Abschied von Robert Enke:Ein Stadion voller Tränen und Trauer

"You'll never walk alone": 40.000 Menschen haben in Hannover Abschied von Robert Enke genommen. Es war die größte Trauerfeier, die es je für einen deutschen Sportler gab.

Zum Abschluss einer bewegenden Trauerfeier trug die Mannschaft von Hannover 96 den Sarg Robert Enkes aus dem Stadion. Es war vollkommen still, als die Spieler sich um den in der Mitte des Spielfelds aufgebahrten Sarg stellten.

Robert Enke, Trauerfeier, Reuters

Die Nationalspieler Peer Mertesacker (l.) und Michael Ballack vor dem im Stadion von Hannover aufgebahrten Sarg Robert Enkes.

(Foto: Foto: Reuters)

Zu dem Titel "The Rose" von Lean Rimes und unter dem Applaus der Menschen auf den Stadionrängen trugen die Spieler den Leichnam hinaus. Viele Trauergäste weinten, die Fans von Hannover 96 hoben ihre Vereinsschals in die Höhe. Anschließend wurde die Fußballhymne "You'll never walk alone" gesungen. Dabei wurden auf der Stadionleinwand Szenen aus der Karriere Enkes gezeigt.

Ein Stadion voller Tränen und Trauer - im Mittelkreis war der Sarg von Robert Enke aufgebahrt worden. In einer anrührenden und aufwühlenden Abschiedszeremonie gedachten etwa 35.000 Menschen des toten Fußball-Torwarts.

Bei der größten Trauerfeier, die es je für einen deutschen Sportler gegeben hat, herrschte am Sonntag in Hannovers Arena eine bisher ungekannte Stadion-Atmosphäre: Mit friedlicher Andacht und viel Stille, mit Trauermusik und einfühlsamen Reden.

Aber auch mit langanhaltendem Beifall - etwa als DFB-Präsident Theo Zwanziger sagte: "Fußball ist nicht alles!"

Dort, wo sonst gejubelt und gefeiert oder auch gepfiffen und geflucht wird, dort herrschte zunächst Ruhe. "Seit Dienstagabend verharrt Hannover in tiefer Trauer", sagte Oberbürgermeister Stephan Weil: "Es ist sehr still in Hannover, aber gleichzeitig ist die Stadt zusammengerückt."

Fußball-ähnliche Atmosphäre kam auf, als eine Viertelstunde vor Beginn der Zeremonie die Nationalspieler und mehrere Funktionäre wie DFB-Chef Zwanziger und Franz Beckenbauer das Stadion betraten. Das Publikum klatschte - und schwieg, während Enkes Freunde Michael Ballack und Per Mertesacker den Kranz der Nationalmannschaft niederlegten und anschließend alle Spieler am hellbraunen Sarg des achtmaligen Nationaltorhüters innehielten.

Der Sarg und mehrere Kränze standen im Mittelkreis. Genau da, wo Enke noch vor einer Woche beim Bundesligaspiel gegen den Hamburger SV als Kapitän von Hannover 96 bei der Platzwahl gestanden hatte.

Der Beifall wirkte ein wenig wie eine kleine Befreiung für die Fans, die ihre Gefühle und ihr Beileid nicht anders ausdrücken konnten. Etwas unsicher und verhalten zu Beginn, später immer lauter und länger. Deutlich wurde das an verschiedenen Stellen der Trauerreden. Ganz besonders, nachdem Zwanziger der Witwe für ihre öffentliche Erklärung bei einer Pressekonferenz am Mittwoch gedankt hatte, bei der sie von den Depression ihres Mannes und dem langen Leidensweg berichtet hatte, der letztlich zum Selbstmord führte.

Oder als Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff an die Witwe gerichtet sagte: "Sie haben in den letzten Jahren viel mehr durchgemacht, als öffentlich bekannt war. Neben dem Tode Ihrer kleinen Tochter Lara vor drei Jahren haben Sie Ihrem Mann in seiner Krankheit zur Seite gestanden. Das, was Sie in dieser Zeit durchlitten haben, können wir nur erahnen." Zu Teresa Enkes tapferen Auftritt am Mittwoch sagte er: "Dafür möchte ich Ihnen meine Hochachtung aussprechen."

Bemerkenswert war auch der Applaus, als Wulff an die Lokführer erinnerte, vor deren Zug sich Enke gestellt hatte.

Viele Fans konnten und wollten ihre feuchten Augen nicht verbergen. Die Tränen flossen vor allem, als die 17 Jahre alte Schülerin Alina Schmidt die Vereinshymne "96 - alte Liebe" sang. Nicht fetzig-rockig wie vor dem ersten Heimspiel der Saison gegen Mainz, als Enke im Tor stand, sondern gefühlvoll, fast zärtlich und nur von zwei Gitarren begleitet.

Außenstehenden, nicht am Fußball interessierten Menschen, mag diese Form und Dimension einer Trauerfeier übertrieben vorkommen. Doch "es war der Wunsch von Teresa Enke, dass sich die vielen Fans in einem adäquaten Rahmen von Robert verabschieden können. Das wäre auf einem kleinen Friedhof nicht möglich gewesen", erklärte 96-Pressechef Andreas Kuhnt. Nachdem bereits am Mittwoch 35.000 Menschen schweigend zum Stadion gegangen waren und ihre Anteilnahme ausgedrückt hatten, sei eine kleinere Lösung undenkbar gewesen.

Der Friedhof in Empede bei Neustadt am Rübenberge wäre auf jeden Fall zu klein gewesen und hätte einen Abschied von Familie und Fans in einem würdigen Rahmen nicht zugelassen.

Am Nachmittag wurde Robert Enke dann nach einer privaten Trauerfeier in der Kapelle des Klosters Mariensee im engsten Familienkreis neben seiner Tochter Lara beigesetzt. Das Mädchen war 2006 im Alter von zwei Jahren gestorben.

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