Abschiede können auch in der Großstadt München manchmal ganz heimlich passieren. Anfang Mai rückten die Handwerker am Münchner Baldeplatz an: Das Zoozie'z, in den achtziger Jahren eröffnet und lange Jahre eine Münchner Szene-Kneipe, machte von einem Tag auf den anderen zu. Die besten Jahre hatte es hinter sich, es war schon etwas in Vergessenheit geraten. Bereits einen Monat darauf eröffnete der Nachfolger, das Pizza-Pasta-Restaurant Fugazi.
Und nun sitzt da also in ebenjenem Lokal eine andere Münchner Institution: Der Fußballer Benjamin Lauth, 34, jahrelang die einzige Hoffnung und das Gesicht des Zweitligisten TSV 1860 München. Er drückt sich ins Polster einer Sitzbank des Restaurants. Lauth spricht leise, aber er hat etwas Wichtiges mitzuteilen: Er beendet quasi seine Karriere als Fußballer. "Wir haben jetzt Mitte September. Da gibt es nicht mehr viel zu warten für mich", sagt er: "Ich muss mich nicht groß hinstellen und sagen, dass ich nicht mehr Fußball spiele. Das merkt man dann schon."
Familie ist wichtiger
Wie das Zoozie'z war auch Lauth in letzter Zeit etwas in Vergessenheit geraten. Seit Juli suchte er nach einem neuen Klub, die Anfragen für den vereinslosen Stürmer kamen, doch passten sie nicht zu "hundert Prozent", sagt er: "Gegen Ende der Karriere wollte ich nicht mehr irgendwohin, wo ich weit von der Familie weg bin." Mit 34 Jahren muss ein Verein eben auch mit Frau Juliane, Sohn Liam und Hund Casper vereinbar sein.
In der vergangenen Saison spielte Lauth in Ungarn beim Traditionsverein Ferencváros Budapest unter dem deutschen Trainer Thomas Doll. Die Familie besuchte ihn schon damals oft in der Kurzzeit-Heimat. Der Angreifer verabschiedete sich dann im Mai mit dem Pokalsieg - ein runder Abschluss einer nicht ganz so runden Karriere? Lauth sagt: "Klar denke ich mir manchmal, da wäre viel mehr drin gewesen. Trotzdem war das, was ich abgeliefert habe, schon sehr gut."
Als 21-Jähriger debütierte er unter Rudi Völler in der Nationalmannschaft, er galt als eines der größten deutschen Stürmertalente. 2002 erzielte er das Tor des Jahres, ein Klaus-Fischer-Gedächtnisfallrückzieher. Mit 21. Die Medaille lagert in Fischbachau in Lauths Elternhaus: "Ich habe keinen Trophäenschrank dafür, aber es kommt immer wieder eine Phase, in der ich sie raushole." Dann denkt er an seine beste Zeit als Fußballer zurück.