Sie gehörten bislang dazu wie die Trommler in der Fankurve oder das Prellen der Basketbälle: Wer in den vergangenen 25 Jahren eine Partie von Alba Berlin besuchte, erlebte meist vor dem Spiel oder in den Auszeiten und Viertelpausen die Auftritte der Alba-Cheerleader. Meist jüngere Frauen, leichtbekleidet, viel Glitzer - auf diese Showeinlagen verzichtet der Basketball-Bundesligist mit Beginn der neuen Saison. Er geht damit einen überfälligen Schritt in die Moderne, denn längst ist das Ausstaffieren von Sport-Events mit Frauen zur Unterhaltung ein Zeichen von Rückständigkeit.
Bei Alba hat man sich offenbar Gedanken gemacht, wie man dem latenten Sexismus bei Heimspielen entgegentreten kann. Der Verein sei "zu der Überzeugung gekommen, dass das Auftreten junger Frauen als attraktive Pausenfüller bei Sportevents nicht mehr in unsere Zeit passt", lässt sich Albas Geschäftsführer Marco Baldi auf der Webseite des Klubs zitieren. Diese Feststellung darf man durchaus begrüßen, schließlich geht es bei Alba ja um Sport - und nicht um Belustigung von Männern auf den Rängen.
Genau dieser Eindruck sei zuletzt bei Heimspielen aber entstanden. Im Klub habe sich die Wahrnehmung verfestigt, "dass Frauen bei Alba vor allem für die tanzende Pausenunterhaltung zuständig sind, während Männer Basketball spielen", meinte Baldi weiter. Es sind offene, aufgeklärte Worte des 57-Jährigen, der den Verein seit 28 Jahren leitet. Schon lange versteht sich Alba in Berlin als integrative, weltoffene Gemeinschaft, als Klub, der in Schulen aktiv ist und Kindern mit seinen Jugendtrainern den Basketball näherbringt.
Die Realität im Verein sei folglich eine komplett andere, als es die Inszenierung von Frauen auf dem Parkett wiedergebe. "Mit unserem breiten Jugendprogramm sind wir ein wichtiger Sozialakteur geworden, der Mädchen und Jungen gleichermaßen für unseren Sport begeistert", sagte Baldi. "Wir wollen zukünftig noch stärker fördern, dass Frauen im Basketball als Spielerinnen sichtbar und zu Vorbildern werden." Alba hat nach Baldis Aussagen die mit Abstand größte Mädchen- und Frauenbasketballabteilung Deutschlands.
Klar ist aber, dass mit dieser Entscheidung der Vereinsverantwortlichen eine Ära endet. So würdigte der Geschäftsführer zugleich die Cheerleader des Klubs. "Die Alba Dancers haben in den letzten 25 Jahren Tolles geleistet", meinte Baldi. Sie seien mehrmals als das beste Danceteam Europas ausgezeichnet worden. Im Cheerleading gibt es seit geraumer Zeit professionelle Strukturen, die Frauen treten etwa in der Euroleague auch in den internationalen Vergleich an. Es ist ein Wettbewerb um Choreografien, Anmut, Athletik und Begeisterungsfähigkeit. Damit ist es nun vorbei - zumindest bei Alba. "Es ist uns bewusst, dass nicht wenige Fans die Alba Dancers vermissen werden", erklärt Baldi. Schon beim ersten Heimspiel der nun startenden Saison am Samstag (18.00 Uhr) gegen s.Oliver Würzburg - das kurioserweise gleich das Pokal-Achtelfinale darstellt - gibt es keine Cheerleader-Show mehr.
Zuvor hatte es immer wieder Diskussionen um Sexismus und die Funktion von Frauen bei Sport-Veranstaltungen gegeben. Gerade die Rolle von Cheerleadern, "Podium Girls" bei der Tour de France oder sogenannten "Grid Girls" in der Formel 1 ist seit Langem umstritten. In US-Sportarten wie American Football oder Basketball haben ihre Auftritte lange Tradition - Cheerleader gelten in den USA nicht selten als Instanz bei ihren Klubs. Auch bei Radrennen gibt es trotz Protestaktionen weiterhin jene Frauen, die dem Sieger auf dem Treppchen Küsschen geben. In der Königsklasse des Motorsports entschieden sich die Veranstalter 2018, keine "Grid Girls" mehr auftreten zu lassen. Und offenbar setzt das Beispiel Alba Berlin nun ein Umdenken im deutschen Basketball in Gang, denn nach Baldi äußerte sich am Freitag auch Uli Hoeneß zu dem Thema.
Auch bei den Bayern stehen augenscheinlich Überlegungen an. "Es ist eine interessante Frage, die sicher auch bei uns zu diskutieren ist", sagte Klubpräsident und Basketballförderer Uli Hoeneß: "Wenn man dies nur macht, um junge Frauen zu präsentieren, die möglichst wenig anhaben, dann ist die Entscheidung der Berliner richtig."