Ajax Amsterdam:Brillante Spieler in perfekter Formation

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Überragender Spieler eines überragenden Teams: Dusan Tadic (hier im Duell mit Luka Modric) trieb Ajax zum Erfolg in Madrid. (Foto: AP)
  • Beim 4:1 gegen Real Madrid zeigt Ajax Amsterdam eine herausragende Leistung und erreicht das Viertelfinale der Champions League.
  • Der aktuelle Kader wird am Ende der Saison auseinanderfallen.
  • Neben Frenkie de Jong und Matthijs de Ligt brillieren zurzeit auch andere Spieler - etwa David Neres und Dusan Tadic.

Von Javier Cáceres, Madrid

Die Frage erübrigte sich eigentlich. Denn man musste nur in das noch immer jungenhafte Gesicht jenes Mannes schauen, der die Zukunft des Fußballs verkörpert, um zu wissen, wie es um sein Gemüt bestellt war. "Das ist der schönste Tag in meiner Karriere", sagte Frenkie de Jong, 21, den er wohl, wie anderntags die Zeitung Volkskrant, als "halluzinierend schön" empfunden hatte. Das von de Jong kommandierte Ajax Amsterdam hatte bei Real Madrid nicht bloß mit 4:1 gewonnen. Sondern einen epochalen Auftritt hingelegt, der sich so wegweisend anfühlte wie ein anderes 4:1 aus der Ajax-Geschichte: das Finale im Landesmeisterpokal von 1969. Damals verlor Ajax gegen den AC Mailand zwar. Aber es war auch die Geburtsstunde jener legendären Mannschaft um Johan Cruyff, die ab 1970 den Königsklassenpokal gleich drei Mal in Serie gewinnen sollte.

Eine solche Herrschaft wird Ajax diesmal nicht etablieren. Anders als jene Elf, die unter Trainer Rinus Michels der Perfektion so nahekam, wird der aktuelle Kader am Ende der Saison auseinanderfallen. Unweigerlich. De Jong wechselt im Sommer zum FC Barcelona; der 19-jährige Kapitän und Abwehrchef Matthijs de Ligt wird von allen Top-Klubs des Kontinents gejagt. Von den beiden war in den vergangenen Monaten immer so wiederkehrend die Rede, dass kaum jemand auf dem Schirm hatte, wie viele brillante Spieler bei Ajax zurzeit in perfekter Formation herumschwirren. Wer hatte schon Notiz vom brasilianischen Stürmer David Neres genommen, der in der 18. Minute das 2:0 erzielte und nach dem Spiel vor Fassungslosigkeit und Glück weinte? Oder von einem gewissen Dusan Tadic, der 30 Jahre alt geworden ist, ohne dass kaum jemand seines immensen Talents gewahr geworden wäre?

"Dies ist eine Zertifizierung für den niederländischen Fußball und konkret von Ajax"

Wider die Klubphilosophie, die um die Nachwuchsförderung kreist, holte ihn Ajax für 20 Millionen Euro vom FC Southampton. Gegen Real stahl er dem blassen Toni Kroos den Ball und passte genialisch auf Neres, vor dem 2:0 verdrehte Tadic dem sambagestählten Casemiro mit einer atemberaubenden Pirouette auf dem Ball die Beckenpartie - und bediente den auch wundervollen Hakim Ziyech (18.) . Dann sorgte Tadic mit einem Traumtor für das zwischenzeitliche 3:0 (62.); die Apotheose aber war ein Werk des Lasse Schöne (72.). Er zirkelte den Ball mit einem direkten Freistoß von der linken Außenlinie in den rechten oberen Winkel - obwohl bei Real der 1,99 Meter große Thibaut Courtois im Tor steht und sich langgemacht hatte.

"Dies ist eine Zertifizierung für den niederländischen Fußball und konkret von Ajax", sagte Trainer Erik ten Hag, der von 2013 bis 2015 die U23 des FC Bayern trainiert und sich seinerzeit oft mit Cheftrainer Pep Guardiola ausgetauscht hatte.

Wie de Jong hatte ten Hag vor der Partie die Ahnung beschlichen, die Reals Kapitän Sergio Ramos betraf. Reals Kapitän hatte beim Hinspiel in Amsterdam eine gelbe Karte provoziert, weil er meinte, der Viertelfinaleinzug sei nach dem 2:1-Sieg sicher. Am Dienstagabend hatte er die bizarre Idee, seine Privatloge mit einem "SR4"- Plakat zu drapieren - als Kulisse für die Doku, die derzeit über sein Wirken gedreht wird. Die rund 4000 Ajax-Fans im Bernabéu-Stadion fühlten sich verpflichtet, dem Andalusier "Gracias" zu sagen: "Danke, Ramos! Danke, Ramos!", sangen sie, als gewiss war, dass Ajax die schönste Nacht seit Jahrzehnten erlebt hatte.

© SZ vom 07.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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