Ehemaliger 1860-Stürmer:Lauth geht leise

TSV 1860 München - VfL Bochum

Ein Tor, an das sich die Fans noch länger erinnern werden: Benny Lauth (links) trifft in der Nachspielzeit seines letzten Heimspiels für 1860 zum 2:0.

(Foto: dpa)
  • Benny Lauth war Nationalspieler und viele Jahre lang Stürmer beim TSV 1860 München. Nun beendet er seine Karriere.
  • Ein Abschiedsspiel ist nicht geplant.

Von Johannes Kirchmeier

Abschiede können auch in der Großstadt München manchmal ganz heimlich passieren. Anfang Mai rückten die Handwerker am Münchner Baldeplatz an: Das Zoozie'z, in den achtziger Jahren eröffnet und lange Jahre eine Münchner Szene-Kneipe, machte von einem Tag auf den anderen zu. Die besten Jahre hatte es hinter sich, es war schon etwas in Vergessenheit geraten. Bereits einen Monat darauf eröffnete der Nachfolger, das Pizza-Pasta-Restaurant Fugazi.

Und nun sitzt da also in ebenjenem Lokal eine andere Münchner Institution: Der Fußballer Benjamin Lauth, 34, jahrelang die einzige Hoffnung und das Gesicht des Zweitligisten TSV 1860 München. Er drückt sich ins Polster einer Sitzbank des Restaurants. Lauth spricht leise, aber er hat etwas Wichtiges mitzuteilen: Er beendet quasi seine Karriere als Fußballer. "Wir haben jetzt Mitte September. Da gibt es nicht mehr viel zu warten für mich", sagt er: "Ich muss mich nicht groß hinstellen und sagen, dass ich nicht mehr Fußball spiele. Das merkt man dann schon."

Familie ist wichtiger

Wie das Zoozie'z war auch Lauth in letzter Zeit etwas in Vergessenheit geraten. Seit Juli suchte er nach einem neuen Klub, die Anfragen für den vereinslosen Stürmer kamen, doch passten sie nicht zu "hundert Prozent", sagt er: "Gegen Ende der Karriere wollte ich nicht mehr irgendwohin, wo ich weit von der Familie weg bin." Mit 34 Jahren muss ein Verein eben auch mit Frau Juliane, Sohn Liam und Hund Casper vereinbar sein.

In der vergangenen Saison spielte Lauth in Ungarn beim Traditionsverein Ferencváros Budapest unter dem deutschen Trainer Thomas Doll. Die Familie besuchte ihn schon damals oft in der Kurzzeit-Heimat. Der Angreifer verabschiedete sich dann im Mai mit dem Pokalsieg - ein runder Abschluss einer nicht ganz so runden Karriere? Lauth sagt: "Klar denke ich mir manchmal, da wäre viel mehr drin gewesen. Trotzdem war das, was ich abgeliefert habe, schon sehr gut."

Als 21-Jähriger debütierte er unter Rudi Völler in der Nationalmannschaft, er galt als eines der größten deutschen Stürmertalente. 2002 erzielte er das Tor des Jahres, ein Klaus-Fischer-Gedächtnisfallrückzieher. Mit 21. Die Medaille lagert in Fischbachau in Lauths Elternhaus: "Ich habe keinen Trophäenschrank dafür, aber es kommt immer wieder eine Phase, in der ich sie raushole." Dann denkt er an seine beste Zeit als Fußballer zurück.

Mit dem Abstieg der Sechziger geht es bergab

Denn nachdem der TSV 1860 München, für den Lauth seit der D-Jugend spielte, 2004 abstieg, musste er weiterziehen. Es war wie es halt immer so ist: Die Sechziger brauchten dringend Geld, es ging mal wieder um die Existenz des Klubs. Lauth wechselte nach Hamburg. Der Lokalrivale FC Bayern hatte nach längeren Überlegungen Abstand von einer Verpflichtung genommen, und für Lauth ging es fernab der Heimat bergab. Richtig durchsetzen konnte er sich nirgends: nicht beim HSV, nicht in Stuttgart, wo er unter Armin Veh deutscher Meister 2007 wurde, und nicht in Hannover. Also kehrte Lauth zurück zu Sechzig, wo er vor der Ungarn-Saison noch einmal sechs Jahre spielte. Seine Länderspielkarriere war schnell wieder vorbei, zu mehr als fünf Testspielen reichte es nicht.

In München haben sie den gebürtigen Fischbachauer, der die ganze Karriere lang immer nur der "Benny" blieb, natürlich trotzdem längst eingemeindet, er ist ein Münchner Kindl geworden. Viele Sechzig-Fans wünschen sich die Löwen-Legende gar zurück ins Team. Anfang der Woche befeuerte Sechzigs Sportchef Necat Aygün ("Ich kenne den Benny gut") aufgrund der Verletzungen der Sechzig-Stürmer Rubin Okotie, Stephan Hain und Valdet Rama die Diskussionen um eine Rückkehr. Lauth selbst sagt jedoch: "Es gab von beiden Seiten nicht wirklich Gespräche im Sommer. Ich weiß eh nicht, ob es gut gewesen wäre, zurückzukommen. Da kann man sich einiges kaputt machen."

Lauth hat viele Optionen für seine Karriere

Besonders mit seinem Berater Robert Schneider hat Lauth in jüngerer Zeit oft gesprochen - erst natürlich über die Angebote als Spieler, die dann doch nicht passten, dann über "die Karriere nach der Karriere", wie er selbst sagt. Lauth fühlt sich mit 34 gut vorbereitet, andere scheitern immer wieder daran, sich früh genug auf die Zeit nach der Karriere als Sportler einzustellen.

Lauth plant, die nächsten ein, zwei Jahre erst einmal vieles auszuprobieren. Eines steht fest: So wie das Restaurant am Baldeplatz der Gastronomie treu blieb, will auch Lauth dem Fußball erhalten bleiben. "Dort habe ich zig Jahre verbracht und viel Erfahrung gesammelt, die ich weitergeben kann. Außerdem habe ich Kontakte und aktuell kennen mich die Spieler noch, in zwanzig Jahren immerhin deren Eltern." Seit einem Jahr studiert er an einer Fernuni Sportmanagement, nächstes Jahr ist er damit fertig. Gerade hat er sich damit befasst, ein Event zu planen und darüber eine Hausaufgabe im Fach Sportmarketing erstellt. Außerdem will er nebenher den Trainerschein machen: "Ich versuche, mich in alle Richtungen fortzubilden, will nicht blind in eine Aufgabe hineinlaufen."

Auch ein Abschiedsspiel sei nicht geplant. Den perfekten Abschluss habe er ja schon gehabt. Der Stürmer brüllte dem Löwen-Anhang im Mai 2014 bereits ein ganz lautes Servus zu - so wie es sich für einen Stürmer gehört: mit einem Tor in letzter Minute vor der eigenen Fankurve. "So habe ich mir das damals insgeheim natürlich auch erträumt", sagt er und lächelt. Ins Fugazi wird er auch in Zukunft und in einer möglichen neuen Funktion noch kommen. Das Frühstück finde er dort ganz gut. Und außerdem kann er mit seinem Hund Casper vom Baldeplatz aus an der Isar spazieren gehen.

Ganz still will sich Benjamin Lauth schließlich auch als ehemaliger Sportler nicht halten.

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