Süddeutsche Zeitung

4:2 für Mönchengladbach:Positive Werte im Testballon

Gegen Schalke setzt die Borussia ihren Aufwärtstrend fort. "Alles ist machbar", sagen sie jetzt wieder.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Wenn's läuft, dann läuft's, sagt man. Für den Fußballer Fabian Johnson hat sich ein solcher sogenannter Flow binnen 48 Stunden aus dem Kreißsaal ins Fußballstadion ausgedehnt. Donnerstagnacht ist der US-Amerikaner in Diensten von Borussia Mönchengladbach Vater eines Sohnes geworden. Am Samstagabend hat er die Borussia mit zwei Treffern zum 4:2 (1:1)-Sieg gegen Schalke 04 geführt. "Dass da natürlich eine dicke Einladung fällig ist, haben wir ihm schon im Jubel zum ersten Tor zugerufen", berichtete Gladbachs Außenstürmer Patrick Herrmann, der diese Einladung aber auch massiv provozierte, indem er Johnson mit einer präzisen Vorlage das Tor zum 1:0 geradezu aufgedrängt hatte. Johnson kam nach dem Abpfiff aus dem Grinsen gar nicht mehr heraus, mochte den Sieg in seiner Euphorie aber trotzdem nicht zum Signal für die nächsten beiden Spiele gegen Schalke erklären, in denen es ja dann um den Einzug ins Viertelfinale der Europa League geht. "Donnerstag ist wieder ein anderes Spiel", sagte Johnson.

Man hatte mit so einem deutlichen Ergebnis diesmal beinahe rechnen müssen, schließlich war der Tabellenführer der Rückrundentabelle auf die zweitschlechteste Mannschaft der Auswärtsrangliste getroffen. Schalke hat auswärts nur eines von elf Spielen gewonnen, Gladbach seit Januar fünf von sechs. "Alles ist machbar", sagt deshalb der Vizepräsident Rainer Bonhof inzwischen über die Möglichkeiten seiner Gladbacher in Bundesliga, Europa League und DFB-Pokal. Seit Dieter Hecking da ist, blühen am Niederrhein neue Hoffnungen. "Das war ein schneller Turnaround", lobt Manager Max Eberl. Und bei diesem Turnaround könnte Schalke auch weiterhin ein unfreiwilliger Helfer sein.

Schalke steht so schlecht da wie seit 18 Jahren nicht mehr

Drei Mal binnen 13 Tagen gegen denselben Gegner zu spielen, das fühlt sich an wie Playoffs. Beim Drei-Spiele-Duell zwischen Gladbach und Schalke geht es allerdings um Zweierlei: Am Samstag kämpften die beiden um jene drei Punkte für den Fluchtweg aus ihrer Bundesliga-Mittelmäßigkeit. Die Gladbacher sind unter Hecking nunmehr vom 14. auf den achten Tabellenplatz geklettert, während die Schalker mit ihren 27 Punkten zu diesem Zeitpunkt der Saison so schlecht dastehen wie zuletzt vor 18 Jahren. Für die kommenden beiden Spiele auf der internationalen Bühne war die Ligapartie ein Testballon, und er hat Werte zu Boden gesendet, die Gladbach ermuntern und Schalke deprimieren. "In der zweiten Halbzeit haben wir Dinge gemacht, die wir anders besprochen hatten", klagte Schalkes Trainer Markus Weinzierl und sieht seine Mannschaft jetzt "in einer Situation, in der wir zusammenstehen müssen". Er klang sehr ernst.

In der 28. Minute waren die Gladbacher in Führung gegangen, weil Johnson nach der Hereingabe von Herrmann allein vor dem Tor auftauchte. Das Tor zählte, obwohl es wohl irregulär war: Der Ball hatte bei einem 15 Sekunden zuvor ausgeführten Gladbacher Freistoß in der eigenen Hälfte nicht geruht. Zehn Minuten später glich Nabil Bentaleb für die Schalker aus - per Elfmeter, weil Thilo Kehrer nach einem Zweikampf mit Christoph Kramer im Strafraum zu Boden gegangen war.

In der zweiten Halbzeit spielte dann zunächst nur noch Gladbach. Der zuletzt so treffsichere Stindl scheiterte zwar zweimal, schien mit seiner Fahrlässigkeit jedoch bloß Wünsche seines Trainers zu erfüllen. "Wenn immer nur Stindl die Tore schießt, werden wir ausrechenbar", sagte Hecking, "wir wollen aber nicht ausrechenbar sein." Diese Vorgabe hatte sich Johnson wohl besonders zu Herzen genommen. Er war neu in die Startelf gekommen und avancierte zum Mann des Tages. Immerhin gab Stindl per Doppelpass die Vorlage zu Johnsons 2:1 in der 64. Minute.

Hecking vermutet bessere Schalker in der Europa League

Die Gladbacher zogen sie sich nicht zurück, spielten weiter nach vorne und entschieden das Spiel nur drei Minuten später. Mahmoud Dahoud spielte auf der linken Seite einen trefflichen Steilpass in den Lauf des aufgerückten Linksverteidigers Wendt, der zum 3:1 vollstreckte. Eine Trotzreaktion der Schalker war auch nach dem dritten Gegentor nicht zu sehen, sie liefen den Gladbachern bloß noch hinterher und konnten so auch nicht verhindern, dass Raffael in der 76. Minute auf Vorlage von Tobias Strobl das 4:1 erzielte. Immerhin gelang Leon Goretzka in der 82. Minute per Kopf noch das 2:4.

Am Schalker Missmut änderte das aber nichts. "Zwischen der 65. und 75. Minute haben wir fahrlässig gespielt und das Spiel verloren", schimpfte Weinzierl, versprach möglicherweise enttäuschten Fans aber, dass man am kommenden Donnerstag alles viel besser zu machen versuche. Den Gladbacher Trainer hat er überzeugt. "So gut wie wir heute gespielt haben, kann Schalke auch spielen", sagte Hecking. Der Nachweis steht aus. Nächsten Donnerstag geht alles von vorne los.

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SZ vom 05.03.2017
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