Zepeda (traf 1999 zweimal bei Mexikos 4:3-Confed-Cup-Finalsieg gegen Brasilien) wurde Monate später erneut aktenkundig: als Augenzeuge, wie sein früherer Profikollege David Mendoza mit drei Schüssen getötet wurde. Das Opfer steuerte im Herbst 2008 nach einem Stadionbesuch in Jalisco einen mit vier weiteren Personen besetzten Geländewagen. Die Kugeln galten nur ihm, alle anderen blieben unverletzt; neben Miguel Zepeda auch Omar Caro Urias, Raúl Flores Castro und Víctor Manuel Carranza Zepeda. Der Mord an Mendoza, der seine Karriere mit Márquez und Zepeda im Heimatklub Atlas Guadalajara begann, blieb ungeklärt. Was sich nun ändern könnte: Auch zwei der damaligen Autoinsassen, Caro Urias und Carranza, stehen auf der US-Liste zum Flores-Kartell.
Nur ein nationales Problem? Das ist eine der offenen Fragen. Mexikos Syndikate operieren weltweit, das Einfallstor für Kokain-Exporte nach Europa ist Spanien. 2005 konfiszierte die Polizei mit Hilfe der US-Drogenfahndung DEA mehr als zwei Tonnen Kokain des Sinaloa-Kartells. Die "Operación Tacos" brachte auch einen Anwalt in Barcelona hinter Gitter; in seinem Büro hatten die Fahnder Hinweise auf einen geheimen Bargeldtransfer von 5,5 Millionen Euro gefunden. Am Flughafen Barcelona wurden mehrere Mexikaner mit diesem Geld gefasst, auf dem Weg zu einem Privatjet. Auch bei anderen Festnahmen in Barcelona fanden sich Millionen.
Der wegen Geldwäsche für mexikanische Kartelle verurteilte Anwalt hat engste Geschäftsdrähte zu einem früheren Sozius - der wiederum fungierte von 2010 bis 2014 als Direktor des FC Barcelona. Das war die Ära des Skandalpräsidenten Sandro Rosell, der seit Mai im Gefängnis sitzt. Ihm werden kriminelle Finanzdelikte in globalem Rahmen vorgeworfen, zudem soll er an WM-Vergaben des Weltverbands Fifa gedreht haben. Rosell, sein früherer Barca-Direktor und der Sinaloa-Geldwäscher waren über Geschäfte vernetzt, die Spaniens Justiz bis heute beschäftigen.
Auch Sichtungsreisen von Beratern nach Lateinamerika dienten schon als Tarnung
Klein ist die Schar der Herrscher in der vermeintlich riesigen Fußballwelt; wie das so ist in Geschäftsfamilien. Und in den Drogenfällen Spaniens ist der Fußball zuweilen sogar mittendrin. Nicht nur, weil Kokain die Modedroge in manchen Spielerkreisen ist - wie Dopingfälle belegen, die vorwiegend in den reichsten Ligen der Welt auftreten: Englands Premier League und Spaniens Primera Division.
2009 sprengte die "Operación Ciclon" ein Syndikat, das eine Tonne Kokain im Wert von 32 Millionen Euro auf den Kontinent schleusen wollte. Neun Jahre Haft erhielten zwei frühere Erstligaprofis; ein Ex-Profi von Vallecano wurde freigesprochen. Im Gegensatz zu den Spielerberatern Pablo Acosta und Zoran Matijevic. Letzterer galt als Bandenchef; zugleich war er als Vermittler für eine der weltgrößten Spieleragenturen tätig. Matijevic nutzte den Fußballjob für zahlreiche Sichtungsreisen nach Lateinamerika. Das war die perfekte Tarnung, erklärten die Ermittler: Der dauerpendelnde Fußballagent sei bei den ständigen Zollkontrollen gar nicht aufgefallen.
Die Kickerbranche, im Kern ja selbst ein oft dubioses, transnationales Geldnetzwerk (siehe die Fälle Messi, Ronaldo, Neymar etc.), wird umdenken müssen. Wie im Fall der Fifa greifen zunehmend US-Behörden ein. Das Amt für ausländische Vermögenskontrolle (OFAC) hat Márquez' Geschäfte stillgelegt, mit ihm darf kein gesetzestreuer US-Bürger mehr wirtschaften, keine Bank oder andere Unternehmen.
Das klingt harmloser, als es ist. Die Auswirkungen dieser Totalsperre - die im Kern gegen Terrorfinanzierung gerichtet ist - sind enorm: für jeden, der mit Márquez zu tun hat. Schon bald kann es den FC Atlas treffen, der das Gehalt des Profis zahlt und vom US-Konzern Coca-Cola gesponsert wird; ebenso wie Mexikos Nationalverband FMF. Überweist der seinem Kapitän nur noch einen Peso, können alle Werbe- und TV-Partner in Not geraten, die ihre Beträge in Dollar überweisen, in den USA sitzen - oder dort besonders starke Geschäftsaktivitäten entfalten. Zum Beispiel Adidas, der Topsponsor und Ausrüster des mexikanischen Verbandes.