Ärger bei der Fifa:Bewegung gegen Blatter

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Der Widerstand wächst an: Der türknallende Rückzug des ehemaligen Bundesgerichtshof-Präsidenten Günter Hirsch aus der Fifa-Ethikkommission ist ein weiteres Indiz dafür. Sogar im IOC regt sich Kritik.

Thomas Kistner

Es wird eng für Sepp Blatter. Günter Hirsch, vormals Bundesgerichtshof-Präsident, führt mit seinem türknallenden Abgang die Fifa-Ethikkommission ad absurdum. Hirsch erklärt nicht nur deren Grundkonstruktion für verfehlt, er zertrümmerte gleich auch die Glaubwürdigkeit dieses Blatterschen Gremiums, indem er festhielt, dass jüngste Korruptionsvorwürfe gegen die Fifa und der laxe Umgang damit "bei mir den Eindruck erweckt und gefestigt haben, dass die Verantwortlichen der Fifa kein wirkliches Interesse daran haben, eine aktive Rolle bei der Aufklärung, Verfolgung und Vorbeugung von Verstößen gegen das Ethik-Reglement der Fifa zu spielen".

Zunehmend unter Druck: Fifa-Präsident Sepp Blatter (Foto: AP)

Dies von einem Bundesrichter. Zurück bleiben 13 Vertreter aus Guam, Kolumbien oder Papua-Neuguinea in einem Gremium, für das sich fortan kaum eine Person gewinnen lassen dürfte, die Reputation zu verlieren hat. Hirsch hatte sein Rücktrittsschreiben, womöglich auch unter dem Druck von Anfragen zu dem Mandat, vorm Jahreswechsel an den Schweizer Kommissionschef Claudio Sulser geschickt. Die Fifa erklärte, Hirsch habe nur an der Gründungssitzung der Ethikkommission im Herbst 2006 teilgenommen, danach nie mehr.

Hirsch hatte Fragen zu seiner Funktion seit Wochen unbeantwortet gelassen. Darunter die, ob die Fifa ihren Umgang mit internen Korruptionsproblemen über die Reputation von Persönlichkeiten absichere, die gar nicht selbst tätig werden können. Derlei Anfragen erhielt Hirsch schon 2007, als ein US-Gericht den Sponsorvertrag der Fifa über 200 Millionen Dollar mit dem Kreditkartenkonzern Visa gekippt hatte, weil die Fifa das Erstverhandlungsrecht ihres Partners Mastercard missachtet sowie beide Seiten belogen habe. Damals erörterten die Fußballhändler gar, "wie wir es ausschauen lassen können, als hätten wir einen Funken Geschäftsethik".

Fragen wirft der Zeitpunkt des Rückzugs auf. Hirschs Kritik bezieht sich auch auf die Mitte November erfolgte Suspendierung hoher Fifa-Funktionäre im Korruptionskontext mit der WM-Doppelvergabe für 2018/2022. Diese würde der Schwere der Verstöße nicht gerecht, klagt Hirsch. Ob er dies schon damals gerügt hat, warum er nicht per Rücktritt sofort ein Signal setzte, bleibt unklar.

Die Kritik an Blatter aber wächst. Der Fifa-Boss hatte seine Ethiker unlängst selbst angezählt, indem er die Gründung eines neuen Gremiums zur Korruptionsbekämpfung verkündete - wie so oft im Alleingang, was nun auch Vorständlern sauer aufstößt. Blatter muss um seine Wiederwahl im Juni bangen. Hirschs Rücktritt passt in eine Reihe Vorgänge, die sich zu einer Bewegung entwickeln. Jüngst riefen Hollands Ex-Fußballchef Kesler und Uli Hoeneß zum Widerstand gegen Blatter und Fifa-Führung auf.

Auch im IOC regt sich Kritik. Das Thema Fifa dürfte bei der Exekutivsitzung am Dienstag eine Rolle spielen. Blatters Unmut hat die Reaktion des IOC erweckt, das Funktionäre, die laut BBC auf der Bezahlliste einer Sportagentur standen, von ihrer Ethikkommission prüfen lassen will. Drei der fünf angeblichen Geldempfänger sitzen im IOC. Gäbe es Verfahren, müsste auch die Fifa Topleute durchleuchten. All das stützt Hirschs Verdacht, die Fifa habe kein echtes Aufklärungsinteresse.

© SZ vom 11.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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