleague. Aber ein wenig unheimlich wirkt es schon, wenn man Deutschlands Spitzenteam plötzlich in beiden Wettbewerben an drittletzter Position wiederfindet. Ungewohnt ist daran vor allem der Stand in der heimischen Liga, denn in Europa hat man sich schon damit abgefunden, dass die anderen halt viel mehr Geld und darum auch bessere Spieler haben. Der vom Verein selbst propagierte „Alba-Weg“ sieht bekanntlich vor, in der Hauptstadt an der Idee der Talententwicklung und Nachwuchsförderung festzuhalten - und im Zweifel auch mal europäisch hinterherzuhinken. So geht das seit Jahren.

Im Wettbewerb der Muskulösesten und Reichsten aus Athen, Istanbul und Barcelona ist Alba meist nicht konkurrenzfähig, aber für Gegner wie die Chemnitz 99ers, die Telekom Baskets Bonn oder die Hamburg Towers sollte es national schon reichen, so ist zumindest der Anspruch an der Spree. Das Problem: Aktuell reicht es auch gegen diese Teams nicht. Nach vier Liga-Spieltagen ist bei Alba nun das eingetreten, was viele Experten und sogar Trainer Israel Gonzalez vor Saisonbeginn befürchtet hatten. Auf dem sonst klar asphaltierten Berliner Weg liegt nach gleich drei Niederlagen zum Auftakt reichlich Geröll herum. „Wir haben jetzt einen holprigen Start“, räumte am Wochenende einer ein, der die Zusammenhänge gut kennt: Tim Schneider, gebürtiger Berliner und in seiner Rolle als Einheimischer ein wichtiges Glied der Mannschaft.

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Nach der 78:81-Heimniederlage gegen Chemnitz fand er drastische Worte: „Wir dürfen uns aber nicht gegenseitig ankacken, sondern müssen weiter zusammenhalten.“ Das ist nach dem miesesten Saisonbeginn seit über 20 Jahren nun die Herausforderung bei den Albatrossen: Wie bleibt man cool, wenn es nicht läuft - und wenn zu einem ohnehin nicht ganz stimmig zusammengestellten Kader auch noch Verletzungssorgen kommen?

Derzeit fallen in den Spielmachern Malte Delow und Ziga Samar sowie Nachwuchsmann Elias Rapieque und dem Amerikaner Matt Thomas vier Profis aus, die man dringend bräuchte. Als Deutsche wären Delow und Rapieque in der BBL besonders wichtig, denn laut Reglement müssen im Kader für Ligaspiele mindestens sechs einheimische Spieler stehen. Um das sicherzustellen, musste der Klub zuletzt sogar den 18-jährigen Anton Nufer zu Hilfsdiensten berufen.

Alba Berlin versucht es mit dem Nachwuchs - das klappte schon damals bei Franz Wagner

So haben sie das bei Alba zwar immer schon gemacht, auch der heutige NBA-Millionenmann Franz Wagner debütierte zum Beispiel einst mit 16 Jahren im Profiteam. Aber jetzt ist auch eine gewisse Ergebnisnot da. Manager Marco Baldi hatte vor Saisonstart im SZ-Interview vor dem nun eingetretenen Fall gewarnt, der Großteil des Teams müsse vor allem „gesund bleiben, das ist ein wichtiger Faktor, auf den wir relativ wenig Einfluss haben“. In Berlin ist das Geld knapp, weshalb man die Mannschaft im Sommer nur rudimentär verstärken konnte. Und vielleicht fehlten auch ein wenig die Ideen, um auf einem schwierigen Markt Leute mit Potenzial aufzuspüren. Führendes Personal wie Weltmeister Johannes Thiemann (nach Japan) und Sterling Brown (Belgrad) musste man ziehen lassen, es kamen mit dem früheren Ulmer Trevion Williams und dem Australier Will McDowell-White nur zwei Neue - eine Hilfe ist bisher nur Ersterer.

Trotzdem sah Baldi nach der Chemnitz-Pleite noch keinen „Grund zur Sorge“, er gab aber zu: „Wir haben Probleme. Uns fehlen wichtige Spieler. Und wir sagen immer, wir brauchen alle, um die Saison gut zu überstehen.“ Der dezimierte Kader gelangt derzeit an die Belastungsgrenze, selbst im Duell mit Gegnern, die man eigentlich schlagen könnte. Fünf Partien binnen zehn Tagen, da tun sich selbst die besser besetzten Bayern schwer, die ihrerseits am Wochenende ebenso überraschend gegen den Mitteldeutschen BC verloren.

„Wenn die Rotation kürzer ist, macht sich das natürlich bemerkbar“, hat Baldi beobachtet. Da wiegt jeder Schritt auf dem Parkett schwerer und die Gelenke krächzen. „Die Doppelwochen“ aus Liga-Alltag und gleich zwei Auftritten in der Euroleague unter der Woche „verlangen alles. Und wenn man dann eine fünfminütige Phase hat, in der man nicht voll da ist“, reiche das fürs Verlieren, findet Baldi. Er kennt die Problematik. Aber eine Lösung hat er derzeit offenkundig auch nicht parat.

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