Abstiegskampf:Bundesliga fehlt der natürliche Absteiger

Abstiegskampf: Der FC Ingolstadt ärgert mit dem 1:0 über Borussia Mönchengladbach mal wieder eine etablierte Mannschaft.

Der FC Ingolstadt ärgert mit dem 1:0 über Borussia Mönchengladbach mal wieder eine etablierte Mannschaft.

(Foto: AFP)

Der Abstiegskampf ist intensiv wie lange nicht, jede Woche gibt es neue Tendenzen. Und die Relegation wird auch schwierig wie selten.

Kommentar von Christof Kneer

Als der Spruch seine beste Zeit hatte, gab es den FC Ingolstadt noch gar nicht. Der Spruch muss irgendwann in den Sechzigerjahren erfunden worden sein, er ist etwa so alt wie die Bundesliga, und weil der Spruch so schön griffig und prägnant ist, hat man ihn auch dann noch zitiert, als er seine Gültigkeit eigentlich schon verloren hatte.

Der Spruch heißt: Zum Klassenerhalt braucht man 40 Punkte! Als der FC Ingolstadt im Juli 2004 aus den Abteilungen des MTV und ESV Ingolstadt hervorging, war der Spruch eigentlich längst widerlegt, im Sommer 2004 reichten dem 1.FC Kaiserslautern 36 Punkte für den rettenden 15. Tabellenplatz. Die Absteiger Eintracht Frankfurt, 1860 München und der 1.FC Köln brachten es damals auf 32, 32 und 23 Punkte.

Ingolstädter erwischt es wahrscheinlich nicht mehr

Was sich aus diesem kleinen historischen Exkurs lernen lässt? Zum einen, dass es tatsächlich einmal einen zweiten Klub aus München gab, der in der ersten Liga spielte; und zum anderen, dass das Fusionsprodukt von damals - der FC Ingolstadt 04 - zwölf Jahre nach seiner Vereinsgründung den Klassenerhalt in der ersten Bundesliga bereits am 29. Spieltag geschafft hat. Zwar fehlt dem FCI noch ein Punkt zu den ehemals heiligen 40, aber die Wahrscheinlichkeit, dass es die Ingolstädter noch erwischt, ist in etwa so groß wie die Wahrscheinlichkeit, dass der zweite Klub aus München nochmal ein seriöser Verein wird.

Zwei Mannschaften darf man nach 29 Spieltagen schon mal zu den Akten nehmen: Ingolstadt bleibt drin, Hannover muss raus. Diese zwei Mini-Nachrichten sind in Wahrheit aber nur ein Etikettenschwindel: Der Abstiegskampf ist nach 29 Spieltagen weniger entschieden denn je. Die Siege von Hoffenheim und Augsburg haben das Feld wieder so zusammengestaucht, dass selbst die mit einigermaßen komfortablen 33 Punkten ausgestatteten Stuttgarter wieder sorgenvoll rückwärts blicken. Direkt hinter sich sehen sie den SV Darmstadt 98, der genauso wie der FC Ingolstadt schuld ist an diesem Gedränge und Geschubse im Keller.

Eine Geschichte voller Abzweigungen und Spitzkehren

Der Liga fehlt in diesem Jahr der natürliche Absteiger, es fehlt eine Mannschaft wie vor einigen Jahren Greuther Fürth oder Eintracht Braunschweig. Der SC Paderborn hat sich in der vergangenen Saison immerhin sehr lange geweigert, als natürlicher Absteiger durchzugehen, aber am Ende konnte man den Paderbornern förmlich dabei zusehen, wie ihnen allmählich der Atem ausgeht. Ingolstadt und Darmstadt geht aktuell gar nichts aus, vor allem nicht die Lust, die Etablierten zu ärgern.

Der Abstiegskampf ist in diesem Jahr mehr denn je voller Abzweigungen und Spitzkehren, der Trend von heute ist morgen schon der Trend von gestern. Augsburg leidet unter der Unruhe um Trainer Weinzierl? Sieg in Bremen! Darmstadt ist tapfer, gewinnt aber nicht mehr? Sieg in Hamburg! Der HSV und der VfB sind gerettet? Niederlagen gegen Darmstadt und Bayern!

In der Relegation drohen starke Mannschaften

Man wird am Ende vielleicht nicht präzise 40 Punkte brauchen, um in der nächsten Saison wieder gegen Ingolstadt spielen zu dürfen, aber es werden vermutlich nicht mehr wie in den vergangenen drei Jahren 35, 32 oder 33 Punkte reichen, um drinzubleiben.

Und auf den Trend, dass der Tabellensechzehnte sich am Ende ja eh gegen den Dritten der zweiten Liga durchsetzt, sollte sich sicherheitshalber auch keiner verlassen. Der Tabellensechzehnte der ersten Liga wird in diesem Jahr dem SC Freiburg, dem 1.FC Nürnberg oder sogar RB Leipzig begegnen.

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