Fußball in den Niederlanden:Wie Ajax seine verlorenen Großtalente ersetzen will

Ajax Amsterdam - PSV Eindhoven

Ende Juli gewann Ajax den Supercup in den Niederlanden.

(Foto: dpa)
  • Mit Matthijs de Ligt und Frenkie de Jong hat Ajax Amsterdam zwei der herausragenden Spieler der vergangenen Saison abgegeben.
  • Der Champions-League-Halbfinalist setzt bei den Zugängen auf bewährte Transfer-Muster.
  • Doch auch weitere Profis könnten noch wechseln - etwa Mittelfeldspieler Donny van de Beek.

Von Christopher Gerards

Kürzlich hat Erik ten Hag daran erinnert, wie Europas Transfermarkt funktioniert. Auf der Pressekonferenz vor dem ersten Ligaspiel vor knapp einer Woche war das, es ging um die Wechselgerüchte um Mittelfeldspieler Donny van de Beek. "Wir haben uns vergangenes Jahr sehr gut präsentiert", sagte der Trainer von Ajax Amsterdam zu den Journalisten, "dann weißt du, dass andere Klubs die Spieler auch gern haben wollen. Wir sind ein kleines Fußballland, und dann weißt du, wie die Mechanismen sind."

Die Mechanismen, das der Vollständigkeit halber, sind so: Ajax spielte sich vergangene Saison als Vertreter der eher kleinen Eredivisie bis ins Halbfinale, gegen Real Madrid, gegen Juventus Turin, am Ende scheiterte das Team sehr knapp und sehr spät an Tottenham Hotspur. Als Mitwirkender fiel nicht nur van de Beek auf. Sondern auch etwa Frenkie de Jong und Matthijs de Ligt, die andere Klubs (FC Barcelona, Juventus) so gern haben wollten, dass sie geschätzte 75 Millionen Euro beziehungsweise 85,5 Millionen Euro Ablöse zahlten. Und die Mechanismen bedeuten neben stattlichen Einnahmen auch, dass Ajax diese beiden Großtalente nun auf dem Platz ersetzen muss. Diese Aufgabe, das zeigen auch die ersten Saisonspiele, dürfte zumindest kurzfristig nicht einfach werden.

Am Dienstag kam Ajax wieder mit der Champions League in Kontakt, beim 2:2 in der dritten Qualifikationsrunde gegen Paok Saloniki (ja, auch Halbfinalisten müssen sich qualifizieren, zumindest Vertreter der eher kleinen Eredivisie). "Das 2:2 ist ein gutes Ergebnis", verkündete ten Hag hinterher, er zeigte sich mit dem Beginn zufrieden und auch mit der Tatsache, dass seine Elf erneut einen Rückstand aufgeholt habe. Fürs Rückspiel am Dienstag müsse man sich aber verbessern. Schon am Samstag gegen Vitesse Arnheim hatte Ajax es nach zwei Rückständen zu einem 2:2 gebracht, hinterher nannte der Trainer den frühen Zeitpunkt der Saison als Grund dafür, dass noch nicht alles funktioniere (im Supercup um die Johan Cruyff Schaal gewann Ajax zuvor 2:0 gegen Eindhoven).

Vor allem im Zentrum hat ten Hag in beiden Spielen größere Umbauten vorgenommen. In der Innenverteidigung begannen der aus Argentinien verpflichtete Lisando Martínez, 21, und Perr Schuurs, 19, der einst aus Sittard kam. Der für 15 Millionen Euro geholte Mexikaner Edson Álvarez, 21, saß noch auf der Tribüne. Daley Blind, vergangene Saison Stammspieler in der Abwehr, rückte ins Mittelfeld - um de Jong zu ersetzen. Das Mittelfeld soll auch der aus Lüttich gekommene Razvan Marin, 23, verstärken. In der Liga kickte er von Anfang an, gegen Paok wurde er spät eingewechselt. Teuerster Sommer-Zugang ist mit einer Ablöse von 15,7 Millionen Euro Linksaußen Quincy Promes, 27 Jahre alt, vom FC Sevilla. Er wurde im Ligaspiel eingewechselt und blieb in Griechenland auf der Bank.

Martínez, Álvarez, Marin, Promes: Bei den wichtigsten Zugängen ist sich Ajax treu geblieben. Die niederländische Liga zieht weiterhin keine international begehrten Spieler wie zum Beispiel Leroy Sané an. Schon in den vergangenen Jahren kamen daher mehrere bis dahin unbekannte Fußballer aus Südamerika, die inzwischen eher nicht mehr unbekannt sind: David Neres etwa oder Davinson Sánchez (inzwischen bei Tottenham). Zudem sollten und sollen ältere Profis die Talente anleiten.

Donny van de Beek bestätigte Interesse von Real Madrid

Die Weggänge von de Jong und de Ligt zeigten sich gegen Paok aber - so sieht es der frühere Schalke-Profi Youri Mulder, heute TV-Experte in den Niederlanden. Er stellte "ein paar Unstimmigkeiten" im Spiel fest. "Vor allem Frenkie de Jong war so wichtig im Aufbau", sagt Mulder, diese Qualität habe sonst nur der derzeit verletzte Jung-Profi Carel Eiting - "ein bisschen". Beim ersten Gegentor sei zudem Hakim Ziyech auf der rechten Seite vorne geblieben. "Ich denke, unter de Ligt wäre das nicht passiert", moniert Mulder.

Durch die Transfers fehlten Führungsspieler, findet Mulder, auch die beiden jungen Innenverteidiger seien gegen Paok "noch nicht wie de Ligt" gewesen. Trotz der Weggänge sieht Mulder langfristig Grund für Optimismus, Ajax' Meisterschaftschancen schätzt er auf 70 Prozent. Konkurrent PSV habe Angreifer Luuk de Jong (FC Sevilla) verloren, einen wichtigen und torgefährlichen Spieler. Zudem hält er Zugänge wie Promes für Verstärkungen, auch die Nachwuchsarbeit im Klub funktioniere.

Welches Potenzial in der aktuellen Ajax-Mannschaft steckt, hängt aber auch davon ab, wer Anfang September noch im Kader stehen wird. Dusan Tadic, vergangene Saison Doppeltorschütze beim 3:3 gegen den FC Bayern, verlängerte kürzlich seinen Vertrag bis 2023. Ebenso David Neres, dessen Verbleib um weitere vier Jahre der Verein am Mittwochabend verkündete. Ein Mangel an Gerüchten herrscht sonst aber nicht. Da ist etwa Ziyech.

Der Flügelspieler soll auch die Münchner interessieren, wobei Ajax laut niederländischen Medienberichten nun seinen Vertrag verlängern will. Zuvorderst aber ist da Donny van de Beek, Torschütze und Vorbereiter beim 2:2 gegen Arnheim. Der 22-Jährige bestätigte vergangene Woche im niederländischen TV das Interesse von Real Madrid - an jenem Tag hatte er die Titelseiten der spanischen Sportzeitungen Marca und AS geziert. Womöglich muss Trainer Erik ten Hag seine Startelf sehr bald schon wieder umbauen.

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