Süddeutsche Zeitung

Real-Sieg im Clásico:David Alaba lädt das Schussbein durch

In seinem ersten "Clásico" leitet der frühere Bayern-Verteidiger mit einem fulminanten Kontertor den 2:1-Sieg seines neuen Klubs Real Madrid beim FC Barcelona ein. Das Spiel ist ein Abklatsch alter Schlachten.

Von Javier Cáceres

An einem Sonntagnachmittag, da sich die halbe Fußball-Welt wehmütig vergangener Clásicos entsann, hat sich David Alaba seiner selbst erinnert. Alaba ist seit diesem Sommer Innenverteidiger bei Real Madrid, bis dahin war er zumeist Linksverteidiger beim FC Bayern München gewesen, und ebendiese Vergangenheit schimmerte durch, als er sich nach einer guten halben Stunde anschickte, den Boden für den trotz einer hektischen Schlussphase letztlich kaum gefährdeten 2:1-Sieg seiner Mannschaft zu bereiten.

Erst in der siebten Minute der Nachspielzeit verkürzte Barcelonas Kun Agüero - fünf Minuten nachdem Madrids Lucas Vázquez das zwischenzeitliche 2:0 erzielt hatte. Aber die Szene des Spiels gehörte Alaba. Der Österreicher eroberte bei einem Zweikampf am eigenen Strafraum den Ball, spielte ihn nach links hinaus zum brasilianischen Stürmer Vinícius, der ihn wiederum auf rechts passte, wo Rodrygo genug Zeit um Raum hatte, um zu sehen, wie Alaba die linke Außenbahn entlangstürmte. Wie früher. Wie in einem Flashback.

Erstmals seit 16 Jahren fand das Duell ohne Lionel Messi und Sergio Ramos statt

Rodrygo spielte Alaba an. Und dieser lud, kaum, dass er den Strafraum betreten hatte, das linke Schussbein durch. Der Ball schlug neben dem rechten Pfosten ein, Barça-Torwart Marc-André ter Stegen streckte sich vergebens. Und das Camp Nou, das erstmals seit Beginn der Pandemie ausverkauft war, verfiel in lähmende Stille.

Es war bis dahin koffeinarmer Clásico gewesen, der die Elegie im Camp Nou bloß wachsen ließ. Sie hatte vor allem damit zu tun, dass es das erste Duell zwischen Barça und Real seit 16 Jahren war, an dem weder Lionel Messi noch Sergio Ramos teilnahmen. Messi, ehedem Ikone bei Barcelona, und Ramos, der ebendies für Real Madrid war, sind mittlerweile bei Paris Saint-Germain unter Vertrag.

Trotz der Dramatik am Ende: Es blieb ein Abklatsch alter Schlachten, in dem die Nerven die Phantasie in die Zange nahmen. Insbesondere beim FC Barcelona, wo Trainer Ronald Koeman trotz zuletzt zwei Siegen damit rechnen sollte, nicht mehr viele Clásicos als Barça-Coach zu erleben. Sein Verein liegt nun in der Tabelle fünf Punkte hinter Real zurück. Es war bezeichnend, dass Barças Rechtsverteidiger Dest aus zehn Metern das leere Tor nicht traf, als er nach 25 Minuten von Stürmer Memphis Depay freigespielt worden war. Auf der anderen Seite gab es im Grunde nur einen wirklich schönen Spielzug zu bestaunen, als Luka Modric über den eigenen Kopf sowie Barcelonas Verteidiger Piqué hinweg den Ball auf Stürmer Karim Benzema lupfte. Doch der Franzose fand in Torwart ter Stegen seinen Meister.

Barcelona will einen weiteren Mega-Kredit aufnehmen: Millionen fürs marode Camp Nou

Unabhängig davon stellte Barcelona am Wochenende wichtige Weichen für die Zukunft. Die Wahlmänner des Klubs gaben dem Präsidenten Joan Laporta die Erlaubnis, sich bis zu 1,5 Milliarden Euro zu pumpen.

Im Gegensatz zum jüngsten Mega-Kredit, 595 Millionen Euro über die US-Investmentbank Goldman Sachs, soll das neue Darlehen nicht der Umstrukturierung der Schulden dienen. Sondern der Finanzierung eines Projekts, das unter dem Schlagwort "Espai Barça" bekannt ist. Es umfasst die Modernisierung des in vielerlei Hinsicht maroden Stadions Camp Nou (900 Millionen Euro); den Bau eines neuen Sportpalasts für Basket- und Handballer (420 Millionen Euro); zudem eine Reihe von städtebaulichen Maßnahmen rund ums Stadion und auf dem Gelände des Klubs in Sant Joan Despí (120 Millionen Euro). Dort, vor den Toren der Stadt, befindet sich das Trainingsgelände des Klubs. Die Kreditaufnahme muss noch per Referendum unter den rund 140 000 Mitgliedern bestätigt werden. Ein Datum dafür steht noch nicht fest, das Plazet beim Referendum gilt als sicher.

"Die Modernisierung unserer Anlagen ist notwendig, um nicht an Wettbewerbskraft gegenüber unseren Rivalen zu verlieren", sagte Präsident Joan Laporta. Das war unter anderem auf Real Madrid gemünzt. Spaniens Rekordmeister baut aktuell das Bernabéu-Stadion komplett um. Das Projekt "Espai Barça" wurde unter Laportas Vorgänger José Maria Bartomeu vorangetrieben und hat bereits eine Irrsinnssumme verschlungen, erklärte Laporta. Ohne den Milliardenkredit "würden wir 145 Millionen Euro wegwerfen, von denen wir auch noch 90 zurückgeben müssen", rief der Präsident. Im Februar sei ein Kredit über 90 Millionen Euro fällig.

Laporta konnte bei einer weiteren wichtigen Abstimmung einen Sieg verbuchen. Dabei ging es um die Aussetzung von Artikel 67 der Vereinsstatuten, der Laporta und sein Präsidium mittelfristig zum Rücktritt verurteilt hätte. Der Artikel besagt, dass der Vorstand zurücktreten muss, wenn zwei Spielzeiten nacheinander Verluste gefahren werden. Das gilt als sicher. Die Schulden kurzfristig herunterzufahren sei "unmöglich", sagte Vizepräsidentin Elena Fort.

Akut soll zudem knapp die Hälfte von "Barça Studios" verkauft werden, der Firma, die die audiovisuellen Aktivitäten des Klubs bündelt, darunter Barça TV. Man hoffe auf Einnahmen von 40 bis 50 Millionen Euro, hieß es. "Unser Geschäft ist nicht das Filmemachen", begründete Laporta die Entscheidung, die ebenfalls abgesegnet wurde. Wobei: Für eine Wirtschafts-Thriller-Soap reicht das, was Barça in den letzten Monaten geboten hat, allemal. Spannender als der Fußball unter Koeman wäre sie allemal.

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