Champions League:München schaut nach Amsterdam

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Amsterdams Dreizack: Hakim Ziyech, Dusan Tadic und David Neres (v.l.n.r.). (Foto: Maurice van Steen/Imago)
  • Ajax Amsterdam spielt erfolgreich wie lange nicht mehr, steht in der Liga auf Platz eins und in der Champions League im Viertelfinale.
  • Großen Anteil daran hat das Sturm-Trio Ziyech-Tadic-Neres, das es nächste Saison in der Konstellation wahrscheinlich nicht mehr gibt.
  • Erfolgreich von der Bank kommt meist ein alter Bekannter aus der Bundesliga: Klaas-Jan Huntelaar.

Von Benedikt Warmbrunn

Das Wochenende lief so, wie sich Klaas-Jan Huntelaar jedes Wochenende vorstellt: Alle sprachen über ihn. Drei Tore hatte er erzielt beim 6:2 gegen Excelsior Rotterdam, ein lässiger Lupfer, ein klassischer Abstauber, ein frecher Schuss ins kurze Eck. Es waren seine Ligatore zwölf, dreizehn, vierzehn, zudem hat er einen Rekord aufgestellt, als ältester Spieler in der Geschichte von Ajax Amsterdam, der einen Dreierpack erzielt hat, 35 Jahre und 244 Tage war er am Samstag alt. "Ältester Spieler", fragte Huntelaar: "Ich habe nur eine sehr lange Kindheit." Er war wirklich bester Laune. Doch es war eine Momentaufnahme.

Ajax spielt gerade die erfolgreichste Saison seit eineinhalb Jahrzehnten. In der Liga steht die Mannschaft auf Platz eins, punktgleich mit PSV Eindhoven, aber mit dem besseren Torverhältnis. An diesem Dienstag (21 Uhr) steht das Rückspiel im Viertelfinale der Champions League bei Juventus Turin an, es ist eine schwer vorhersehbare Partie, nach dem 1:1 in der vergangenen Woche, bei dem Ajax spielerisch begeistert hat. Absehbar ist allein, dass Huntelaar am 247. Tag des 36. Jahres seiner Kindheit kaum Gesprächsstoff liefern wird. Er wird wohl auf der Bank sitzen.

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Spielmacher statt Goalgetter im Sturmzentrum

In den großen europäischen Spielen hat Ajax-Trainer Erik ten Hag bisher auf Huntelaar verzichtet, trotz dessen Erfahrung aus 76 Länderspielen sowie sieben Jahren beim FC Schalke 04. Stattdessen prägen ten Hags Offensive drei Spieler, deren Stil unterschiedlicher kaum sein könnte. Und die dennoch harmonieren. Vielleicht gerade, weil sie sich nicht ähnlich sind.

Auf dem linken Flügel spielt David Neres, 22, der Torschütze aus dem Hinspiel. Der Brasilianer rennt und rennt und rennt, irgendwann rennt er dann den Ball ins Tor. Über den rechten Flügel kommt Hakim Ziyech, 26. Der marokkanische Nationalspieler zieht gerne in die Mitte, von dort sucht er den direkten Weg zum Tor. Der Dritte ist Dusan Tadic, 30. Der Serbe spielt eigentlich im zentralen Mittelfeld, er rückt dann oft weiter nach hinten, um mit seinen Geistesblitzen Angriffe einzuleiten. Im Hinspiel und zuvor im Achtelfinale gegen Real Madrid sowie in der Vorrunde gegen den FC Bayern hat Tadic als zentraler Stürmer gespielt, auf der Position von Huntelaar also. Natürlich interpretiert Tadic auch diese Rolle eigen, auch als Stürmer steht er nicht nur vor dem Tor, sondern weicht oft zurück, hält die Bälle, verteilt sie - und schießt sie manchmal doch selbst ins Tor.

Im Zusammenspiel mit Ziyech und Neres ergibt all das ein schwer vorhersehbares Wirrwarr. Genau das will ten Hag sehen, er sagt: "Ich hasse Fußballspieler, auf die sich der Gegner einstellen kann." Tadic zieht oft die Verteidiger auf sich und öffnet Lücken für Ziyech oder Neres, dann passen sie sich den Ball hin und her, alles in höchster Geschwindigkeit. "Alle haben ihren eigenen Stil, da lasse ich ihnen die Freiheit", sagt ten Hag: "Was ich einfordere, ist, dass sie ihre Laufbewegungen abstimmen." In der Liga erzielte das Trio 45 der 106 Ajax-Tore, Tadic davon 22. In der Champions League sind sie noch wertvoller, mit zehn von 17 Treffern.

Wirrwarr-Trio droht auseinanderzufallen

Inzwischen sind die Qualitäten dieser Offensivspieler kein Geheimnis mehr, um Neres und Ziyech bemühen sich mehrere Klubs; um Ziyech nach SZ-Informationen besonders intensiv der FC Bayern. In Amsterdam versuchen sie verzweifelt, ihr Offensivtrio zu behalten, nach dem sicheren Wechsel von Frenkie de Jong (nach Barcelona) und dem fast sicheren von Abwehrchef Matthijs de Ligt (wohl auch nach Barcelona). Sie ahnen aber, dass sie ihr Dreieck kaum zusammenhalten können. "Ich werde versuchen, die übrigen Jungs vom Bleiben zu überzeugen", sagt Tadic. Er selbst verspricht: "Ich spiele nächste Saison sicher hier - zu 100 Prozent."

Und Huntelaar? Der sagt über seinen Bankplatz, dass er sich dabei "gut fühlt - weil wir immer gut abschneiden". Sollten Tadic also seine Partner in der Wirrnis verlassen, so bleibt ihm nächstes Jahr immer noch ein motivierter Mitspieler, der dann das 37. Jahr seiner Kindheit genießt.

© SZ vom 16.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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