Süddeutsche Zeitung

Fußball in Afrika:Kommt Zeit, kommt Cup

Für viele Spieler ist der Afrika Cup eine besondere Verpflichtung, doch Europas Spitzenklubs haben Bedenken wegen angeblich fehlender Corona-Konzepte - dabei ist auch ein kulturelles Missverständnis das Problem.

Von Bernd Dörries, Kapstadt

Es sieht so aus, als habe sich Pierre-Emerick Aubameyang standesgemäß auf den Beginn des Africa Cup of Nations vorbereitet. In den sozialen Medien kursiert ein Video, das ihn und andere Mitglieder der Nationalmannschaft von Gabun sozusagen bei der letzten Trainingseinheit vor dem Abflug ins Austragungsland Kamerun zeigt: im Billionaire Club von Dubai. Im Internet war schnell von einer wilden Party die Rede. Man muss Aubameyang aber zu Gute halten, dass auf den im Netz zu sehenden Tellern im Restaurant kein vergoldetes Steak zu sehen ist, sondern gedünstetes Gemüse, Hühnchen und ein wenig Pasta. Auch scheinen die Abstandsregeln einigermaßen eingehalten zu werden.

Geholfen hat es dennoch nicht, Aubameyang wurde am Donnerstag bei der Ankunft auf dem Flughafen der kamerunischen Hauptstadt Jaunde positiv auf Corona getestet. Genau wie sein Teamkollege Mario Lemina, beide werden das Auftaktmatch ihres Teams am Montag gegen die Komoren wohl verpassen. So wie der ganze Turnierbeginn eher durch die Abwesenheit vieler Spieler geprägt sein wird. Senegal verschob den Abflug der Mannschaft wegen zu vieler Positiv-Fälle, Gambia sagte seine Vorbereitungspartien ab und Burkina Faso ließ drei Spieler am Persischen Golf zurück, die sich dort in Isolation befinden. Stand Mittwoch sollen 21 Akteure, die für das Turnier vorgesehen waren, positiv getestet worden sein. Das ist bei 24 Teams mit mehreren Hundert Spielern aber auch nicht ganz so dramatisch.

Trotzdem mögen sich die Manager und Trainer vieler europäischer Klubs bestätigt fühlen, die den Africa Cup vor allem als Sicherheitsrisiko für ihre Saisonplanung sehen. Das Turnier fand 2019 in Ägypten zum ersten Mal im Sommer statt, was für die europäischen Ligen kein ganz so großes Problem darstellt. Wegen Corona und der Regenmonate in Kamerun wurde der ursprüngliche Termin aber zweimal verschoben, nun liegt er mitten in der Saison. Vor allem in England ist der Ärger groß; aus der Premier League kommen die meisten Afrika-Cup-Teilnehmer, bis zu 40 sollen es sein. Allein fünf stellt der FC Liverpool, darunter den Ausnahmestürmer Mohamed Salah, der bis zu fünf Ligaspiele fehlen könnte. Auch beim FC Bayern wurde viel gemosert: Eric Maxim Choupo-Moting steht im vorläufigen Aufgebot von Gastgeber Kamerun, Bouna Sarr ist für Senegal abgestellt.

Bei der Kritik am fehlenden Corona-Konzept handelte es sich von europäischer Seite um ein grundsätzliches kulturelles Missverständnis

Die großen Klubs brachten Mitte Dezember die Europäische Klubvereinigung ECA in Stellung, die führende Vereine des Kontinents vertritt. "Soweit uns bekannt ist, hat die Caf (Konföderation des afrikanischen Fußballs) noch kein geeignetes medizinisches und operatives Protokoll für das Afcon-Turnier zur Verfügung gestellt, ohne das die Vereine keine Spieler für das Turnier abstellen können", teilte die ECA dem Weltfußballverband Fifa mit. Im Internet machten sich Gerüchte breit, dass das Turnier abgesagt werden könnte.

Ende Dezember traf sich Caf-Chef Patrice Motsepe mit Kameruns Dauerpräsidenten, dem greisen Paul Biya, 88, der noch die Kraft fand, einen Fußball entgegenzunehmen. Ein paar Stunden später verkündeten beide Seiten ein Gesundheitskonzept: Fans dürfen die Stadien zu den 52 Spielen des Nationen-Pokals in Kamerun nur betreten, wenn sie vollständig geimpft sind und ein negatives PCR-Testergebnis vorweisen können, das nicht älter als 72 Stunden ist, oder ein negatives Antigentestergebnis, das nicht älter als 24 Stunden ist.

Die Aufregung auf dem Kontinent hielt sich ansonsten in Grenzen. Das mag auch daran liegen, dass man recht genau weiß, dass viele Spieler unbedingt für ihre Heimatnationen antreten wollen, und von einem Boykott wenig halten. Außerdem kam die Caf den Europäern weiter entgegen und erlaubte eine spätere Anreise zum Turnier.

Bei der Kritik am fehlenden Corona-Konzept handelte es sich von europäischer Seite zudem um ein grundsätzliches kulturelles Missverständnis: Man erwartete, dass in Kamerun für eine im Januar beginnende Veranstaltung bereits im Dezember alle Details geklärt sind. Warum denn, fragten sie in Kamerun. Ihr habt die Uhr, wir haben die Zeit, lautet ein afrikanisches Sprichwort. Der afrikanische Fußballverband legte nun am Donnerstag noch mal nach und präzisierte die Regelungen: Die Kapazität der Stadien wird auf 60 bis 80 Prozent begrenzt, alle Zuschauer müssen eine Impfung vorlegen.

Sonderlich voll werden die Stadien dann wohl nicht werden in Kamerun, wo derzeit etwa zehn Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft sind. Spannend wird es trotzdem: Viele hochkarätige Mannschaften sind dabei. Und auch solche, von denen man es gar nicht gedacht hätte. Der Sudan pendelt zwischen Revolution und Putsch, hat es aber dennoch geschafft, eine Mannschaft zu schicken. Offenbar ohne einen einzigen Corona-Fall.

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