4:4 in der Champions League:Flash in Leverkusen

Bayer Leverkusen - AS Rom

Jubel über das 4:4: Admir Mehmedi nach dem Ausgleich.

(Foto: Federico Gambarini/dpa)

Von Andreas Morbach, Leverkusen

Die "Rrrrrudi-Rrrrrudi"-Rufe im Untergeschoss der BayArena waren nicht zu überhören. Rudi Völlers Stürmer-Vergangenheit vor einem Vierteljahrhundert beim AS Rom, den er später auch mal für 26 Tage trainierte, ist jenseits der Alpen unvergessen. Der lauten Bitte um ein paar Statements vor italienischen Kameras kam Leverkusens Sportdirektor nach einem spektakulären Fußballabend gerne nach. Dort bewies er eindrucksvoll, dass er die Muttersprache von Gattin Sabrina perfekt beherrscht. Nur das Völlersche Augenzwinkern, mit dem er die Berichterstatter aus Italien begrüßte, wirkte etwas angespannt.

Vermutlich hatte der 55-Jährige noch mit den Folgen des 90-minütigen Donnerwetters zwischen Leverkusen und Rom zu kämpfen. Ein episches Hin und Her zwischen den Strafräumen, nach dem alle Beteiligten erst mal ihren Gefühlhaushalt in Ordnung bringen mussten. "Das war alles andere als ein normales Fußballspiel. Aber dafür kommen wir ja ins Stadion", begeisterte sich Bayer-Trainer Roger Schmidt. Während Roms deutscher Innenverteidiger Antonio Rüdiger fröhlich an frühe Zeiten erinnerte. "Es ist nicht das erste Mal", sagte er, "dass ich gegen Leverkusen ein verrücktes Spiel erlebe."

Bayer führte früh 2:0, ließ sich dann aber durch plötzliche Passivität in den römischen Angriffshurrikan ziehen, lag 2:4 hinten - und bekam, als keiner mehr damit rechnete, doch noch ein 4:4 hin. Dabei hätte es sogar noch toller kommen können. Doch der Mexikaner Javier Hernandez, Schütze der ersten beiden Treffer, verfehlte den möglichen Sieg in der Nachspielzeit um Haaresbreite.

"Das spricht für das Herz in der Mannschaft"

"Wenn wir das fünfte Tor noch machen, wird hier das Stadion abgerissen", mutmaßte Rudi Völler. Und Roger Schmidt erwähnte: "Ich bin erst mal ein bisschen geflasht." Da war es bereits kurz vor Mitternacht, und in seinem schwarzen Sakko mit grauem Rollkragenpulli wirkte Leverkusens Übungsleiter schon wieder ausgesprochen aufgeräumt. Mit guten Grund.

"Glatte Siege sind auch mal schön. Aber ein junges Team, das in der Lage ist, gegen einen großen Gegner so etwas zu schaffen - das spricht für das Herz in der Mannschaft. Deshalb freue ich mich besonders über solche Spiele", ging Schmidt seine Analyse extrem offensiv an. Ganz dem Leverkusener Zeitgeist entsprechend. Zumal der Klub nicht nur erstklassige Unterhaltung bot, sondern zudem gute Chancen auf das Erreichen des Achtelfinals in der Champions League hat.

Im mutmaßlichen Wettstreit mit dem AS Rom um Platz zwei liegt der Werksklub weiter zwei Punkte vorne, tritt am 4. November in der "Ewigen Stadt" an. "Das wird natürlich nicht leicht in zwei Wochen", ahnte Völler angesichts der Offensivqualitäten des Gegners, betonte aber auch: "Das 5:4 wäre ein Traum gewesen, nach diesem Spielverlauf sind wir aber trotzdem ein kleines bisschen der moralische Sieger."

Kampls Schuss dreht das Schicksal

Zumal Bayers Kicker am Dienstag, ganz nebenbei, ein lästiges Alltagsproblem aus der Welt schossen. Ihre dürftige Tor-Quote in der Liga (acht Treffer in neun Partien) drückte den Leverkusenern aufs Gemüt. Von dieser Last haben sie sich nun befreit. "Makaber" findet es Völler dabei, dass diese Befreiung mit zuvor unbekannten Defiziten in der Defensive bezahlt wurde. Drei Gegentreffer nach Standards inklusive.

"Das dürfen wir uns in der Champions League natürlich nicht erlauben", monierte prompt Kevin Kampl. Der Zugang aus Dortmund leitete den finalen Kraftakt mit seinem prächtigen Treffer zum 3:4 sechs Minuten vor Schluss ein. "Nach dem 2:3 haben wir uns die Lungen aus den Leibern gerannt. Und wenn wir unsere Leistung zu hundert Prozent bringen, können wir gegen jede Mannschaft mithalten", erklärte Kampl.

Ganz im Sinne von Roger Schmidt, der an Bayers letzte, auch schon gute Königsklassen-Saison erinnerte. "Wir können", betonte er, "eine Intensität ausüben, die die Gegner nicht gewohnt sind. Das haben wir in allen internationalen Spielen bewiesen."

In allen internationalen Spielen unter seiner Leitung, sollte das heißen.

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