Süddeutsche Zeitung

Karim Adeyemi:Der Beste seit Erling Haaland

Lesezeit: 3 min

Stürmer Karim Adeyemi wird Salzburg sehr wahrscheinlich im Sommer verlassen, womöglich Richtung München. Der Verlust des besten Angreifers wird in Salzburg jedoch ohne großen Ärger aufgenommen - sie haben sich an ihre Rolle gewöhnt.

Von Felix Haselsteiner, München

Zumindest im Herbst ging es bei RB Salzburg in den vergangenen Jahren immer um die Ereignisse auf dem Platz. Als Erling Haaland etwa seine ersten Tore in der Champions League erzielte - natürlich war es sofort ein Hattrick, im September 2019 gegen Genk - beobachteten ihn zwar etwa 50 Scouts, ganz Europa entdeckte da den hochtalentierten Norweger. Doch Haaland hatte zu dieser Zeit weder bei einem anderen Verein unterschrieben, noch war er irgendwo vorstellig geworden. Dominik Szoboszlais Wechsel nach Leipzig im vergangenen Winter geschah letztlich auch erst im Dezember, kurz vor der Transferfenster-Öffnung. Und so könnte man die Geschichten weitererzählen über die unzähligen begabten jungen Salzburger, die schließlich doch aus der österreichischen Liga auszogen, um woanders noch größer rauszukommen.

Aktuell ist in Salzburg und auch in der deutschen Bundesliga jedem klar, dass auch Karim Adeyemi, 19, diesen Weg mehr oder weniger zeitnah einschlagen wird. Aber anders als bei seinen Vorgängern Haaland und Szoboszlai sieht es derzeit so aus, als würde der Stürmer den Salzburgern noch bis zum Sommer erhalten bleiben. Doch das beherrschende Thema über die Landesgrenzen hinaus ist der Transfer jetzt schon - weil Adeyemi offenbar nicht nur von Scouts beobachtet wurde, sondern bereits in Verhandlungen eingestiegen ist. Sein Berater und sein Vater wurden vor kurzem an der Säbener Straße in München gesichtet, berichteten mehrere Medien.

Es hat den Anschein, als würden sich die Bayern den gebürtigen Münchner Adeyemi, der als Jugendspieler mal an jener Säbener Straße ausgemustert wurde, nun frühzeitig sichern wollen. In den Vorjahren waren alle Salzburger Talente, einer nach dem anderen, noch an München vorbei gewechselt, nach Dortmund, Leipzig oder gleich in die englische Premier League.

Adeyemis Lebenslauf mit FC-Bayern-Bezug spricht für einen Wechsel nach München - ebenso wie seine sportliche Befähigung. Seit Haaland hat es in Salzburg keinen Spieler gegeben, der auf ähnlichem Niveau die junge RB-Mannschaft geprägt hat. Statistiken untermauern dies: Acht Tore in zehn Ligaspielen hat Adeyemi aktuell schon erzielt, auch in der Champions League in drei Spielen dreimal getroffen. Und bei allen Ausbildungserfolgen der Vergangenheit: Einen deutschen A-Nationalspieler hatten sie in Salzburg bislang noch nicht entwickelt. "Karim ist noch jung, aber er ist bereit, sich ständig zu verbessern. Er ist wissbegierig. Das sind gute Voraussetzungen, damit seine Reise noch weitergeht", sagte der ebenfalls sehr junge Salzburger Trainer Matthias Jaissle, 33, zuletzt der dpa über seinen Top-Angreifer.

Auch bei Salzburgs Kapitän Andreas Ulmer hört man schnell raus, dass ihm bewusst ist, Adeyemi als Mitspieler wohl bald zu verlieren. Für Ulmer, 35, ist das nichts Neues: "Ich bin es mittlerweile gewohnt", sagt der dienstälteste Salzburger, der Jahr für Jahr die Spitzentalente begleitet und sich dann von ihnen verabschiedet: "Es ist schön, dass man mit den Jungs zusammenspielen kann in Salzburg. So war das auch mit Sadio Mané oder mit Erling Haaland."

Salzburgs Umbruch in diesem Jahr war allerdings besonders radikal. Der Kader, den der Novize Jaissle im Sommer übernahm, hat ein Durchschnittsalter von 23 Jahren. Neben Adeyemi sind es Burschen wie der US-Amerikaner Brenden Aaronson, 20, der Kroate Luka Sucic, 19, oder der Slowene Benjamin Sesko, 18, die den gewohnt offensiven Fußball der Salzburger nun abbilden. Bislang mit beachtlichem Erfolg: In der Liga gab es zehn Siege und erst ein Unentschieden, auch in der Champions League steht Salzburg gut da. Sieben Punkte aus den ersten drei Spielen schieben nach dem 3:1 gegen Wolfsburg den Druck dem deutschen Gegner zu.

Auch Ulmer war überrascht, wie schnell die Kombination aus neuem Trainer und teils neuem, jungem Personal funktionierte: "Es gibt unterschiedliche Neustarts, dieses Jahr war es ein größerer Umbruch, aber so ist ein frischer Wind in der Mannschaft. Es war nicht zu erwarten, dass es so gut läuft", sagt Ulmer. Für Kontinuität sorgt, dass Jaissle, wie alle Trainer bislang, inhaltlich ganz der Salzburger Schule folgt: "Die Idee unseres Fußballs ist gleich geblieben, jeder Trainer interpretiert es nur ein bisschen anders", sagt Ulmer. Jaissle setze auf eine etwas andere Intensität als sein nach Leipzig gewechselter Vorgänger Jesse Marsch. Das bringt bisher nachweislich weniger Gegentore und mehr defensive Stabilität.

Mit ihrer Rolle als die ewigen Talentförderer haben sich die Bullen inzwischen offenbar noch mehr angefreundet als bisher schon. Dass Adeyemi, der beste Spieler des Kaders, seine Entourage schon mal zu Verhandlungen vorschickt, hätte woanders zu noch viel mehr Aufregung geführt als in Salzburg.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5444000
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.